Der Bürgermeisters von Caracas, Jorge Rodríguez, nannte Berichte über gewaltsame Todesfälle hingegen komplett erfunden. "Es gab nicht einen Toten im Zusammenhang mit dem heutigen Wahlereignis." Die Chefin der nationalen Wahlbehörde, Tibisay Lucena, teilte mit: "Die Wahl der Mitglieder der Verfassungsgebenden Versammlung ist im ganzen Land in ruhiger und friedlicher Weise abgelaufen."
Die Opposition boykottiert
Der sozialistische Staatspräsident Nicolás Maduro steht seit Wochen unter massivem Druck. Das Land mit den größten Ölreserven der Welt steht am Rande des Ruins, Menschen hungern, es fehlt an Lebensmitteln und Medikamenten. Um seine Stellung zu festigen - bei den Unruhen starben seit April bereits mehr als hundert Menschen - hatte er am 1. Mai verkündet, dass eine Verfassunggebende Versammlung - die Asamblea Nacional Constituyente (ANC) - eine neue Verfassung ausarbeiten solle. An diesem Sonntag wurden dafür aus 6000 Kandidaten die 545 Mitglieder bestimmt. Das Ergebnis soll am Montag feststehen.
Die Opposition hatte die Wahl boykottiert, da die Zusammensetzung der Versammlung von Maduro so geplant worden war, dass das Lager seiner Sozialisten eine Mehrheit haben wird. Befürchtet wird, dass die Versammlung einfach das bisherige Parlament ersetzen soll - dort hat die Opposition eine Mehrheit. Dann wäre Venezuela de facto eine Diktatur ohne Gewaltenteilung.
Oppositionsführer Capriles sagte nun: "Dies ist ein schwarzer Tag, verursacht von den kranken Ambitionen einer einzigen Person." Die Wähler seien massenhaft zu Hause geblieben. "Wir erkennen diesen betrügerischen Prozess nicht an, für uns ist er nichtig, er existiert nicht." Capriles rief für Montag und Mittwoch zu einem Protestmarsch und Kundgebungen in der Hauptstadt gegen das "Massaker" und den "Betrug" auf.
Die Nationale Wahlkommission verlängerte am Sonntag den Urnengang um eine Stunde. Zur Begründung hieß es, vor den Wahllokalen sei der Andrang so groß. Am Montagmorgen gab Wahlbehörden-Chefin Lucena dann bekannt: 8,1 Millionen Menschen - und damit 41,53 Prozent - hätten sich an der Abstimmung beteiligt. Die Opposition sprach von Wahlbetrug.
Kritik aus den USA und Südamerika
Bei der Abstimmung handele es sich um "Schein-Wahlen" und um einen "Schritt in Richtung Diktatur", schrieb Nikki Haley, US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, am Sonntagabend via Twitter.
Durch die Wahl solle das legitim gewählte Parlament ersetzt und das Recht des venezolanischen Volkes auf Selbstbestimmung untergraben werden, heißt es in einer Erklärung des US-Außenministeriums, die in der Nacht zu Montag verbreitet wurde. "Wir verurteilen den Einsatz von Gewalt durch das Maduro-Regime gegen Bürger, die ihr Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit ausüben." Das Außenamt erklärte sich solidarisch mit den Venezolanern und kündigte entschlossene Aktionen "gegen die Architekten eines Autoritarismus an, darunter auch diejenigen, die sich an der Verfassunggebenden Versammlung beteiligen".
Zudem haben mehrere südamerikanischen Staaten angekündigt, das Ergebnis nicht anzuerkennen. Die argentinische Regierung von Präsident Mauricio Macri nannte die Wahl beispielsweise "illegal". "Die Wahl respektiert nicht den Willen von über sieben Millionen venezolanischen Bürgern, die sich dagegen ausgesprochen hatten", teilte das Außenministerium am Sonntag in Buenos Aires mit.
Peru, Chile, Brasilien und Kolumbien werden die Wahl ebenfalls nicht anerkennen. Auch die EU hatte im Vorfeld die Durchführung der Wahl verurteilt.
Maduro spricht von einem "historischen Tag"
Rund 19,4 Millionen Menschen waren zur Wahl der 545 Mitglieder einer Verfassungsgebenden Versammlung aufgerufen. Die Lage war angespannt, Panzerwagen patrouillierten in den Straßen, 232.000 Soldaten sollten die Wahl im Land mit den weltweit größten Ölreserven sichern. Bereits in den kommenden Tagen soll die Versammlung ihre Arbeit aufnehmen.
Als einer der ersten hatte Maduro seine Stimme abgegeben: "Das ist ein historischer Tag", sagte er. Es gehe um eine "ruhige Zukunft".
Quelle : spiegel.de
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