Porsche ohne Lenkrad wird es nie geben

  03 Dezember 2017    Gelesen: 1147
Porsche ohne Lenkrad wird es nie geben
Sportlichkeit, Tempo und Fahrspaß sind die Kernwerte eines jeden Porsche. Das gilt für die Klassiker von gestern und die Neuheiten auf der Los Angeles Autoshow genauso, wie für alle Modelle, die der Sportwagenbauer in Zukunft bauen wird.
718 Boxster und Cayman als GTS-Version, das Wort- und Leistungsmonstrum Porsche Panamera Turbo S E-Hybrid Sport Turismo und der neue Carrera T – was die Schwaben auf der Los Angeles Autoshow erstmals einem größeren Publikum vorführten, bedient genau den Anspruch der solventen Kunden: Noch mehr Fahrspaß. Bei den optisch nur leicht modifizierten GTS-Modellen kommt das Plus an Unterhaltungswert vor allem durch eine Leistungssteigerung des 2,5-Liter-Vierzylinder-Boxers von 350 auf 365 PS und zehn Extra-Newtonmeter (jetzt 420 Nm) zustande. Ob man die daraus resultierende verbesserte Beschleunigung spürt, ist fraglich. Die Stoppuhr aber kann sie messen: 4,2 Sekunden braucht das S-Modell auf Tempo 100, der GTS ist ein Zehntel schneller – jeweils mit PDK und optionalem Sport Chrono Paket. Die Vmax steigt um fünf Zähler auf Tempo 290, der Preis um 10.000 Euro auf knapp 76.000 Euro für den Cayman beziehungsweise 78.000 Euro für den Boxster.

Weniger Gewicht für mehr Fahrspaß

Unverändert bleibt die Leistung im Carrera T: Wie beim Basis-Elfer liefert der Sechszylinder-Boxer hier 370 PS, allerdings sinkt das Leistungsgewicht um ein Zehntel auf 3,85 Kilogramm pro Pferdestärke. Nach dem Touring-Paket für den GT3, das auf der IAA seinen Einstand gab, ist der Elfer nun das zweite Puristen-Modell. Unter anderem sind beim T die Heck- und die hinteren Seitenscheiben aus Leichtbauglas gefertigt, und das Infotainmentsystem ist nur noch auf Wunsch an Bord. Lenkradtasten sucht man vergebens, statt Türgriffen müssen Schlaufen zum Zuziehen reichen und die Rückbank ist nicht mal optional erhältlich. Dass er als Handschalter dem Basis-Elfer beim Standardsprint 0,1 Sekunden abnimmt (jetzt 4,5 Sekunden), dürfte aber vor allem am kürzer übersetzten Getriebe liegen; ordert man das Doppelkupplungsgetriebe PDK bleibt der Wert bei identischen 4,2 Sekunden. Der Preis steigt dafür ebenfalls um gut 10.000 auf rund 107.000 Euro.

Während GTS- und T-Modelle nach klassischer Sportwagen-Bauer-Manier gestrickt sind, gibt der 189.000 Euro teure Panamera Sport Turismo mit dem langen Beinamen einen ersten Eindruck von der Zukunft: Der Turbo S E-Hybrid ist das Top-Modell der Baureihe und kombiniert die 549 PS des Vierliter-V8-Biturbos mit zusätzlichen 136 PS von einem Elektromotor. In Summe stehen 680 PS und 850 Newtonmeter Drehmoment im Datenblatt – deutlich mehr als der klassische Nur-Verbrenner-Turbo zu bieten hat. Den hängt der elektrifizierte Sport Turismo auch locker ab: 3,4 stehen 3,6 Sekunden gegenüber und mit mit Tempo 310 schafft er sechs km/h mehr. Rein elektrisch ist die Vmax auf 140 km/h beschränkt, die Reichweite gibt Porsche mit 49 Kilometer an – die dürfte allerdings nur der schaffen, der wenig Freude daran hat, sich an jeder Ampel tief in die straffen Sitze drücken zu lassen. Und auch der versprochene Verbrauch von 3,0 Litern ist natürlich illusorisch. Wenn überhaupt ist er nur auf den ersten 100 Kilometern zu schaffen, und nur dann, wenn die 14,1-kWh-Batterie beim Start randvoll ist.

