Heute vor 67 Jahren: Schlacht um den Changjin-Stausee

  27 November 2017    Gelesen: 5984
Heute vor 67 Jahren: Schlacht um den Changjin-Stausee
Am 26. November versuchte eine rund 5.000 Mann starke türkische Brigade das vorrückende chinesische 38. Korps bestehend aus mehreren Divisionen aufzuhalten, damit die 8. US. Armee kontrolliert abziehen kann.
Iskenderun / TP - Heute vor 67 Jahren versuchte eine rund 5.000 Mann starke türkische Brigade während des Koreakrieges die Einkesselung der 8. US-Armee durch eine chinesische Übermacht zu verhindern. Die Schlacht führte dazu, dass sich die UN-Truppen, darunter eine sükoreanische sowie britische Brigade in den Süden in Richtung der nordkoreanischen Hafenstadt Hŭngnam kontrolliert zurückziehen konnten.

Mitte Oktober 1950 sah es so aus, als würde der Koreakrieg sich seinem Ende zuneigen. Nordkorea war größtenteils von den US-amerikanisch geführten UN-Truppen besetzt. Jedoch änderte sich dies schlagartig, als die Volksrepublik China am 19. Oktober 1950 in den Konflikt eintrat und 200.000 Soldaten über die nördliche nordkoreanische Grenze auf die Koreanische Halbinsel eindrangen. Den UN-Truppen, gut 20.000 Mann stark, deren Hauptverbände die 1. US-Marinedivision, die 7. US-Infanteriedivision und das britische 41. Independent Commando der Royal Marines waren, drohte bald von den Einheiten der 9. Armee der chinesischen Volksbefreiungsarmee eingekesselt zu werden. Nur noch ein schmaler Grad am Changjin-Stausee war frei.

Nach dem der Vormarsch der 8. US-Armee durch die chinesische Übermacht Ende Oktober schnell zum Erliegen kam, wendete sich das Blatt zu ungunsten der UN-Truppen, die trotz ihrer Unterlegenheit gegenüber einer 200.000 Mann starken chinesischen Volksarmee sich zunächst halten konnten, jedoch dann den Rückzug antraten. Dabei wurden die UN-Truppen, hauptsächlich bestehend aus Infanteriedivisionen der 8. US-Armee, einer südkoreanischen Brigade sowie einer britischen Brigande der Royal Marines von der 9. chinesischen Volksarmee verfolgt.

Auf Befehl von US-General Douglas MacArthur wurde am 25. November 1950 die Operation "Heim am Weihnachtstag" eine Offensive gestartet, mit dem Ziel, die neu angekommene türkische Brigade "Polarstern", die bislang als Reserve der 9. US-Korps zugeteilt wurde, in den Nordosten zu entsenden und so das Zentrum der hinter ihr abziehenden 8. US-Armee zu sichern und den Rückzug zu gewährleisten, die sich südlich des Changjin-Stausees sammelten und in Richtung der nordkoreanischen Hafenstadt Hŭngnam bewegten.

In der Nacht zum 25. November startete die chinesische Armee jedoch einen massiven Angriff, auch in der Hoffnung, die zuvor erlangten Erfolge der letzten Tage gegen die 8. US-Armee fortsetzen zu können, um so in die rechte Flanke der UN-Truppen vorzustoßen und den Rückzug nach Osten über Kunu-dong abzuschneiden. Dabei tat sich vor allem das 38. Korps der chinesischen Armee hervor, die in schneller Bewegung MacArthurs Abzugs-Pläne gefährdeten.

General MacArthur entsendete daraufhin am Nachmittag des 26. Novembers die türkische Brigade in Richtung des vorstoßenden chinesischen Korps. In einem Gewaltmarsch durch die hügelige verschneite Landschaft erreichten die ersten Bataillone den Stausee, wo sie aufgrund des Sprachmangels und widersprüchlicher sowie mangelnder Aufklärung in ein Gefecht mit sich zurückziehenden südkoreanischen Soldaten der 6. und 7. US-Infanteriedivision gerieten. Dabei starben 20 Südkoreaner und 14 Türken.

