Umso bemerkenswerter waren deshalb zwei Posts Söders wenige Tage vor dem Jahreswechsel. Es waren zwei Nachrichtentexte. Solche Fremdinhalte veröffentlicht er sonst nur, wenn es sich um Interviews handelt, wenn er also fast nur selbst zu Wort kommt und die Bewertung dessen, was er sagt, unterbleibt. Nicht so am 27. Dezember. Offenbar gefiel dem neuen starken Mann der CSU die Grundaussage so gut, dass er sie sich zu eigen machte.
Beide Texte basierten auf einer dpa-Meldung. Der eine, durch den Sender n-tv veröffentlicht, war überschrieben mit: „Söder plant keine ,Bayern first‘-Politik“, der andere aus dem „Nordbayerischen Kurier“ mit: „Söders erster Regierungsplan: Schluss mit ,Bavaria First‘“.
Söder, der im Frühjahr das Amt von Horst Seehofer übernehmen soll, war diese Botschaft offenbar wichtig, wichtiger als viele andere in den vergangenen Wochen. Schluss mit „Bayern First“, mit einer zentralen Seehofer-Botschaft der letzten Jahre – damit überraschte Söder, der zurzeit auch noch Heimatminister ist.
„Bayern First“ – das hatte immer eine provokative Note, war es doch der Parole „America First“ des gerade auch bei den Bayern höchst unbeliebten US-Präsidenten Donald Trump verwandt. Söder sprach hingegen davon, gut mit allen auskommen zu wollen, einen Kurs der Modernisierung anzustreben, Kosmopolit in Tracht sein und statt „Bayern First“ nur „das Beste für Bayern“ zu wollen.
Das zeigt eine auffallende rhetorische Abrüstung. Und es ist Teil einer umfassenden Strategie der Partei, Teil einer neuen Arbeitsteilung zwischen München und Berlin. In den vergangenen Jahren war es eher die Aufgabe der Berliner Landesgruppe der CSU, Polarisierung zu vermeiden und zu integrieren. Aus München drangen hingegen die scharfen Worte.
Jetzt kehrt sich das um. Das wird zum Start der diesjährigen Neujahrsklausur der CSU-Landesgruppe im Bundestag im oberbayerischen Kloster Seeon offensichtlich. Für die Landesgruppe und namentlich ihren Chef Alexander Dobrindt scheint das Gebot, sich zurückzunehmen, nicht zu gelten.
„Kein Welpenschutz für Islamisten“
Die Papiere, die die Partei beschließen will, sind gewohnt angriffslustig. Vor allem in der Asyl- und Sicherheitspolitik legt die CSU gegenüber dem, was sie schon lange fordert, sogar noch etwas drauf. So will sie die Sozialleistungen für Flüchtlinge weiter reduzieren und noch öfter als bisher Sach- statt Geldleistungen gewähren. Die Altersfeststellung soll verpflichtend werden.
Bei Verdacht auf islamistische Umtriebe will die CSU schon Minderjährige überwachen lassen. Unter dem Schlagwort „Kein Welpenschutz für Islamisten“ hat Dobrindt das gefasst. Vergleichbar plakative Forderungen und Formulierungen hat man von Söder in der letzten Zeit nicht mehr vernommen, wohl aber vor seiner Nominierung.
welt.de
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