Die Preise für Audi R8 mit 5,2 Liter großem Saug-V10 und Porsche 911 Turbo S mit Boxer-Sechszylinder und 3,8 Liter Volumen plus zwei Turbolader erwähnen wir hier der Form halber, um uns dann den wesentlichen Dingen widmen zu können. 166.000 Euro für den 540 PS starken Ingolstädter und nicht weniger als 205.133 Euro für den 580 PS starken Kandidaten aus Zuffenhausen.
Addiert man beim Audi noch die 8900 Euro teure Keramikbremsanlage, die es beim Elfer serienmäßig gibt, bietet der R8 noch immer einen Preisvorteil von 30.233 Euro. Das ist aber fair, denn – so viel sei vorweggenommen – der Porsche wartet unabhängig von Ausstattungsfragen mit einem quasi unbezahlbaren Alltagsbonus auf. Und die Kombination Supersportwagen mit Brötchenhol-Eigenschaften findet man schließlich selten. Doch zurück zum eigentlichen Thema.
Der Sauger schenkt mächtig ein
Wer sich jetzt nicht gerade zu den gusseisernen Elferfahrern zählt, für die es ohne Ware aus Zuffenhausen gar nicht geht, schielt in Downsizing-Zeiten natürlich auf das Triebwerk, das man beim R8 direkt hinterm Kreuz wüten spüren kann. Die Ingolstädter schenken kräftig ein und zaubern Maschinen-Fans schon beim Lesen der Prospektliteratur ein breites Grinsen aufs Gesicht: Saugmotor mit zehn Zylindern und 5,2 Litern Hubraum stehen auf der Agenda.
Und auch, wenn bei dem Zehnender das Verbrauchskapitel sicher nicht als Kaufargument zieht – auf Effizienz getrimmt haben die Ingenieure den zwischen den Achsen platzierten Brocken dennoch mit moderner Direkteinspritzung, Zylinderabschaltung und einem Start-Stopp-System, dessen Deaktivierung bei den meisten Fahrern wohl als zweite Handlung nach dem Motorstart erfolgt.
Vierzylinder mit Turbo
Beginnen wir also mit dem Vielzylinder, bevor wir den klassischen Boxer rotieren lassen. Das Platzangebot ist maßgeschneidert, die Fahrerkabine mit Präzisionsluxus und einem Hauch von Karbon ausstaffiert. Hier gibt es natürlich die volle Ladung an Infotainment, daran soll es auch bei einem Solitär wie dem R8 nicht scheitern, der auf der Exklusivitätsskala trotz des sündhaft teuren Preises eines Elfer Turbos doch noch eine Stufe höher angesiedelt zu sein scheint. Egal, Musik aus, jetzt zählt Maschinenton.
Der Boden der eng umklammernden Sportsessel bebt nach dem Betätigen des Starters. Stufe D und los! Dem permanenten Allrad sei Dank, geht es schon auf den ersten Metern brutal nach vorn – empfindlichen Mägen sei diese Aktion nicht empfohlen. Wer robust ist, freut sich und testet gerne auch mal an, wie sich der R8 querdynamisch so schlägt. So gut wie keine Seitenneigung, ein straffes Fahrwerk plus optimale Gewichtsverteilung formen zusammen mit dem vollen Einsatz der Sitzwangen ein ziemliches unvergessliches Fahrerlebnis.
Erwartungen erfüllt
Jetzt zum Porsche. Er ist schon im Stand anders. Quasi der bodenständige, Supersportwagen gewordene Schwabe. Das beginnt schon mit dem leichteren Einstieg, nach dem man in ziemlich unspektakuläre Sitze fällt. Denn sie erfüllen eher die Erwartungen, die man an die Fauteuils einer oberen Mittelklasse stellt als an jene eines Supersportlers, während die R8-Sitze trotz konventionellen Gurtsystems irgendwie an Rennstrecke erinnern.
Im 911 Turbo S erfolgt der Motorstart traditionsgemäß nicht per Startknopf, sondern per Schlüssel auf der linken Seite – und die Faszination beginnt natürlich nach dem obligatorischen Dreh. Man hört jetzt gut, dass der Sechszylinder-Boxer angesprungen ist – aber aufgeregtes Wummern oder kehliges Schreien? Nicht wirklich. Natürlich klingt der Elfer durchdesignt, porschetypisch und nach Boxer, aber eben nicht aufdringlich.
Die Unterschiede
Begeben wir uns auf die Suche nach den Unterschieden zwischen Sauger und Turbo. Mit niedriger Drehzahl im großen Gang durch die Stadt kann jedenfalls auch der 3,8 Liter große Turbo recht elastisch, obwohl die Turbine noch eher untätig ist wegen des geringen Abgasstromes – variabler Schaufelradgeometrie zum Trotz. Doch schon früh zeigt sich: An der Sauger- oder Turbo-Frage entscheidet sich nicht die Wahl zwischen R8 und 911 Turbo, nein, die Dinge liegen hier komplexer. Während einem tausend Gedanken durch den Kopf schießen, ist man am Ortsausgang angekommen.
Endlich, das Spiel mit dem Gaspedal wird fortan nicht mehr so streng bestraft. Rechts bitte etwas weiter niederdrücken – jetzt wird eine sprachliche Beschreibung schwierig. Man muss sich das vorstellen: Da zerren 700 Newtonmeter Eingangsdrehmoment ab 2100 Touren an den Zahnrädern, und, ja, das Maximaldrehmoment klingt laut Datenblatt ab exakt 4250 Umdrehungen wieder ab – aber der Sechszylinder bleibt ja auch danach immer noch ein unvorstellbarer Kraftprotz mit einer unbändigen Drehfreudigkeit. Dieser Elfer schiebt und rennt, schiebt und rennt, bis die Grenze der Physik eben doch mal erreicht ist – und die Tachonadel bei über 300 Sachen steht.
Der Preis geht an den Elfer
Macht der R8 natürlich auch, aber mit dem Unterschied, dass er die Drehzahl und Beschleunigung vom Fahrer aktiv einfordert, um ihn dann mit gewaltigem Vortrieb zu belohnen. Maschinenmusikalische Virtuosen-Einlagen gibt es noch obendrauf. Der Elfer schiebt quasi beiläufig, wird aber bei vollem Fahrereinsatz auch noch einmal böser und wuchtet seine menschliche Fracht gefühlt ähnlich zackig um die Ecken wie seine oberbayrische Alternative. Wenn man die Wahl hätte, würde man ganz klar beide nehmen.
Der Preis der Besten eierlegenden Wollmilchsau geht jedenfalls an den Elfer, mit dem man auch kommod von Hamburg nach München cruisen kann. Der R8 erfordert als Allroundanwendung mehr Kompromisse – Sauger hin oder her. Und das macht die Sache ja erst so richtig spannend.
Quelle: n-tv.de
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