Türkei plant neuen Mega-Kanal

  16 Januar 2018    Gelesen: 706
Türkei plant neuen Mega-Kanal
Es ist das ehrgeizigste und umstrittenste Bauvorhaben des türkischen Präsidenten Erdogan: Nach jahrelangen Planungen soll westlich des Bosporus' eine neue Wasserstraße die Landmassen durchschneiden. Der "Istanbul-Kanal" dürfte Milliarden kosten.
Die türkische Regierung will nach eigenen Angaben in diesem Jahr mit dem Bau eines neuen Kanals zwischen dem Schwarzen und dem Marmarameer in Istanbul zur Entlastung des Bosporus beginnen. "Wir streben den Baubeginn innerhalb dieses Jahres an", sagte Transportminister Ahmet Arslan in Ankara. Das "größte Projekt unseres Landes" solle in öffentlich-privater Partnerschaft verwirklicht werden. Der Minister machte keine Angaben zu Kosten und zu einem möglichen Eröffnungstermin.

Der "Kanal Istanbul" auf der europäischen Seite der Millionenmetropole solle eine Länge von ungefähr 45 Kilometern haben und unter anderem über einen bereits bestehenden See führen, sagte Arslan. Die Wasserstraße werde eine sichere Alternative zum 30 Kilometer langen Bosporus darstellen. Der Kanal werde den Bosporus entlasten und Istanbul attraktiver machen.

Entlastung für Istanbul

Den nun vorgestellten Plänen zufolge soll der neue Schifffahrtskanals im Westen Istanbuls in etwa parallel zum Bosporus verlaufen. Auf seinem Weg vom Marmara-Meer in Richtung Schwarzes Meer soll der Kanal demnach durch den Kücükcekmese-See nach Norden in den Sazlidere-Stausee führen, um schließlich nördlich der Ortschaft Durusu ins Schwarze Meer zu münden. Arslan sagte, Ziel des Kanals sei es, das Risiko zu reduzieren, das von Schiffen mit Gefahrgut für den Bosporus ausgeht. Auch solle er zur "Stadterneuerung" beitragen und die Attraktivität der Metropole erhöhen.

Die Meerenge zwischen Europa und Asien gehört zu den meistbefahrenen Schifffahrtswegen der Welt. Tankschiffe und Gefahrguttransporter, die aus dem Schwarzen Meer ins Mittelmeer oder aus den Weltmeeren in Richtung Georgien, Ukraine oder Russland wollen, müssen die enge Schifffahrtsrinne in der Millionenmetropole passieren.

Neue Einnahmequelle?

Der neue Kanal soll dabei den Plänen zufolge nicht nur den Bosporus entlasten, sondern auch zusätzliches Geld in die Staatskassen spülen. Derzeit müssen Handelsschiffe erhebliche Wartezeiten in Kauf nehmen, wenn sie die überlastete Meerenge zwischen dem Schwarzen Meer und dem Marmarameer hinter sich lassen wollen. Der Bosporus wird jährlich von rund 50.000 Schiffen durchfahren.

In der türkischen Öffentlichkeit ist das Kanalprojekt wegen seiner hohen Kosten und seiner Auswirkungen auf die Umwelt umstritten. Berichten türkischer Medien zufolge dürfte der Kanal schätzungsweise umgerechnet mehr als 14 Milliarden Euro kosten und fünf Jahre Bauzeit beanspruchen. Kritiker bezweifeln, dass sich das Projekt tatsächlich rechnen wird, da die Passage durch den Bosporus Frachtschiffen aufgrund internationaler Vereinbarungen umsonst offen steht.

Das ambitionierte Projekt war 2011 vom damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Staatschef Recep Tayyip Erdogan angekündigt worden. Umweltschützer befürchten, dass durch den Kanalbau das maritime Ökosystem negativ beeinflusst werden könnte. Ungeklärt ist derzeit auch, welche zusätzlichen Gefahren sich im Fall eines Erdbebens aus dem Kanalbau ergeben könnten. Dazu kommt, dass das Projekt zahlreiche weitere Gebiete für die Bebauung erschließen dürfte.

Mega-Kanal zum Super-Flughafen

Erdogan hatte die Pläne für den Kanal wiederholt zu einer Herzensangelegenheit erklärt. Das Vorhaben ist eines von Erdogans Projekten, mit denen der einstige Bürgermeister von Istanbul die Infrastruktur der Metropole erneuern will. Eine dritte Bosporus-Brücke sowie Straßen- und Bahntunnel unter der Meerenge wurden bereits verwirklicht, ein dritter Flughafen am Schwarzen Meer soll bald in Betrieb gehen.

Der Istanbuler Großflughafen IGA liegt in der Nähe der geplanten Kanalmündung ins Schwarze Meer. Mit einer geplanten Kapazität von jährlich rund 150 Millionen Passagieren ist der neue Airport fast dreimal so groß wie das größte deutsche Drehkreuz in Frankfurt am Main. Der neue Flughafen soll nach dem Willen seiner Erbauer zu den größten Verkehrsknotenpunkten der Welt zählen. Die Eröffnung ist für den kommenden Oktober geplant.

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