Warum Mitterlehner seinen Israel-Besuch absagte

  04 Dezember 2015    Gelesen: 772
Warum Mitterlehner seinen Israel-Besuch absagte
Der israelische Wissenschaftsminister bestand darauf, seinen österreichischen Kollegen in seinem Amtssitz in Ostjerusalem zu treffen. Für Mitterlehner nicht akzeptabel: die Annexion Ostjerusalems durch Israel ist völkerrechtlich nicht anerkannt.
Der viertägige Israel-Besuch von Vizekanzler und Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) ist kurzfristig abgesagt worden. Ein Sprecher verwies zur Begründung auf Terminprobleme mit Mitterlehners israelischem Amtskollegen Ofir Akunis - tatsächlich ging es aber um den Ort des Treffens, wie die "Presse" erfuhr: Demnach wollte der Likud-Politiker Mitterlehner in seinem Amtssitz in Ostjerusalem empfangen, das Österreich als von Israel besetztes Gebiet betrachtet.

Israel hatte den Osten Jerusalems während des Sechs-Tage-Kriegs 1967 okkupiert und später annektiert. Israel betrachtet Jerusalem als seine "unteilbare" Hauptstadt, während die Palästinenser den Osten der Stadt zur Hauptstadt eines eigenen Staates machen wollen. Die Staatengemeinschaft erkennt die Annexion Ostjerusalems nicht an. Die Absage Mitterlehners erfolgte dann auch mit Verweis auf die fehlende völkerrechtliche Anerkennung.

Akunis reagierte laut israelischen Medienberichten empört. "Österreich wird Jerusalem nicht teilen", wurde er zitiert. Versuche von österreichischer Seite, einen alternativen Ort für das Treffen außerhalb Ostjerusalems zu vereinbaren - die Knesset oder das King-David-Hotel -, waren zuvor abgelehnt worden. Auf Vermittlung des israelischen Außenministeriums sollten die beiden Politiker im "Van Leer Jerusalem Institute" die geplanten Kooperationsabkommen - doch auch dann noch bestand Akunis auf seinem Amtssitz. "Entweder das Treffen findet in Ostjerusalem statt oder es findet nirgendwo statt", wurde der israelische Minister am Freitag von der Webseite "The Jewish Press" zitiert.

Mitterlehner wollte am Samstag nach Israel reisen. Bei dem geplanten Treffen sollten wissenschaftliche Kooperationsabkommen unterzeichnet werden - der geplante Schwerpunkt des Besuchs. Auch Anton Zeilinger, Chef der Akademie der Wissenschaften, wäre als Mitglied der Delegation mitgereist. Mitterlehner hätte unter anderem auch Vizepremier und Energieminister Silvan Shalom treffen sollen.

EU-Kennzeichnung spielte keine Rolle

Kein Zusammenhang soll dagegen zur EU-Kennzeichnung von Produkten aus jüdischen Siedlungen bestehen, wie die österreichische Botschaft in Tel Aviv bestätigte. Österreich gehört zu den 16 EU-Ländern, die die Kennzeichnung forciert haben. Die EU-Kommission hatte Mitte November eine entsprechende Verpflichtung für Obst, Gemüse und andere landwirtschaftliche Erzeugnisse aus jüdischen Siedlungen im Westjordanland, auf den Golanhöhen sowie aus Ost-Jerusalem beschlossen.

Als Reaktion auf die Entscheidung der EU-Kommission beschloss Israel unter anderem, Treffen mit Ministern und Delegationen aus diesen Ländern einzuschränken. Zudem will Israel die Europäische Union vorerst nicht mehr als Vermittlerin im Nahost-Friedensprozess akzeptieren.

Bereits am Mittwoch hatte der belgische Außenminister Didier Reynders einen Israel-Besuch abgesagt. Der Belgier gab als Grund an, dass sich Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu weigere, ihn zu empfangen.

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