So werben die Parteien auf Facebook

  22 September 2017    Gelesen: 1349
So werben die Parteien auf Facebook
Wer auf Facebook eine Anzeige schaltet, kann ziemlich genau bestimmen, welche Art von Nutzer sie zu sehen bekommt: Soll es um Menschen gehen, die an einem bestimmten Ort wohnen oder die vermutlich Tierhalter sind? Oder soll eine Anzeige nur einer bestimmten Altersgruppe gezeigt werden?
Diese Werbe-Kniffe machen sich nicht nur Unternehmen für ihre Produktwerbung zunutze, sondern auch politische Parteien. Zuletzt hatte sich im amerikanischen Wahlkampf gezeigt, wie groß die Rolle von gezielten Werbeanzeigen auf Facebook sein kann.

Die deutschen Parteien reizen im Bundestagswahlkampf das theoretisch mögliche gezielte Ansprechen von sehr spitzen Wählergruppen auf Facebook aber offenbar nur sehr moderat aus. Das zeigt ein Datenprojekt der US-Journalistenorganisation ProPublica, das SPIEGEL ONLINE als Medienpartner begleitet.

Bitte um Datenspende

Die Organisation hat es sich vor der Bundestagwahl am 24. September zur Aufgabe gemacht, herauszufinden, wie die deutschen Parteien auf Facebook werben. Dazu haben die investigativen Journalisten ein Plugin, also eine Browser-Erweiterung, programmiert. Mit ihr können Facebook-Nutzer seit Anfang September automatisch die Werbeanzeigen einsammeln, die in ihrer Timeline angezeigt werden - und auch die Anzeigen, die ihnen nicht angezeigt werden.

Theoretisch wäre es dank des gezielten Ausspielens von Werbung für Parteien möglich, auf Facebook mit unterschiedlichen oder gar widersprüchlichen Versprechungen an die jeweils passenden Wählergruppen heranzutreten. Das geht aber zumindest aus den Daten, die die Journalistenorganisation mit der Hilfe der Nutzer gesammelt hat, nicht hervor.

Laut ProPublica hat man insgesamt mehr als 15.000 Werbeanzeigen gesammelt - und 600 politische Anzeigen. Täglich kämen noch neue Einträge zur Datensammlung hinzu.

Durchsuchbare Überblicksseite mit gesammelten Polit-Anzeigen

Auf einer neuen Seite stellt ProPublica die Ergebnisse seines Political Ad Collectors (PAC) vor, für jeden Nutzer durchsuchbar. Die Beispiele, die auf der Seite gezeigt werden, belegen beispielsweise, dass viele Parteien lediglich darauf achten, dass ihre politischen Anzeigen an Nutzer in einer bestimmten Stadt oder Region ausgespielt werden - oder dass sie nur Nutzern gezeigt werden, die bereits älter sind als 18 Jahre, also potenziell wählen dürfen.

Die Übersicht zeigt etwa mehrere Posts von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz, die für über 18-jährige Facebook-Nutzer bestimmt sind und die sich gegen Rassismus und die AfD aussprechen. Grünen-Politiker Cem Özdemir wiederum spielte beispielsweise eine Anzeige über den hohen Stellenwert von Kindern in der Gesellschaft an Frauen in Deutschland aus, die mindestens 18 Jahre alt sind.

Ging es um Werbung für eine bestimmte Veranstaltung, wählten die Parteien Nutzer gezielter nach dem jeweiligen Veranstaltungsort aus, etwa im Fall eines Spendenkonzerts, das Grünen-Politiker Dieter Janecek bewarb. "Personen zwischen 19 und 40, die in der Nähe von München, Bayern wohnen" bekamen die Anzeige zu sehen.

Der AfD-Kreisverband Esslingen, der ebenfalls in der Datensammlung auftaucht, wählte als Zielgruppe nach ähnlichem Muster für einen Post "Personen zwischen 18 und 64, die in Stuttgart, Baden-Württemberg wohnen oder kürzlich in der Nähe waren" aus. Die AfD investiert laut eigenen Angaben intensiv in den Wahlkampf auf Facebook.

Wer jetzt noch bei der Datenauswertung mitmachen möchte, kann sich hier die Erweiterung für Chrome herunterladen. Die Erweiterung ist so gestaltet, dass sie keine Daten sammelt, die dazu dienen könnten, Sie persönlich zu identifizieren. Mehr Hintergründe zu der Erweiterung finden Sie hier.

Quelle:spiegel

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