Der Wettlauf um die Ölfelder von Kirkuk hat begonnen

  24 Oktober 2017    Gelesen: 1265
Der Wettlauf um die Ölfelder von Kirkuk hat begonnen
Um den Zugang zu den Öl- und Gasfeldern bei Kirkuk drängen sich Russen, Amerikaner und Briten.
Die reichen Ölvorkommen in der irakische Region Kirkuk sind das Ziel aller in den Krieg verwickelten Kräfte in der Region. Die Ölvorkommen in Kirkuk werden auf acht Milliarden Barrel geschätzt. In der Provinz befinden sich zudem ein Flughafen und ein Militärstützpunkt. Geschätzt wird, dass mindestens 8 Milliarden Barrel unterirdisches Öl in Kirkuk zu fördern wären.

Es zeigt sich, dass Russen, Briten und Amerikaner mit einem Wettlauf begonnen haben, der in einer Art Aufteilung resultieren könnte, von der mehrere Unternehmen aus unterschiedlichen Einfluss-Sphären profitieren könnten. Die Stellvertreter – Kurden und iranische Proxies – positionieren sich ebenfalls und wollen vermeiden, dass sie am Ende das Nachsehen haben.

Irakische Truppen sind Reuters zufolge im Norden des Landes auf Kurdengebiete herangerückt, in denen sich eine Ölpipeline und Grenzübergänge zu Syrien und der Türkei befinden. Nordwestlich von Mossul seien Panzer und Artillerieverbände eingesetzt worden, sagte ein Vertreter der kurdischen Regionalregierung am Montag. Einem Berater der irakischen Regierung zufolge ist die Kontrolle über die Grenzübergänge Teil eines Gesamtplans der Regierung.

Die von den USA unterstützte kurdische Regionalregierung (KRG) des im Westen in Ungnade gefallenen Kurden-Führers Barsani hatte bisher die einzige funktionale Exportpipeline unter ihrer Kontrolle. Die KRG-Raffinerien haben eine Reserve-Kapazität, über die die Zentralregierung im Irak für die Ölproduktion in den befreiten Gebieten in den Provinzen Ninawa, Salah al-Din und Diyala nicht verfüge, so das Washington Institute for Near East Policy (WINEP) in einer Analyse. Barsani ist nach der Rückeroberung durch den Irak klar geschwächt. Daher droht den Kurden der Verlust ihres wichtigsten Assets – die starke Position in der Öl-Region.

Die Schwächung Barsanis trifft auch Israel: Israel bezieht 77 Prozent seiner Erdöl-Importe aus Kirkuk – die Kurden hatten den Israels das Öl zu sehr niedrigen Preisen angeboten. Israel unterstützte im Gegenzug die Unabhängigkeitsbestrebungen von Barsani – und findet sich nun in der Defensive, weil weder die Russen noch die Amerikaner einen Kurdenstaat im Nordirak wollen. Israel befürchtet, dass der Irak den Preis für die Exporte nach Israel erhöhen könnte, weil Israel dem Irak kein vergleichbares politisches Incentive wie den Kurden anbieten kann.

Die irakischen Milizionäre der Gruppe Hasdi Shabi, die von der irakischen Zentralregierung und vom Iran unterstützt wird, erheben nämlich klaren Anspruch auf die Ölvorkommen von Kirkuk. „Kirkuk ist von zentraler Bedeutung für die irakische Wirtschaft und wird niemals zu Barsani gehören”, zitiert der Guardian einen Kommandeur von Hasdi Shabi.

Ein ehemaliger US-amerikanischer Diplomat sagte dem Guardian, auch die Rolle des Irans bei der Offensive von Kirkuk durch die irakische Armee und Hasdi Shabi könne „nicht geleugnet” werden könne.

Tatsächlich hatte vor der Offensive von Kirkuk der Kommandeur der iranischen Al-Quds-Brigaden, Qassem Soleimani, die kurdischen Peschmerga-Kämpfer dazu aufgefordert, Kirkuk zu verlassen. „Teherans Militärhilfe ist kein Geheimnis mehr. Sie können die Bilder von General Soleimani überall im Irak finden. Neben politischen Themen ist das Öl von Kirkuk ein sehr wichtiges Element für den Iran, das ein Mitglied der OPEC ist. Die Kontrolle dieser Ölfelder durch iranische Feinde wäre für uns katastrophal. Warum sollten wir sie in den Ölmarkt eintreten lassen”, zitiert der englischsprachige Dienst von Reuters einen Vertrauten des iranischen Präsidenten.

