Es gibt Autos die wecken einfach Begehrlichkeiten. Wer schicke, ausgefallene und gleichsam geländegängige SUV liebt, der wird an einem Range Rover Velar nicht vorbeikommen.
Optisch ist er die konsequente Fortsetzung des Designs des enorm erfolgreichen Evoque: lange Motorhaube, der Verzicht auf Sicken, eine abfallende Dachlinie und ein aufstrebender Heckunterbau. Dazu auf Wunsch mächtige 20-Zoll-Räder, versenkbare Türgriffe in Serie und die Gewissheit, dass der Brite auch keine Probleme hat, einen Gang über wirklich grobes Geläuf zu wagen. In Summe schafft das eine in diesem Segment einzigartige Eleganz. Während andere Designer beim Zeichnen eines Offroaders dem markigen Auftritt den Vorzug geben, hat der Strich von Chefdesigner Gerry McGovern eine einzigartige Leichtigkeit.
300 PS für puren Fahrspaß
Und das, obgleich das knapp fünf Meter lange Gefährt alles andere als ein Leichtgewicht ist. Leer wiegt der Velar gute zwei Tonnen. Ein Gewicht, das angeschoben werden möchte und das auf der Suche nach Fahrspaß und Kraft mehr braucht als einen Vierzylinder. Für den Test bei n-tv.de fiel die Wahl auf den 3,0-Liter V6 Diesel mit Twinturbo. Mit 300 PS und 700 Newtonmetern maximalem Drehmoment gibt es hier kein Vertun. Nicht nur, dass die Kraft über eine Achtstufenautomatik von ZF ohne größere Verzögerungen mittels Fahrdynamiksystem zwischen Vorder- und Hinterachse verteilt wird, über die bei den Sechszylindermodellen in Serie verbaute Luftfederung wird der Velar ab Tempo 105 unmerklich um 10 Millimeter abgesenkt. Das sorgt zum einen für mehr Stabilität, zum anderen verringert es den Luftwiderstand und damit den Verbrauch.
Und da wir gerade darüber sprechen, soll mit den Verbrauchsdaten nicht hinter dem Berg gehalten werden: Im Testlauf genehmigte sich der V6 im Schnitt 8,4 Liter Diesel. Nicht ganz so genügsam geht es zu, wenn die Leistungsanforderung hochgeschraubt wird oder ein stetes Stop and Go nach mehr Treibstoff verlangt. Hier lag der Verbrauch mit 9,8 Litern aber immer noch unterhalb des zweistelligen Bereichs und insofern soll gar nicht geklagt werden. Vielmehr wollen wir einen Blick auf die dynamischen Vorzüge des bulligen Diesels werfen.
An keiner Stelle wirkt der Selbstzünder angestrengt, was vor allem dann erfreut, wenn man ihm die Sporen gibt. Unter dem typischen Grollen eines V6-Diesels und dem leisen Pfeifen der Turbolader beschleunigt der D300 in lediglich 6,5 Sekunden auf Landstraßentempo. Der V6 schiebt mit solcher Konsequenz an, dass man nachdrücklich in die Sitze gebeten wird. Den Besetzern der Lederpolster ist das aber ziemlich egal. Geradezu kuschelig schmiegen sich die rückwärtigen Dienste in das Gestühl, das sich nicht nur beheizen und kühlen lässt, sondern auch mannigfach massieren kann. Für mehr Halt sorgen elektrisch verstellbare Seitenwangen, die sich auf Wunsch fest in den Latissimus des Fahrers krallen. Das Datenblatt weist eine Spitzengeschwindigkeit von 241 km/h aus, im Test rauchte die digitale Tachonadel zur Verzückung des Testers daran vorbei.
