Flüchtlingsquote der EU ist rechtens

  06 September 2017    Gelesen: 1354
Flüchtlingsquote der EU ist rechtens
Die umstrittene Entscheidung zur Umverteilung von Flüchtlingen in der EU war rechtlich in Ordnung, urteilt der Europäische Gerichtshof. Geklagt hatten Ungarn und die Slowakei. Sie weigern sich, 1294 beziehungsweise 902 Flüchtlinge aufzunehmen.
Der Europäische Gerichtshof hat die Klage von Ungarn und der Slowakei gegen die Umverteilung von Flüchtlingen in der Europäischen Union zurückgewiesen. Die von der EU beschlossene verbindliche Aufnahmequote sei rechtens, teilte der EuGH mit. "Der Mechanismus unterstützt Griechenland und Italien dabei, mit den Auswirkungen der Flüchtlingskrise umzugehen", erklärte der EuGH.

Das Urteil war mit Spannung erwartet worden, weil die Frage der Flüchtlingsverteilung seit gut zwei Jahren immer wieder für Streit in der EU sorgt. Das Urteil verpflichtet Ungarn und die Slowakei, Flüchtlinge aufzunehmen.

Die EU-Innenminister hatten im September 2015 beschlossen, zur Entlastung Italiens und Griechenlands bis zu 120.000 Flüchtlinge in anderen EU-Ländern unterzubringen. Die Entscheidung war gegen den Widerstand der beiden Länder sowie Rumäniens und Tschechiens gefallen. In Polen regierten damals noch die Liberalkonservativen, die jetzt regierenden Nationalkonservativen haben die Klage unterstützt.

Rechtlich war es möglich, diesen Beschluss als Mehrheitsentscheidung zu fällen. Ungewöhnlich war es dennoch. Solch heikle Entscheidungen werden von den EU-Staaten normalerweise einstimmig getroffen.

Für Ungarns rechts-konservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban ist das Urteil eine schwere Schlappe. Wegen seiner Haltung in der Flüchtlingsfrage war er bereits mehrmals mit anderen EU-Staaten sowie der EU-Kommission aneinander geraten.

"Solidarität ist eine Zweibahnstraße"

Vor wenigen Tagen präsentierte Orban der Brüsseler Behörde eine Rechnung in Höhe von 400 Millionen Euro für den ungarischen Grenzzaun. Die EU solle damit die Hälfte der Kosten für den Bau und den bisherigen Betrieb der Sperranlagen an Ungarns Südgrenze übernehmen. Die EU-Kommission lehnte dies ab. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker schrieb Orban in einem Brief (offenbar mit ironischem Unterton), er begrüße, dass Ungarn "Solidarität als wichtiges Prinzip der Europäischen Union" anerkenne. Juncker fügte hinzu: "Solidarität ist eine Zweibahnstraße. Es gibt Zeiten, in denen Mitgliedstaaten erwarten können, Solidarität zu erfahren. Und es gibt Zeiten, in denen sie im Gegenzug bereit sein sollten, einen Beitrag zu leisten", zitierte die "Süddeutsche Zeitung" aus dem Schreiben.

Bei dem Rechtsstreit vor dem EuGH ging es um vergleichsweise wenige Flüchtlinge. Ungarn müsste eigentlich aktuell 1294 Schutzbedürftige aufnehmen, die Slowakei 902. Dabei geht es in erster Linie um Flüchtlinge aus Syrien, dem Irak oder Eritrea, die gute Chancen auf Asyl haben.

Die Umverteilung sollte eigentlich bis zum 26. September dieses Jahres abgeschlossen sein, sie zieht sich jedoch in die Länge. Bislang wurden außerdem erst gut 27.000 Menschen aus Griechenland und Italien in andere EU-Länder gebracht. Ungarn hat bislang niemanden aufgenommen, Polen ebenfalls nicht. Tschechien kommt auf 12 Menschen, die Slowakei auf 16. Deutschland kann im Rahmen des Umverteilungsbeschlusses bislang rund 8000 Aufgenommene vorweisen. Die EU-Kommission verweist allerdings auch darauf, dass es nicht einfach sei, genügend geeignete Kandidaten für die Umverteilung zu finden.

Verschwörungstheorien in Budapest

Die ungarische Regierung wetterte zuletzt zudem, die EU-Kommission und der Europäische Rat hätten sich dem "Soros-Plan" angeschlossen. Orban behauptet, der US-Milliardär George Soros wolle Flüchtlingsmassen nach Europa lenken. Dies geschehe durch "Unterwanderung" der europäischen Gremien und mit Hilfe von Zivilorganisationen, die Soros finanziere. Ziel dieses "Plans" sei es letztlich, die "christliche und nationale Identität" der Völker Europas zu zerstören. Soros ist gebürtiger Ungar mit jüdischen Wurzeln, Kritiker warfen der ungarischen Regierung vor, ihre Kampagne gegen Soros sei antisemitisch. Der slowakische Regierungschef Robert Fico, ein Sozialdemokrat, tritt zurückhaltender auf als Orban, ist in der Sache aber bislang ähnlich unnachgiebig.

Durch das Urteil ist klar, dass der Beschluss des Ministerrats vom 22. September 2015 geltendes EU-Recht ist. Sollten sich Ungarn, die Slowakei oder andere Länder weiterhin dagegen sperren und die Aufnahme von Flüchtlingen verweigern, hätte die EU-Kommission die Möglichkeit, sogenannte Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten. Sie können nach einem längeren Verfahren wiederum in einer Klage vor dem EuGH und in hohen Geldstrafen münden. Gegen Ungarn, Polen und Tschechien hatte die Brüsseler Behörde bereits im Juni erste derartige Schritte eingeleitet.

Quelle: n-tv.de

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