Wo Lenin Hand in Hand mit Mickey Mouse und Jesus geht

  30 Januar 2018    Gelesen: 1690
Wo Lenin Hand in Hand mit Mickey Mouse und Jesus geht
Seit dem Oktober 2017 ist eine Ausstellung in Berlin der russischen Revolution 100 Jahre zuvor gewidmet. Sie gibt einen Überblick über Ursachen, Geschehen und Wirkungen und bietet viele Informationen und Erläuterungen. Die Zusammenhänge, die zur Revolution führten und sie später auf einen blutigen Weg brachten, erklärt die Exposition kaum.

Wer die Ausstellung „1917. Revolution. Russland und Europa“ im Deutschen Historischen Museum (DHM) betritt, der wird zuerst von Video-Statements auf Monitoren begrüßt. Darin erklären bekannte und weniger bekannte Menschen aus Deutschland und Russland, welche Bedeutung die Revolution von 1917 heute noch hat. Da hofft unter anderem der Linken-Politiker Gregor Gysi, „dass mal ein Versuch gelingt“, während die georgische Autorin Nino Haratischwili meint: „Der Reiz der Idee ist ziemlich gefährlich.“ Michail Schwydkoj erklärt dagegen: „Die Revolution beeinflusst bis heute die Denkweise der Menschen.“ Er ist Außerordentlicher Vertreter des Präsidenten der Russischen Föderation für die internationale kulturelle Zusammenarbeit. „Es gibt nur Verlierer, keine Sieger“, schätzt die renommierte Journalistin Gabriele Krone-Schmalz ein.

Vielleicht hätte das besser an das Ende statt an den Anfang der Ausstellung gepasst, anstelle der Skulptur von Alexander S. Kosolapov. Die zeigt kurz vor dem Ausgang unter dem Titel „Hero, Leader, God“ Lenin Hand in Hand mit Mickey Mouse und Jesus, alle drei ganz in Rot, und will zeigen, wie austauschbar immer wieder Götzen und Symbole politischer und religiöser Weltanschauungen sind. „Mit seinem Titel fordert das Werk den Besucher heraus, zu überlegen, welche der Figuren welche Rolle verkörpert und wie sich Kommerz, Ideologie, Propaganda und Religion in verschiedenen Weltanschauungen zueinander verhalten“, heißt es dazu im Katalog der Ausstellung.

Fleißig zusammengetragene Exponate

Zwischen den Video-Statements und der Skulptur der roten Dreifaltigkeit versucht die seit dem 18. Oktober geöffnete Exposition im DHM Unter den Linden in Berlin zu zeigen, warum es 1917 zur Revolution in Russland kam, was ihr folgte und wie sie in andere Länder ausstrahlte. Das geschieht mit vielen verschiedenen Exponaten von alten Uniformen der zaristischen Armee, Werkzeugen und Bekleidungen von Arbeitern und Bauern über Dekrete – auch das „Dekret über den Frieden“ der siegreichen Bolschewiki –, Plakate und Bücher sowie Haushaltsgegenständen von Adligen und religiösen Artefakten bis zu Fotos und Videos aus verschiedenen Zeitpunkten des Geschehens. Dabei geht es nicht nur um die Lage und die Ereignisse in Russland, sondern auch wie die russische Revolution in Europa aufgenommen wurde und was sie auslöste.

Das ist alles sehr fleißig und umfangreich zusammengetragen und nicht uninteressant. Aber vielleicht ist der Versuch einer umfassenden Darstellung, die so etwas wie einen roten Faden hat, von vorherein zum Scheitern verurteilt, weil das bedeuten würde, sich auf wenige Aspekte oder gar nur einen zu begrenzen. So bleibt als solcher „Faden“ für die Besucher nur die Linie auf dem DHM-Fußboden, die durch die einzelnen Stationen führt, eigentlich nur gedacht für Blinde und Sehschwache. Wahrscheinlich kann solch eine Ausstellung nur einen Überblick zum Thema und seine verschiedenen Aspekte geben und höchstens dazu anregen, sich mit einzelnen Fragen weiter zu beschäftigen. Bei manchen Exponaten lässt sich durchaus fragen: „Was wollen die Ausstellungsmacher um Arnulf Scriba uns sagen?“ So zum Beispiel, wenn hinter einem Foto mit der letzten Zarenfamilie eine Büste von Karl Marx hervorschimmert.

sputniknews.com


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