Kurvenhatz und Furten
Für die Kurvenhatz sollte der Fahrmodischalter auf Dynamik gestellt sein. Der Motor des Velar spricht zügiger an, die Gangwechsel vollziehen sich entsprechend sportlicher, das Fahrwerk erhält eine straffere Abstimmung und die Lenkung bietet eine wunderbare Rückmeldung. Wer ganz individuell ums Eck fegen will, der kann die Kennfelder in allen Belangen individualisieren und die Gangwechsel über die großen Schaltwippen am Lenkrad einleiten. So wird der elegante Offroader zu einem ebenso eleganten Kurvenräuber ohne unnötige Härte. Bodenwellen frisst der Velar, ohne die Insassen damit zu behelligen. Nur wer vergessen hat, sich für die sportliche Fahrt mit dem richtigen Fahrprogramm zu präparieren, wird merken, dass der Velar ein SUV und kein Sportwagen ist. Denn dann hat auch er, wenn es ums Eck geht, die segmenttypische Seitenneigung durch den hohen Aufbau.
Den dafür verantwortlichen weiten Federweg braucht es natürlich insbesondere im Gelände. Denn wie erwähnt ist der Velar auch hier zu Hause. Mithilfe des zweistufigen Offroad-Modus kann das Fahrzeugniveau bei Geschwindigkeiten unter 50 km/h um 46 Millimeter auf eine Gesamt-Bodenfreiheit von 251 Millimetern angehoben werden. Das lässt im Zusammenspiel mit den Böschungswinkeln von 29 Grad vorn und 30 Grad hinten schon einiges zu. Selbst Wasserdurchfahrten in einer Höhe von 600 Millimetern sind kein Problem. Hilfreich soll hier die "Grounding Detection"-Funktion zur Bodenerkennung sein. Sie hebt die Karosserie nämlich automatisch an. Um die zusätzliche Bodenfreiheit zu generieren, muss der Fahrer die Bremse treten und ein entsprechendes Feld auf dem Touchscreen in der Mittelkonsole drücken.
Soweit die Theorie, denn tatsächlich muss der Tester an dieser Stelle eingestehen, dass er auf seinen täglichen Wegen - wie wahrscheinlich der Großteil aller Autofahrer - keine Furten gefunden hat, die es zu durchfahren galt. Natürlich ist es immer auch eine Frage des Mutes, welche Wege man mit einem 100.000 Euro teuren Auto befährt. Doch konzentrieren wir uns auf die anderen alltäglichen Vorzüge, die für den Velar abseits steiniger Pfade eingepreist sind. Da ist zum Beispiel ein 673 Liter fassender Kofferraum, dessen Ladeniveau nach dem Umlegen der Rücklehnen auf 1731 Liter erweitert werden kann. Nun mag der Kenner murmeln: Und was hilft mir das bei einer Ladekante auf Hüfthöhe? Erstmal nichts, aber Range Rover hat im Kofferraum zwei Knöpfe verbaut, mit denen man das Niveau um gut 150 Millimeter absenken und auch anheben kann. Eine so pfiffige Erfindung wie die elektrisch ein- und ausklappende Anhängerkupplung. Auch dafür gibt es einen entsprechenden Knopf im Gepäckabteil. An den Haken dürfen übrigens 2,5 Tonnen.
Hier stimmt was nicht
Bei so viel Lob mag man die Kritikpunkte wie die Nadel im Heuhaufen suchen. Zu finden sind sie dennoch. Nicht bei der Hard-, sondern bei der Software. Range Rover hat den Velar nämlich auch mit einem dicken Paket an elektronischen Helferlein gesegnet. Dazu gehören der adaptive Abstandstempomat, der Notbremsassistent, die Verkehrszeichenerkennung und der Spurhalteassistent. Leider schwächeln die zwei Letztgenannten etwas. Die Verkehrszeichenerkennung meint schon mal in der Stadt, die Richtgeschwindigkeit wäre 100 km/h und der Spurhalteassistent lenkt ab und an so ruppig in die Gegenrichtung, dass er die nächste Sperrlinie ungesehen überläuft. Dennoch kann man den schicken Briten mit den Händen am Volant ohne Sorge ganz allein auf der Autobahn oder im Stau agieren lassen.
