Die Uno hat zum zweiten Mal einen Bericht über das weltweite Aufkommen von Elektroschrott veröffentlicht - mit kaum vorstellbaren Zahlen: 44.700.000 Tonnen elektrische und elektronische Geräte mit Stecker oder Batterien sind im vergangenen Jahr auf dem Müll gelandet. Jeder Mensch weltweit trägt im Schnitt mit sechs Kilogramm dazu bei.
Es sind so viele, wie nie zuvor. Um acht Prozent ist die Menge im Vergleich zum letzten Bericht vor zwei Jahren gewachsen. Würden die ausrangierten Kühlschränke, Fernseher, Photovoltaikmodule, Computer und Handys mit Lkw abtransportiert, heißt es in dem Bericht, müssten insgesamt 1,2 Millionen 40-Tonner vorfahren.
Und die Experten rechnen damit, dass die Menge bis 2021 noch einmal um mehr als ein Sechstel wachsen wird. Keine andere Art von Hausmüll legt so rasant zu wie Elektroschrott.
Nur 20 Prozent werden recycelt
Weil nur 41 Länder weltweit das E-Schrott-Aufkommen überhaupt erfassen können, mussten die Autoren die Gesamtmenge durch Fleißarbeit ermitteln: Sie suchten weltweit Statistiken zusammen, beispielsweise über den Verkauf neuer und gebrauchter Geräte und deren Lebensdauer, sie gewichteten die Daten und wo es keine gab, schätzten sie. "Die Datenlage ist jetzt solide und belastbar", sagt Rüdiger Kühr, einer der Autoren des Berichts und Leiter des Programms für nachhaltige Kreisläufe an der Universität der Uno.
Und diese Datenbasis braucht die Organisation. Vor gut zwei Jahren hat die Uno 17 "Ziele für nachhaltige Entwicklung" formuliert, eines davon sind "nachhaltige Konsum- und Produktionsweisen". Die jetzt gesammelten Zahlen zeigen, wie groß allein das Problem mit der Entsorgung technischer Geräte ist.
Bisher werden nur 20 Prozent des Elektroschrotts gesammelt und wiederverwertet, obwohl die Geräte Gold, Silber, Kupfer, Platin oder Palladium enthalten - Rohstoffe im Wert von 55 Milliarden Dollar. Statt diesen Schatz zu heben, werden die meisten Geräte verbrannt, vergraben - oder auf Müllkippen geworfen und unter prekären Bedingungen auseinandergenommen. Es sind besonders arme Regionen in Ländern wie Ghana, China oder Indien, in denen das geschieht. (Lesen Sie hier eine Reportage aus Ghana.)
Gleichzeitig wächst in den ärmeren Ländern die Nachfrage: Weil die Preise für neue elektrische und elektronische Geräte weiter sinken, kaufen immer mehr Menschen immer neue Geräte. Es sind vor allem die Entwicklungsländer, die für das Wachstum des Elektroschrotts verantwortlich sind: Dort ist die Kaufkraft seit 2000 am stärksten gestiegen und damit auch die Menge der verkauften elektrischen und elektronischen Geräte.
Der Uno-Bericht teilt die Welt in fünf Länderkategorien: In den Ländern mit der niedrigsten Kaufkraft lag die jährliche Wachstumsrate bei Elektroschrott bei 15 Prozent, in der zweitniedrigsten Kategorie legte der E-Müll sogar um 23 Prozent pro Jahr zu. In den kaufkräftigsten Industrieländern dagegen stieg die Menge des Wohlstandsmülls nur um vergleichswiese wenige 1,6 Prozent jährlich.
Vor allem drei Kategorien von Geräten wachsen immer schneller:
Kleingeräte wie Staubsauger, Ventilatoren, Toaster, Radios, elektrische Rasierapparate, Mess- und Kontrollinstrumente machen mit fast 17 Millionen Tonnen ein gutes Drittel der Gesamtmenge aus. Diese Kategorie wächst um vier Prozent pro Jahr.
Großgeräte wie Waschmaschinen und Wäschetrockner, Spülmaschinen, Herde, Großdrucker und Kopierer, Solarmodule. Diese Geräteart ist für ein Fünftel des gesamten Elektroschrotts verantwortlich - auch hier rechnen die Autoren der Studie mit einem jährlichen Wachstum von vier Prozent.
Noch schneller wächst der Müll einer dritten Kategorie, die im Bericht als "Temperatur-Wechsel-Geräte" bezeichnet wird, also Kühl- und Gefrierschränke, Heizungen oder Klimaanlagen, voraussichtlich mit sechs Prozent pro Jahr in den kommenden Jahren.
Sinken wird die Menge einzig bei Bildschirmen. Weil große und schwere Röhrenmonitore zunehmend durch Flachbildschirme ersetzt werden, geht auch das Gewicht des Mülls zurück - bis 2020 nach Einschätzung des Berichts um drei Prozent jährlich.
Immerhin der letzte Punkt sei ein Fortschritt, sagt Kühr, die alten Monitore enthalten nämlich noch viele Schadstoffe wie beispielsweise Blei. Flachbildschirme verbrauchen zudem - bei gleicher Größe - weniger Strom. Ob die darin verbauten Materialien aber insgesamt umweltfreundlicher sind, kann auch Kühr nicht sagen.
Sicher ist: Auch wenn der Elektroschrott vor allem in Entwicklungsländern wächst, müssten die reichen Länder handeln. Denn hier geht der Elektromüll inzwischen zwar zurück, aber das Niveau ist deutlich höher. So produzierten im vergangenen Jahr beispielsweise Australier und Neuseeländer durchschnittlich 17,3 Kilo und Europäer 16,6 Kilo Schrott pro Person, so hinterließen die Menschen in Asien nur 4,2, in Afrika nur 1,9 Kilogramm Elektroschrott.
An dem Verhältnis ändert auch die weltweit höchste Recyclingquote von 35 Prozent in Europa nichts.
Quelle : spiegel.de
Tags: