Bundesregierung leugnet Krieg im Jemen

  18 November 2017    Gelesen: 452
Bundesregierung leugnet Krieg im Jemen
„Saudi-Arabien befindet sich nicht in einem bewaffneten Konflikt mit Jemen“, das sagte ein Vertreter des Auswärtigen Amtes am Mittwoch in der Bundespressekonferenz. Sehr überrascht von dieser Äußerung zeigt sich Jürgen Grässlin, Sprecher der „Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!“
Auf die Frage des Journalisten des Video-Blogs „Jung & Naiv", wie die Bundesregierung kontrolliere, dass die aus Deutschland stammenden Rüstungsgüter und Patrouillenboote nicht für einen völkerrechtswidrigen Krieg verwendet werden, antwortete Rainer Breul vom Auswärtigen Amt am Mittwoch in der Bundespressekonferenz: „Unserer Ansicht nach befindet sich Saudi-Arabien nicht in einem bewaffneten Konflikt mit Jemen, sondern unterstützt auf dessen Bitte die jemenitische Regierung.“

Der Abrüstungsexperte Jürgen Grässlin von der „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“ hält diese Aussage für sehr überraschend, weil die internationale Gemeinschaft wisse und es völlig unumstritten sei, dass seit 2015 sowohl eine militärische als auch eine politische Intervention von Saudi-Arabien als Anführer einer Militärallianz stattfindet.

Es sei schon so, dass Saudi-Arabien sich nicht im direkten Konflikt mit dem Staat Jemen befindet, bestätigt Grässlin. Hier gehe es um den Kampf mit den Huthi-Rebellen, „aber nichts desto trotz ist es eine kriegerische Auseinandersetzung. Nichts desto trotz unterstützt die Bundesrepublik Deutschland durch Kriegswaffenlieferungen an Saudi-Arabien diese militärische Intervention“, erklärt der Experte.

Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien illegal?

Deshalb seien auch die deutschen Rüstungsexporte an die Militärallianz sowohl rechtlich als auch moralisch verwerflich. „Denn Saudi-Arabien liegt beispielsweise, wie auch das verfeindete Katar oder nun auch Libanon, wo auch verfeindete Gruppen festgemacht werden, in Krisen- und Kriegsgebieten des Mittleren- und Nahen Ostens. Es ist also seitens der Bundesrepublik Deutschland durch das Kriegswaffenkontrollgesetz und Außenwirtschaftsgesetz rechtlich verboten, Kriegswaffen in ein Kriegsgebiet zu liefern“, bemerkt der Friedensaktivist. Moralisch seien solche Waffenexporte „schwerstverwerflich“, da sie zu Beihilfe zu schweren Menschenrechtsverletzungen führen würden. Im Fall von Saudi-Arabien sei das gar „Beihilfe zum Mord“, betont der Sprecher.

Die Bundesregierung weist alle Anschuldigungen von sich. Die Bundesregierung argumentiert stets, dass die Patrouillenboote nur zur Sicherung der saudischen Küste und von Ölplattformen, nicht aber zu offensiven Missionen eingesetzt würden. Der Sprecher des Auswärtigen Amtes Breul wies darauf hin, dass die Bundesregierung keine Hinweise darauf habe, dass die an Saudi-Arabien gelieferten Patrouillenboote für eine Blockade von Jemen benutzt würden. Eine Überprüfung, wie Rüstungsgüter in Saudi-Arabien genutzt werden, würde durch Gespräche mit der saudischen Führung und durch Hinweise erfolgen, so Breul.

Bleibt somit die Frage der Endverbleibskontrolle offen?

Bei dieser Frage weist Grässlin auf den Fall hin, bei dem die in Saudi-Arabien mit deutscher Lizenz hergestellten Sturmgewehre des Typs G3, die im Jahr 2015 von dem saudischen Militär über der Stadt Aden in Jemen abgeworfen worden waren, jedoch in die Hände der Rebellen bzw. Guerillakämpfern fielen. Die Bundesregierung gab damals zu: „Eine physische Endverbleibskontrolle der in Saudi-Arabien gefertigten G3 und G36 ist auf Basis der zugrundeliegenden Genehmigungen nicht möglich". Als „Totalversagen der deutschen Endverbleibskontrolle“ und damit eine „völlige Freigabe dessen, was in Saudi-Arabien passiert“, bezeichnet Grässlin die Waffenexporte der Bundesrepublik: „Die Bundesregierung weiß das, liefert trotzdem weiterhin Kleinwaffen und Großwaffensysteme nach Saudi-Arabien und nimmt damit billigend in Kauf, dass im Jemenkrieg damit Menschen umgebracht werden. Übrigens Tausende von Menschen.“

Aus Scham und Schande darüber, dass wir wissen würden, dass deutsche Waffen am Konflikt im Jemen beteiligt seien, dass neben der politischen Unterstützung eine aktive Hilfe durch Rüstungsexportgenehmigungen an Saudi-Arabien erwiesen werde, die zu „desaströsen Folgen“ führen würden, leugne die Bundesregierung die Beteiligung von Saudi-Arabien am jemenitischen Konflikt, kritisiert der Abrüstungsspezialist.

Deutsche Waffenlieferungen verdreifacht

Laut einer Antwort der Bundesregierung auf die Frage des Außenpolitikers der Linksfraktion, Stefan Liebich nach Waffenexporten im dritten Quartal 2017, genehmigte die Bundesregierung für den Zeitraum von Juli bis September dieses Jahres Lieferungen von Waffen und Rüstungsgütern im Wert von 148 Millionen Euro nach Saudi-Arabien. Das ist mehr als dreimal so viel wie im Vergleichszeitraum des Jahres 2016.

„Besonders verwerflich sind die massiv gestiegenen Genehmigungen von Waffenexporten an Saudi-Arabien und Ägypten, die seit Jahren einen schmutzigen Krieg in Jemen führen. Die Vereinten Nationen warnen bereits vor einer akuten Hungersnot mit Millionen Opfern in dem Land“, bemerkte Liebich in einer Pressemitteilung.

Quelle:sputnik.de

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