Nato drängt auf verbale Abrüstung

  25 November 2015    Gelesen: 464
Nato drängt auf verbale Abrüstung
Moskau und Ankara rasseln heftig mit den Säbeln: Beide Seiten geben einander die Schuld für den Abschuss eines russischen Flugzeugs über Syrien. Die Nato versichert der Türkei ihre Solidarität, fordert aber von beiden Seiten Zurückhaltung.
Der Syrien-Krieg artet zu einer offenen Auseinandersetzung zwischen der Türkei und Russland aus. Nach dem Abschuss eines russischen Militärjets durch türkische Streitkräfte droht Russlands Präsident Wladimir Putin offen mit Konsequenzen. Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan zeigt sich entschlossen. Nun versucht die Nato die Gemüter zu beruhigen, denn mit dem Bündnismitglied Türkei droht die westliche Militärallianz selbst Teil dieses Konflikts zu werden.

Das Militärbündnis sei solidarisch mit seinem Mitglied Türkei und unterstütze dessen territoriale Unverletzlichkeit, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Nach Einschätzung der Militärallianz sei die russische Maschine - wie von der Türkei angegeben - in türkischen Luftraum eingedrungen. "Die Informationen, die wir von anderen Alliierten haben, stimmen mit dem überein, was wir von der Türkei bekommen haben", sagte Stoltenberg nach einer von der Türkei beantragten Sondersitzung des Nato-Rates in Brüssel.

Erkenntnisse der Nato deuten demnach darauf hin, dass der von der Türkei abgeschossene Kampfbomber vom Typ SU-24 zuvor tatsächlich den türkischen Luftraum verletzt hat – allerdings laut US-Erkenntnissen nur für wenige Sekunden. Die russische Seite bestreitet jedwede Luftraumverletzung. Stoltenberg betonte, er habe bereits in der Vergangenheit mehrfach seine Besorgnis über die russische Militäraktionen in der Nähe von Nato-Grenzen zum Ausdruck gebracht. Der Abschuss zeige, wie wichtig Absprachen seien, um solche Vorfälle in der Zukunft zu vermeiden.

Nichtsdestotrotz pfiff Stoltenberg beide Seiten zurück und mahnte Diplomatie anstelle von Eskalation an. "Ich hoffe auf weitere Kontakte zwischen Ankara und Moskau, und ich rufe zu Ruhe und Deeskalation auf", sagte der Nato-Generalsekretär. "Diplomatie und Deeskalation sind wichtig, um diese Situation in den Griff zu bekommen."

Obama: Parteien müssen miteinander sprechen.

US-Präsident Barack Obama rief beide Seiten zur Zurückhaltung auf. Russland und die Türkei müssten eine Eskalation vermeiden, sagte er in Washington in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem französischen Kollegen François Hollande.

"Die Türkei hat wie jedes Land das Recht, ihr Territorium und ihren Luftraum zu verteidigen", sagte Obama. "Für uns ist es sehr wichtig klarzumachen, dass Russen und Türken jetzt miteinander sprechen und herausfinden, was genau geschehen ist, und dass sie jede Art der Eskalation vermeiden." Auch Hollande appellierte an Russland und die Türkei, eine Verschärfung der Lage zu vermeiden.

Erdogan spricht von zwei Kampfflugzeugen.

Am Abend unterstrich Erdogan das Recht seines Landes zur Verteidigung seiner Grenzen. Jeder müsse dieses Recht respektieren, betonte er. Der Staatschef sagte, zwei russische Flugzeuge hätten türkischen Luftraum verletzt. Davon sei eines abgeschossen worden. Erdogan erhielt daraufhin Beifall der Zuhörer, die sich zu einem Empfang zum Tag des Lehrers in Ankara versammelt hatten.

Erdogan kritisierte die Luftangriffe Moskaus im Nordwesten Syriens, ohne Russland dabei ausdrücklich zu nennen. Unter dem Vorwand, die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien zu bombardieren, würden Turkmenen in der Region angegriffen, sagte er. Die Regierung in Ankara unterstützt die turkmenischen Rebellen in Syrien, die gegen das Regime von Machthaber Baschar al-Assad kämpfen. Die Türkei fühlt sich der turkmenischen Minderheit auch ethnisch verbunden.

Putin hatte in ersten Reaktion auf den Abschuss der türkei Unterstützung für den IS-Terrorismus vorgeworfen. Dieser Lesart schloss sich offenbar auch Vize-Kanzler Sigmar Gabriel an. Der Zwischenfall zeige, "dass wir einen Spieler dabei haben, der nach Aussage von verschiedenen Teilen der Region unkalkulierbar ist: Das ist die Türkei und damit nicht die Russen", sagte der SPD-Vorsitzende und Bundeswirtschaftsminister.

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