In der Nacht zum 27. November erreichte die gesamte türkische Brigade das Dorf Wavon im Osten von Kunu-dong unter dem Befehl des Brigade-Generals Tahsin Yazıcı und eroberten dabei zwei wichtige Hügel im Sturmangriff von der chinesischen Armee. Yazıcı ließ daraufhin eine breite halbkreisförmige mehrere Kilometer lange Verteidigungslinie in nordöstlicher Richtung aufbauen, um die vorstoßenden Divisionen des chinesischen 38. Korps aufzuhalten, die noch am selben Abend ein türkisches Aufklärungszug aufgerieben hatten, jedoch nicht verhindern konnten, dass die türkische Brigade alarmiert wird.

Nur Stunden später begannen die chinesischen Truppen den Vorstoß auf die Verteidigungslinie zu wagen, doch das schwere Kreuzfeuer der türkischen Brigade verhinderte den Durchbruch, die Chinesen zogen sich bald darauf zurück. Doch in den frühen Morgenstunden des 28. Novembers gelang es chinesischen Regimentern mit konzentrierten Kräften, eine Vorausstellung der türkischen Brigade zu überrennen, wobei es zu Schwert- und Bajonett-Kämpfen kam. Rund 400 türkische Soldaten verloren auf den umkämpften Hügeln ihr Leben. In dieser Zeit zog sich Brigade-General Yazıcı mit der Brigade rund 5km zurück und errichtete dort erneut eine Verteidigungslinie.

Auf dem Rückweg zur neuen Verteidigungslinie brach dabei die Kommunikation zusammen, Yazıcı hatte kein Kontakt mehr zum türkischen und US-amerikanischen Hauptquartier. In der Folge wurde die neue Verteidigungslinie immer weiter ausgehöhlt, wobei einzelne türkische Bataillione auf sich allein gestellt, ihre Munitionsvorräte aufbrauchten und begannen das Bajonett aufzusetzen. Trotz der heftigen Kämpfe war die türkische Verteidigungslinie am Morgen des 29. Novembers noch nicht durchbrochen, ehe ein Luftangriff der UN-Truppen eintrat und der türkischen Brigade erlaubte, sich aus der drohenden Einkesselung zu befreien. Die völlig zersplitterten Brigade-Einheiten sammelten sich trotz des Protestes des Brigade-Generals Tahsin Yazıcı und begaben sich noch in der Nacht in Richtung Kunu-dong, um sich dem 38. US-Infanterieregiment anzuschließen, die als Rücksicherung verblieben waren. Yazıcı, der bereits im Ersten Weltkrieg gedient hatte und in der türkische Armee hochgeachtet war, hatte, nach dem er den Befehl erhielt, sich weiter zurückzuziehen, gesagt: "Warum ziehen wir uns zurück? Wir töten Chinesen!" Trotzt gegenteiliger Meinung von Wissenschaftlern und Historikern, dass das heillose Durcheinander der UN-Truppen während des Rückzugs, auch durch die türkische Unordnung hervorgerufen wurde, besagen chinesische Chronisten und Quellen, dass der Widerstand durch den viel kleineren türkischen Kampfverband so unerwartet hartnäckig und heftig war, dass das chinesische 340. Regiment des 38. Korps kurzzeitig zurückgezogen werden musste, um sie mit dem 342. Regiment zu verstärken und gegen die Türken immer wieder einzusetzen. Das führte laut den Quellen dazu, dass das Vorrücken des gesamten 38. Korps kurzzeitig zum Erliegen kam.

