G36-Nachfolger für die Bundeswehr – US-Hersteller ausgeladen

  06 Oktober 2017    Gelesen: 462
G36-Nachfolger für die Bundeswehr – US-Hersteller ausgeladen
Die Ausschreibung für die Nachfolge des G36-Sturmgewehrs ist in vollem Gange. Doch der eigentliche Gewinner steht wohl bereits fest. Experten vermuten, dass die Bundewehr sich wie gewohnt für ein Sturmgewehr von Heckler & Koch entscheiden wird.
Das Sturmgewehr G36, das von Heckler & Koch entwickelt und produziert wurde, hält den heutigen Anforderungen und der Kritik nicht mehr Stand. Es müsse ersetzt werden, entschied die Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen im Frühjahr 2015. Vor allem in heißen Regionen „im wahrsten Sinne des Wortes“ könne die Treffsicherheit nicht mehr gewährleistet werden, bestätigte im Sputnik-Interview „Deutschlands bekanntester Rüstungsgegner“ und Sprecher der Kampagne "Aktion Aufschrei — Stoppt den Waffenhandel!“, Jürgen Grässlin.

Nun soll es um den größten Auftrag der deutschen Streitkräfte in der jüngeren Geschichte gehen, die mit 120.000 Sturmgewehren knapp 250 Millionen Euro kosten sollen, bemerkt der Waffenexperte: „Für Heckler & Koch ist diese Ausschreibung eine Existenzfrage. Denn der Jahresumsatz des Unternehmens liegt auch bei rund 250 Millionen Euro je nach Jahr.“

So steuere alles „sehr, sehr, sehr zielstrebig“ darauf hin, dass die „H&K-Lobbyfraktion“ in der Bundeswehr sich am Schluss für Heckler & Koch entscheiden werde, ist Grässin, Vorsitzender des Rüstungs Informations Büros (RIB e.V.), überzeugt: „Und da sind wir dann wahrscheinlich beim HK-416, wahrscheinlich in der neuen Version A5-Typ. Diese Waffe ist optimal zur Liquidierung von Weichzielen, in der Werbesprache von Heckler & Koch, mit einer Schussfolge von 850 Schuss pro Minute geeignet.“

Doch zunächst läuft die Angebotsphase und natürlich hätten auch amerikanische Hersteller oder deutsche Hersteller, die amerikanische Bestandteile in den Gewehren verbauen, wie die Firma SIG-Sauer GmbH Co. KG in Eckernförde, realistische Chancen, das neue Standard Sturmgewehr für die Bundeswehr zu verkaufen.

Wenn nicht in den Bedingungen der Ausschreibung „kein ITAR-Produkt“ stehen würde.

ITAR ist ein US-amerikanisches Regelungswerk, welches den Handel mit Waffen, Rüstungs- und Verteidigungsgütern kontrollieren soll. Es steht für International Traffic in Arms Regulations (ITAR; deutsch: Regelungen des internationalen Waffenhandels).

Durch die ITAR-Kriterien nehmen sich die USA u.a. das Recht heraus, mitzubestimmen, in welche Länder ihre Technik exportiert werden darf. So müsste auch die Bunderepublik den Einsatz und den Export eines solchen Sturmgewehres sich zuerst von den USA genehmigen lassen.

„Ich glaube schon, dass man sich da nicht gerne reinreden lässt weder von Amerikanern noch von anderer Seite durch Kriterien und Verträge. Nach dem Motto: Wir die Amerikaner können Einfluss nehmen auf die Produktion und auf die Exporte, in welches Land sie gehen und in welches nicht. Da kommen natürlich amerikanische Interessen zur Geltung", erklärt der Waffenexperte.

Wenn es also gelungen sei, in der ersten Phase die s.g. ITAR-Kriterien auszuschalten, damit alle amerikanischen Produkte vom Markt zu bringen „und da haben sicherlich eine Menge Leute mitgewirkt“, sei das natürlich an sich für die deutschen und für die europäischen Hersteller im Ausscheidungsverfahren ein massiver Sieg, betont Grässlin.
Doch in erster Linie sei es ein Sieg für Heckler & Koch. „Ausscheiden werden jetzt in der zweiten Phase noch nicht, Hersteller wie Beretta in Italien oder FN HERSTAL in Belgien, aber man wird alle Hebel in Bewegung setzen, dass es sich um eine deutsche Waffe für die Bundeswehr handelt“, erklärt Grässin. Der deutsche Markt sei hier sehr begrenzt.

Der deutsche Hersteller SIG-Sauer will laut der Zeitung „Die Welt“ eine Variante seines neuen Sturmgewehrs MCX vorschlagen. Doch dieser wird wahrscheinlich an den ITAR-Kriterien scheitern. Ein SIG-Sauer-Sprecher wollte zwar keine Einzelheiten aus der laufenden Ausschreibung nennen. „Wir werden aber jedes Detail auch rechtlich prüfen“, sagte er der Zeitung „Die Welt“.

Auch die praktische Anwendung und Traditionen würden bei dem Ausschlussverfahren ein große Rolle spielen, meint Grässlin: „Der gereifte Bundeswehrsoldat ist mit einem G3 in der Windel auf die Welt gekommen. Dann haben sie pubertär in der Welt herumgeschossen bei allen möglichen Einsätzen und hatten dabei die G36. Jetzt sind sie erwachsene Männer und wollen nicht nochmal die Technik wechseln.“

Einen Aufschrei seitens der US-amerikanischen Regierung erwartet der Experte nicht. Es sei eine gängige Praxis in Deutschland, ITAR-Kriterien bei solchen Aufträgen zu vermeiden. Doch das könnte sich in der Zukunft ändern. Der amerikanische Präsident Donald Trump sei dabei alle Türe für einen erleichterten Export von Rüstungsgütern zu öffnen und die ITAR-Kriterien zu lockern, betont Grässlin.

Quelle : sputnik.de

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