Bei einem Überfall auf das Büro einer der größten Hilfsorganisationen in Afghanistan sind am Mittwoch mindestes elf Menschen verletzt worden. Dies berichtete der Regierungssprecher der östlichen Provinz Nangarhar, Attaullah Chogiani. In dem Büro von Save the Children (Rettet die Kinder) in der Stadt Dschalalabad arbeiten nach Angaben eines afghanischen Mitarbeiters, der ungenannt bleiben wollte, um die 100 Menschen. Berichte über Todesopfer gab es zunächst nicht, ebenso wenig zu den Tätern.
Chogiani berichtete, der Angriff habe gegen 9.00 Uhr Ortszeit begonnen. Zuerst habe sich vor dem Gebäude ein Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt, dabei seien auch einige Autos in Flammen aufgegangen. Dann drangen nach seinen Worten Bewaffnete in das Haus ein und schossen um sich.
Wie viele Angreifer es waren und wer sie geschickt hat, blieb zunächst unklar. Die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) hat in der Provinz ihre einzige, wenn auch kleine territoriale Basis und hat in Nangarhar, aber auch in Kabul, zunehmend mehr Anschläge verübt.
Ob auch internationale Mitarbeiter in dem Büro waren, blieb zunächst unklar. Augenzeugen berichteten, der Kampf gegen die Angreifer habe auch rund zwei Stunden nach Beginn des Überfalls noch angedauert. Bisher seien drei laute Explosionen zu hören gewesen. Der afghanische Journalist Bilal Sarwary berichtete, die Attentäter würfen Handgranaten Richtung Sicherheitskräfte.
Ein Mitarbeiter berichtete der dpa: „Unsere Kollegen sind im Save Room, ich weiß nicht wieviele. Wir haben noch keinen Überblick, wer heute morgen im Büro war und wer im Feld. Die Angreifer haben den zweiten Stock erreicht. Sie scheinen von da auf auch andere Ziele zu schießen. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es allen meinen lieben Kollegen in Jalalabad gerade geht. Ich zittere am ganzen Körper.“
Gefährliches Land für Helfer
Save the Children ist eine der größten Hilfsorganisationen in Afghanistan. Die NGO arbeitet seit Jahrzehnten in vielen Provinzen und hilft vor allem Kindern und Müttern in den Bereichen Gesundheit und Bildung. Ihre Projekte werden auch mit Spenden aus Deutschland unterstützt.
In einem Plan der UN für die humanitäre Arbeit in Afghanistan in diesem und in den kommenden Jahren hieß es jüngst, dass Afghanistan eines der gefährlichsten Länder der Welt für Helfer sei. In den ersten zehn Monaten von 2017 seien 17 Entwicklungs- und Nothelfer getötet, 15 verletzt und 43 entführt worden. Eine Konsequenz der neuen Gefahren sei, dass Hilfsorganisationen ihre Arbeit einschränkten. „Zwischen Juli und September ist die Zahl der Partner, die wenigstens zwei der folgenden Aktivitäten durchgeführt haben - Hilfslieferungen, Bedarfsprüfungen oder Überprüfung von Projekten - von 170 auf 153 gefallen.“
Die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich seit Ende der Nato-Kampfmission vor drei Jahren drastisch verschlechtert. Die radikalislamischen Taliban kontrollieren oder beeinflussen nach Militärangaben mittlerweile wieder rund 13 Prozent des Landes und kämpfen um weitere 30 Prozent. Der IS verübt mehr Anschläge. Am Sonntag hatten Taliban-Kämpfer ein Hotel in Kabul angegriffen. Dabei starben mehr als 20 Menschen.
Abschiebeflug aus Deutschland in Kabul gelandet
Ein Abschiebeflug mit abgelehnten afghanischen Asylbewerbern aus Deutschland an Bord ist am Mittwoch in Kabul gelandet. Die Maschine, die am Dienstagabend in Düsseldorf gestartet war, sei um kurz nach 7.00 Uhr morgens (Ortszeit) angekommen, sagte der Vertreter der Internationalen Organisation für Migration (IOM) am Flughafen, Schah Saman, der Deutschen Presse-Agentur. Es seien 19 Menschen an Bord gewesen. Die Bayerische Landesregierung hatte in einer Mitteilung vom Dienstagabend ebenfalls von 19 Passagieren gesprochen. Aus Bayern waren demnach acht Menschen abgeschoben worden, darunter drei Straftäter.
Es ist die neunte Sammelabschiebung seit Dezember 2016. Mit den ersten acht Flügen hatten Bund und Länder nach offiziellen Angaben 155 Männer nach Afghanistan zurückfliegen lassen.
Mehrere Hundert Menschen hatten am Abend am Flughafen in Düsseldorf gegen die Abschiebung demonstriert. (dpa)
Tags: