Porsche 718 GTS - Herrscher der Kehren

  01 Dezember 2017    Gelesen: 1234
Porsche 718 GTS - Herrscher der Kehren
Wenn bei Porsche ein Modell das Kürzel GTS trägt, dann steht das für absolute Sportlichkeit. So auch beim neuen 718. Bei der ersten Ausfahrt auf und abseits der Rennstrecke zeigt er sich aber auch von seiner ungezähmten Seite.
Bereits 1963 schickte Porsche mit dem 904 Carrera GTS einen straßenzugelassenen Sportwagen mit echter Rennsport-Technologie auf die Straße. In den 1980er- und 1990er-Jahren folgten der 924 GTS und 928 GTS. Erst 20 Jahre später sollte mit dem 911 Carrera GTS die Wiedergeburt eines Sportwagens mit Rennsportgenen gefeiert werden. Vor nunmehr drei Jahren folgten der Porsche Boxster GTS und der Cayman GTS. Und Letztgenannte haben jetzt eine grundsätzliche Überarbeitung erfahren. Ziel war es, sie noch besser auf den Spagat zwischen Straße und Rennstrecke vorzubereiten.

Die Grundvoraussetzung für einen solchen Straßensportler ist natürlich immer der Motor. Und bei einem Porsche heißt das: Boxermotor. Hinter den zwei Passagieren arbeitet im 718 GTS ein 2,5-Liter-Vierzylinder-Turbo mit 365 PS. Damit galoppieren 25 Pferde mehr als noch beim 2014er Modell. Allerdings büßte er auch zwei Zylinder ein. Denn der 6-Zylinder-Boxer-Saugmotor ist Geschichte. Aber schadet das der Performance? Mitnichten! Denn der mutmaßliche kleine Vierender wirft - wenn er mit dem siebenstufigen Automatikgetriebe verbandelt ist - 430 Newtonmeter auf die Hinterachse. Beim extrem knackig durch die Gassen zu führenden manuellen Schaltgetriebe sind es 420 Newtonmeter. Aber egal, Piloten des Vorgängers mussten sich mit einem maximalen Drehmoment von 380 Newtonmetern begnügen.

Kräftespiel mit Augenmaß

Doch wie man die Kraft auch verteilt, es sollte mit Augenmaß erfolgen. Der GTS kann nämlich unangenehm giftig reagieren. Immer dann, wenn dem ambitionierten Sportfahrer nämlich der Schalk im Nacken sitzt und er der Meinung ist, er müsse im Sport-Plus-Modus den Kreisverkehr umlaufen. Wenn das noch nicht zum Problem wird, könnte es bei der Ausfahrt aus dem Kreisverkehr dazu kommen. Wenn die Räder noch nicht ganz gerade stehen und der Gasfuß zu früh zuckt, zögert der Zuffenhausener keine Sekunde und stellt sich quer. Und das ist wörtlich zu nehmen.

Passiert das im Programm Sport, ist der Regelbereich so gespreizt, dass die kleinen Helferlein eingreifen und der GTS gemäßigter schwänzelt. Noch eine Stufe tiefer, in Normal, sollte dieses wilde Zucken eigentlich gar nicht mehr stattfinden. Denkt man zumindest. Das Problem ist nur der Straßenbelag. Auf den Wegen rund um das Ascari Race Resort im spanischen Andalusien jedenfalls gelang der spontane Ausbruch auch ohne jede sportliche Beigabe. Für Freunde der Drift ein Happening, auf befahrenen Straßen eher eine Schrecksekunde.

Doch haben die 265er Pneus am Heck und die 235er an der Front des 718 GTS den richtigen Grip, dann wird der Schwabe zu einer unglaublichen Spaß- und Kampfmaschine. Dabei sind hier seine Leistungsdaten gar nicht das Entscheidende. Natürlich reichen ihm je nach Getriebe maximal 4,6 Sekunden, um aus dem Stand an der 100-km/h-Marke vorbeizufliegen, in 15 Sekunden ist auch Tempo 200 erledigt und am Ende pegelt sich die Tachonadel dann bei 290 km/h ein. Aber der wirkliche Knaller sind die Fahrpräzision und die damit verbundenen extrem hohen Kurvengeschwindigkeiten. Und wo lassen die sich besser erfahren als auf einer Rennstrecke wie dem Ascari Race Resort. Einem Rundkurs, der eine Aneinanderreihung von Kurven der bekanntesten Pisten dieser Welt ist. Eine Strecke, die keine Fehler verzeiht, was nichts anderes bedeutet, das es genau drei Optionen gibt: dass man auf ihr keine macht, das Auto in den Kies schiebt oder im besten Fall, der Wagen die eigenen Fehler wenigstens zu Teilen ausbügelt.