Während des gesamten Rückzugs mit dem US-Infanterieregiment wurde die türkische Brigade entlang des Flußes Yalu immer wieder von chinesischen Divisionen attackiert, wobei sie auch zeitweise in den Rücken der türkischen Truppenteile fielen und dabei ihr mehrmals die erneute Einkesselung drohte. Dabei verlor die türkische Brigade allen während dieses Rückzugs rund 15 Prozent ihrer Männer und 70 Prozent der Waffen aufgrund von Munitionsmangel oder schnellem Rückzug.
Als es der türkischen Brigade dennoch gelang, zusammen mit dem US-Regiment die Hafenstadt Hŭngnam zu erreichen und nach Südkorea übergesetzt zu werden, war der türkische Kampfverband effektiv betrachtet bereits keine Brigade mehr, konnte aber nach Verstärkung und Auffrischung zwischen dem 25. und 26. Januar in der Schlacht von Kumyangjang-ni während der Operation "Thunderbolt" ein dreifach überlegenen chinesischen Kampfverband zurückwerfen. Insgesamt starben im Koreakrieg 741 türkische Soldaten, 2.147 wurden verwundet, 234 gerieten in Gefangenschaft und 175 galten als vermisst. Die Brigade bestand aus drei Bataillonen, die von Major Imadettin Kuranel, Major Mithat Ulunu und Major Lütfü Bilgon kommandiert wurden. Es war der einzige Kampfverband in Brigade-Größe innerhalb der UN-Truppen, die während des Koreakrieges ständig an einer US-Division angeschlossen war. Insgesamt dienten während des Zeitraums 1950 bis 1954 14.936 türkische Soldaten in der Brigade.

Der Oberbefehlshaber der Vereinten Nationen, US-General Douglas MacArthur, beschrieb den Beitrag der türkischen Brigade zum Koreakrieg während der heftigen Kämpfe wie folgt: "Die militärische Situation in Korea wird derzeit von der gesamten amerikanischen Öffentlichkeit mit Besorgnis verfolgt. Aber in diesen Tagen hat der von den Türken gezeigte Heldentum, der amerikanischen Nation wieder Hoffnung geweckt, ihnen Mut gemacht. Die amerikanische Öffentlichkeit weiß den Wert der von der türkischen Brigade geleisteten Dienste sehr zu schätzen und weiß, dass sich die 8. US-amerikanische Armee wegen ihnen ohne Unordnung zurückziehen wird. Die Streitkräfte der Vereinten Nationen in Korea wurden durch den Heldenmut der Türken vor der Umzingelung bewahrt und vor den Kommunisten gerettet."

Einige US-amerikanische Offiziere kommentierten ihre Eindrücke über die Türken: "Sie ziehen es wirklich vor, in die Offensive zu gehen und ihre Aufgabe zu meistern", lautet einer der Einschätzungen oder "Sie sind in Verteidigungshaltung nicht so gut und ziehen sich daher auch nie zurück." Einem weiteren Bericht ist zu entnehmen, welche Fähigkeiten sie bei einer Patrouille haben: "Bestimmte türkische Patrouillen-Einheiten gaben immer zu hohe Feindberührungen und Zahlen von getöteten Feinden an, wenn sie von Patrouillen zurückkehrten. Das Hauptquartier glaubte dem zunächst nicht, dann spottete man über die hohen Zahlen. Sie waren einfach viel höher als die jeder anderen Einheit, bis die Türken sich entschlossen, die Leichen der getöteten Feinde zurückzubringen und sie im Hauptquartier für die Leichenzählung abzuliefern.
Die türkische Brigade kämpfte und blieb noch rund drei Jahre bis zum Sommer 1954 in Korea und erhielt von US-Präsident Harry Truman am 11. Juli 1951 den "Presidential Unit Citation". Eine Auszeichnung, die an Einheiten der Streitkräfte der Vereinigten Staaten und deren Alliierten vergeben wird, die sich durch herausragende heldenhafte Taten im Kampf gegen Feinde seit dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor und dem damit verbundenen Eintritt der Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg hervorgetan haben. Voraussetzung für eine Verleihung an einen militärischen Verband ist die entschlossene Demonstration von Tapferkeit und Korpsgeist während der Ausführung des jeweiligen Auftrages unter extrem schwierigen und riskanten Bedingungen. Das Maß des geforderten Heldentums entspricht dem des Distinguished Service Cross, das an einzelne Personen vergeben wird.

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