Für den Piloten werden die Fahrdaten auf Wunsch über ein brillantes Head-Up-Display in die Windschutzscheibe projiziert. Groß und gut ablesbar präsentieren sich da Geschwindigkeit, Verkehrszeichen und Navigationsdaten. Ansonsten ist der Velar durchdigitalisiert wie kein zweites Fahrzeug. In der Mittelkonsole sorgt ein TFT für Temperatur, Fahrdynamik, die Steuerung der oben beschriebenen Sitzfunktionen und auch die Beschallung lässt sich von dort regeln. Darüber befindet sich ein weiterer Bildschirm, über den Navi, Telefon und eine Vielzahl von Setups gesteuert werden können. Was leider überhaupt nicht gelingen wollte, war die umfängliche Kopplung des iPhones des Testers mit dem Velar. Zwar wurde das Telefon erkannt, die Kontakte aber zu keinem Zeitpunkt übernommen. Wenn man also telefonieren wollte, musste die Rufnummer manuell eingegeben oder über das Telefon angewählt werden. Ein ärgerlicher Umstand.
Natürlich kann man das Problem umgehen, wenn das Smartphone über AppleCar mit der Einheit verbunden ist. Hier spiegelt sich die Benutzeroberfläche und man greift direkt auf die Einträge zu. Aber wer will das Telefon schon bei jeder Fahrt mit einem USB-Kabel verbinden, wenn er es nicht gerade laden muss? Genau für die Dauersurfer im Fond - der Velar ist selbstredend auch ein rollender Hotspot - gibt es hinter der Mittelarmlehne zwei 12-Volt-Steckdosen. Auch im Kofferraum und in der Mittelkonsole ist eine. Zudem gibt es dort drei weitere USB-Ports. Was in Velar dafür etwas kurz kommt, sind Ablageflächen. Zwar befindet sich hinter der "schwebenden" Mittelkonsole ein Plätzchen zur Ablage von Brille oder Smartphone und auch unter der Mittelarmlehne können Kleinigkeiten verstaut werden, für mehr ist aber nicht gesorgt. Das Brillenfach im Dachhimmel verbietet sich wegen des großen Panoramadachs und der Rest wird dem Design geopfert. Aber ganz ehrlich: lieber weniger Kram und dafür solch eine Optik im Innenraum.
Fazit: Es gibt wohl momentan kein SUV im Premiumsegment, das so konsequent auf Eleganz, Dynamik und pfiffige Features gebürstet ist wie der Range Rover Velar. Klar, auch der Preis ist beachtlich, wenn sich denn der Käufer für die im Test gefahrene Vollausstattung mit dem potenten V6-Diesel entscheidet. Dafür gibt es aber ein Gesamtpaket, das seinesgleichen sucht. Wer einfach nur durch ein außergewöhnliches Design auffallen will und bei wem Leistungsdaten keine Rolle spielen, der kann bereits für knapp 70.000 Euro in ein außergewöhnliches SUV mit ebensolchen Fähigkeiten einsteigen.
DATENBLATT
Range Rover Velar D300 HSE
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe)
4,80 / 2,03 / 1,66 m
Radstand
2,87 m
Leergewicht (DIN)
1841 kg
Sitzplätze
5
Ladevolumen
673 / 1731 Liter
Motor
V6-Zylinder mit 2993 ccm Hubraum
Getriebe
8-Gang-AUtomatik von ZF
Systemleistung Verbrennungs- und E-Motor
300 PS (221 kW)
Kraftstoffart
Diesel
Antrieb
Allradantrieb
Höchstgeschwindigkeit
241 km/h
Tankvolumen
60 Liter
max. Drehmoment (Systemleistung)
700 Nm von 1500 - 1750 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h
6,5 Sekunden
max. Böschungswinkel vorn in Grad
29°
max. Böschungswinkel hinten in Grad
30°
max Rampenwinkel in Grad
24°
Bodenfreiheit in mm Stahl / Luft
213 / 251
max Wattiefe in mm Stahl/Luft
600 / 650
Normverbrauch (innerorts, außerorts, kombiniert)
7,4 / 6,4 / 58 Liter
Testverbrauch (kombiniert)
9,4 Liter
CO2-Emission kombiniert
127 g/km /EU6
Grundpreis
90.150 Euro
Preis des Testwagens
103.566 Euro
Quelle: n-tv.de
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