Traditionelle Werte mit moderner Technik

Am Ende aber geht es beim Super-Hybrid auch gar nicht ums Spritsparen. Viel mehr ist der Power-Stromer ein Beweis dafür, dass die Elektrifizierung problemlos auf die Kernwerte der Zuffenhausener Marke einzahlen kann: Sportlichkeit, Tempo, Fahrspaß. Daran soll sich auch nichts ändern: "Porsche ist auch in Zukunft Porsche – so wie heute!", betonte der Vorstandsvorsitzende Oliver Blume im Rahmen der LA Autoshow während eines Abstechers ins Silicon Valley. Damit macht der Chef Lust unter anderem auf den Mission E: Der Elektro-Sportler, der 2019 auf den Markt kommen wird, soll alles andere als eine Verzichtserklärung sein. Der Zuffenhausener Stromer wird als erstes Auto mit 800-Volt-Technik vorfahren, soll den Spurt auf Landstraßentempo in unter 3,5 Sekunden abhaken und auf jeden Fall schneller als 250 Sachen fahren. Fast noch beeindruckender ist die Ladezeit: In 15 Minuten lassen sich Stromlinge für rund 400 Kilometer Reichweite in den Akku pressen.

Dass der Mission E auch in Sachen Handling ein echter Porsche sein wird, versteht sich von selbst, schließlich sieht Blume seine Marke "bei jedem neuen Modell auch der Vergangenheit verpflichtet". Der Wunsch, so nahe wie möglich am traditionellen Firmenideal zu sein, hat auch das Design des Mission E beeinflusst. In Zeiten des SUV-Booms wollte Porsche bewusst ein "richtiges Sportauto" auf die Räder stellen. Statt als pummeliger Hochbeiner fährt der Mission E also als Viertürer vor; größentechnisch ist er unterhalb des Panamera eingeordnet.

Kein Porsche ohne Lenkrad

Bei den klassischen Formen soll es laut Blume auch weiterhin bleiben: Ein Porsche ohne Lenkrad ist für den Unternehmenslenker ebenso unvorstellbar, wie ein Elfer als Robo-Taxi. Dass aber bedeutet nicht, dass der Sportwagenbauer nicht auch am autonomen Fahren forscht. Ganz im Gegenteil: Blume sieht auch in einem Porsche zahlreiche sinnvolle Anwendungen für das Selberlenken, sei es im Stau auf der Autobahn oder wenn sich das Auto selbstständig einen Parkplatz sucht. Und natürlich auf der Rennstrecke: Zukünftig soll es möglich sein, sich von seinem Porsche in Rekordzeit über den Rundkurs kutschieren zu lassen.

Während das autonome Fahren aktuell mehr oder weniger nur noch an rechtlichen Rahmenbedingungen scheitert, arbeitet Porsche Digital noch an vielen weiteren Zukunftsprojekten: Im heimischen Weissach, aber auch im Silicon Valley ist die junge Spezialeinheit damit beschäftigt, ein ganzes Öko-System rund um die Marke aufzubauen. Dass das typische Porsche-Feeling in ein E-Auto transportiert werden kann, bezweifelt mittlerweile keiner mehr, zukünftig aber sollen die Kunden dieses Gefühl auch außerhalb ihres Wagens erleben können. Die Visionäre in Santa Clara sprechen von einer Art Porsche-Halo, also einem Marken-Heiligenschein, der den Kunden auf Schritt und Tritt begleitet und ihm jederzeit den Porsche-Lifestyle vermittelt.

Partnersuche im Silicon Valley

So simpel diese Vision klingt, so schwer lässt sich sich in die Realität umsetzen. Vor allem nicht ohne Partner: Auch deshalb unterhält Porsche Digital die Büroräume im Silcon Valley, um den direkten Austausch mit Apple, Google, LinkedIn und tausenden von Start-ups zu haben – und im Idealfall die besten Leute abzuwerben. Von derzeit zwölf Mitarbeitern soll das Team in kurzer Zeit auf 80 anwachsen. Zu tun gibt es schließlich genug: In der Pipeline hat Porsche Digital unter anderem bereits eine Roadtrip-App, die per Knopfdruck die schönsten Routen vorschlägt und auf Wunsch direkt Hotels und Restaurants reserviert.

Mit GoInStore arbeiten die Zukunftsforscher außerdem an einer Möglichkeit, das viel zitierte Porsche-Gefühl bereits zu vermitteln, ehe der Kunde überhaupt im Autohaus aufschlägt. Per Knopfdruck kann er Kontakt mit einem Händler aufnehmen und sich dort von einem mit einer Videokamera bewaffneten Verkäufer durch sein Wunsch-Auto führen lassen. Erste Versuche in Kanada sind bereits auf großes Interesse bei potentiellen Käufern gestoßen, und schon bald wollen die Zuffenhausener die Technik in dem riesigen nordamerikanischen Land mit nur 19 Porsche-Händlern im größeren Stil ausrollen. Wann die Technik auch bei uns verfügbar sein wird, ist derzeit noch offen. Ein kleines Trostpflaster gibt es aber: Wer GoInStore selber ausprobieren will, kann sich jetzt schon nachmittags über die Webseite ins Porsche-Museum einwählen, und sich einen ganz individuellen Rundgang durch die Historien-Sammlung geben lassen. Vergangenheit und Zukunft liegen bei Porsche eben eng beieinander.

Quelle: n-tv.de

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