Ein Kumpel hilft eben

Der 718 GTS ist an dieser Stelle ein echter Kumpel und sorgt dafür, dass verpeilte Grenzbereiche nicht zum Abflug führen. Dafür haben die Ingenieure dem mindestens 76.137 Euro teuren Cayman GTS oder dem für 78.160 Euro zu erwerbenden Boxster GTS serienmäßig ein adaptives Dämpfersystem an die Räder geheftet, was die Bodenhaftung deutlich verbessert. Wer es richtig krachen lassen will, entscheidet sich natürlich für das Sportfahrwerk, das den Wagen noch mal zwei Zentimeter Richtung Straße drängt. Der wichtigste Helfer im Hintergrund ist aber das sogenannte Porsche Stability Management, kurz PSM. Das sorgt dafür, dass die Stabilisierung im fahrdynamischen Grenzbereich automatisch geregelt wird. Das heißt nichts anderes, als dass die Richtung und Kurvengeschwindigkeit sowie die daraus resultierende Querbeschleunigung permanent überwacht und die Daten an die Dämpfer in Sekundenbruchteilen weitergegeben werden.

Damit der Grenzbereich noch ein Stück weiter ausgereizt werden kann, gehört in die Serienausstattung selbstredend auch der PSM Sport-Modus. Ist der auf Off gestellt, vergrößert sich der Schwimmwinkel deutlich und es wird mehr Schlupf an die Antriebsräder gegeben. Aber Obacht: Trotzdem das PSM im Hintergrund aktiv bleibt, kann diese Einstellung zu dem bereits beschriebenen frühen Ausschlagen des Hecks führen. Ist das PSM aber an, glänzt der Porsche mit einer ausgezeichneten Dynamik und einem exzellenten Handling auf der Rennstrecke.

Echte Kurvengier

Willig folgt er den Lenkbefehlen seines Piloten, zieht enge und weite Bahnen in einem akkurat gesteckten Winkel und schießt am Ende behände aus der Kehre. Hier trifft es tatsächlich zu, wenn der Autor behauptet, der 718 GTS giere nach den Kurven. Hilfreich ist hierbei auch die mechanische Hinterachs-Quersperre. Hier wird beim Einlenken durch einen Bremsimpuls am kurveninneren Rad ein Drehimpuls um die Fahrzeug-Hochachse erzeugt, auf Deutsch also mehr Kraft auf das langsamere Rad gegeben.

In Summe heißt das: Der Wagen hat beim starken Beschleunigen aus engen Kurven mehr Traktion. Zudem gewinnen Längs- und Querdynamik deutlich. Und weil all die technischen Details nicht so viel sagen wie Rundenzeiten, soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass der 718 GTS die insgesamt 73 Kurven auf dem Nürburgring in 7 Minuten und 40 Sekunden hinter sich gelassen hat. Damit war er 16 Sekunden schneller als der Vorgänger in Form des Boxster und 13 Sekunden flotter als der alte Cayman GTS. Ach so, den aktuellen Cayman S hat er auch um zwei Sekunden geschlagen.

Der geht erst raus, wenn er Rennstrecke kann


Um die Standfestigkeit nicht nur vor der Kurve zu gewährleisten, sorgen die Grauguss-Bremsen, die vor allem der thermischen Belastung trotzen sollen, für eine hervorragende Verzögerung. Wobei vorne in Bremsscheiben der Dimension 330 Millimeter und hinten in 299 Millimeter gebissen wird. Wem das nicht reicht, der kann optional auf Ceramic-Bremsen zurückgreifen. Sechs Kolben hacken dann in 350er Scheiben an Vorder- und Hinterrad.

Not tut das nicht, denn die Serienbremsen verzögern ausgezeichnet. Um das zu untermauern, hier die Geschichte, die Matthias Hofstetter, der für den Antrieb des GTS verantwortlich zeichnet, erzählte: Ein Mann, der ein Sportgerät aus Zuffenhausen erworben hatte, wollte damit auch auf die Rennstrecke. Mutmaßend, dass der Verschleiß so hoch wie im Profisport sei, kaufte er sich zu seinem Porsche gleich einen zweiten Satz Bremsen und Dämpfer. Inzwischen ist er etliche Male auf dem Kurs gewesen, ohne dass seine Ersatzteile zum Einsatz gekommen wären. "Die hat er bis heute nicht gebraucht", so Hofstetter. "Und wissen Sie, warum? Weil wir keine Autos rausgeben, von denen wir uns nicht hundertprozentig sicher sind, dass sie auch tausende Kilometer auf der Rennstrecke bestehen können." Und das kann der Porsche 718 GTS Cayman ebenso wie der Boxster.

Und damit das Ganze auch optisch nicht unerkannt bleibt, gibt es im Gegensatz zu den Alltagsbrüdern neben einer schwarzen Spoilerlippe unterhalb der Frontschürze abgedunkelte Bi-Xenon-Scheinwerfer und geschwärzte Bugleuchten. Schwarz sind auch der GTS-Schriftzug und die 20-Zoll-Felgen. Und weil schwarz schick ist, sind natürlich auch die Heckleuchten abgedunkelt und die Endrohrverblendungen genauso lackiert. Über die haben wir noch gar nicht geredet, dabei sind sie doch mit den dahinter befindlichen Drosselklappen maßgeblich für die Orchestrierung einer jeden Sportfahrt verantwortlich. Natürlich können sie auch schweigen, aber wenn es gewünscht wird, sondern sie auf Knopfdruck oder in den Sport-Modi ein wahres Soundfeuerwerk ab, das wenigstens in Spanien zu einem breiten Grinsen - vorzugsweise bei den Herren der Schöpfung - führte, wenn sie denn den 718 GTS auf der Straße sahen.

Quelle: n-tv.de

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