Der Irak ist allerdings nach mehreren Seiten offen: Kurz nach der erfolgreichen Operation auf Kirkuk veröffentlichte der irakische Ölminister Jabar al-Luaibi eine offizielle Mitteilung. In der Mitteilung sagte er, dass der britische Öl-Riese BP zeitnah Pläne für die Entwicklung der Ölfelder von Kirkuk machen solle, berichtet der englischsprachige Dienst von Reuters.

Ein Sprecher des irakischen Ölministeriums bestätigte den Financial Times, dass al-Luaibi eine Anfrage an BP geschickt hat. Doch der Chef der Upstream-Sparte von BP, Bernard Looney, sagte dem Blatt, dass eine offizielle Anfrage noch nicht eingegangen sei. Sobald dies geschehen sei, sollen sich BP-Vertreter mit dem irakischen Ölminister zusammensetzen, so Looney.

BP, PetroChina und Basra Oil Company (BOC) entwickeln derzeit das irakische Rumaila-Ölfeld, so der britische Konzern in einer Übersicht. Dort sollen sich nach Angaben von BP Ölvorkommen in Höhe von 17 Milliarden Barrel befinden.

Nach der Offensive von Kirkuk meldeten sich jedoch auch die Russen zu Wort. Der russische Öl-Riese Rosneft verkündete am 19. Oktober in einer Mitteilung, dass er sich mit der kurdischen Regionalregierung (KRG) darauf geeinigt habe, einen Mehrheitsanteil von 60 Prozent an der Kirkuk-Ceyhan-Pipeline zu erwerben. „Der Eintritt in das Infrastrukturprojekt wird zur Erreichung der strategischen Ziele von Rosneft beitragen und Rosneft ermöglichen, die Effizienz des Öltransports zu den Endkunden – einschließlich der Lieferungen an die Raffinerien des Unternehmens in Deutschland – zu steigern”, so Rosneft-Chef Igor Sechin. Nach Angaben des englischsprachigen Diensts von Reuters soll Rosneft 1,8 Milliarden Dollar investieren. Rosneft ist derzeit der größte energiepolitische Investor in der KRG-Region. Zum Dezember 2016 beliefen sich die Investitionen auf vier Milliarden Dollar, so Reuters.

Nach Abschluss des Deals warnte das irakische Ölministerium in einer Mitteilung, dass jeder Deal die Zustimmung der irakischen Zentralregierung erfordere. Damit sprach die Regierung dem Deal zwischen Rosneft und der KRG die Legitimation ab. In der Mitteilung wurden keine spezifischen Namen genannt. Doch sie wurde einen Tag nach Unterzeichnung eines weiteren Öl-Vertrages zwischen Rosneft und der KRG veröffentlicht. Der Vertrag umfasst Production Sharing Agreements (PSA) für fünf Produktions-Blöcke mit einer Gesamtinvestition von bis zu 400 Millionen US-Dollar, so Rosneft in einer Mitteilung.

Die Amerikaner sind durch die militärische Dominanz der Russen etwas ins Hintertreffen geraten – und will sich nun im Süden des Irak positionieren: Während Rosneft seine Präsenz im Nordirak ausbaut, zog sich der US-Ölriese Exxon von drei seiner sechs Ölproduktionsblöcke in Betwata, Arbat und Qara Hanjeer in der Provinz Sulaimaniyah zurück, berichtet Al-Monitor. Stattdessen plant Exxon, seine Operationen auf den Süden des Iraks in der Nähe von Basra und im Grenzgebiet des Irans zu konzentrieren.

Das irakische Ölministerium hatte Anfang Oktober 2017 verkündet, dass der Irak und Exxon kurz davor stehen würden, einen Milliardenvertrag zur Entwicklung des „Integrierten Süd-Projekts” zu unterzeichnen, berichtet der englischsprachige Dienst von Reuters. Dieses Projekt besteht aus dem Bau von Ölpipelines, Lagereinrichtungen und einem Meerwasser-Versorgungsprojekt, das Wasser aus dem Golf in Reservoirs einspritzt, um die Produktion zu verbessern. „Die Gespräche mit Exxon befinden sich im fortgeschrittenen Endstadium, um das wichtige Südprojekt zu entwickeln und zu finanzieren”, sagte der Öl-Minister al-Luaibi Anfang Oktober nach einem Treffen mit Exxon-Vertreter in Bagdad. Das Projekt umfasst die Ölfelder Luhais, Nassiriya, Tuba, Nahr Bin Umar und Artawi.

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