Die Forscher legten für ihre Zahlen zwei Szenarien zugrunde: Im ersten gingen sie ab 2018 von einer jährlichen Zuwanderung von 360.000 Flüchtlingen aus, wodurch sich die Zusatzbelastungen für die Haushalte auf rund 25 Milliarden Euro beliefen. In Anbetracht der Lage in Syrien und anderen Krisengebieten sei eine derartige Verringerung der Zahlen jedoch nicht zu erwarten, sagte IfW-Entwicklungsexperte Matthias Lücke. Ratsam für vorausschauende Haushaltsplanung sei daher, eine dauerhaft hohe Zuwanderung anzunehmen.
Zuwanderung ist finanziell beherrschbar
Im zweiten Szenario gingen die Forscher daher bis 2020 von einer Million Flüchtlingen pro Jahr aus, wodurch sich die Kosten auf 55 Milliarden Euro belaufen würden. Die Finanzpolitik stehe wegen der Zusatzausgaben vor ihrer "größten Herausforderung seit der Wiedervereinigung", sagte Lücke. Zugleich bestehe aber für Deutschland finanziell kein Grund zur Sorge, denn selbst im ungünstigeren Szenario lägen die Zusatzkosten bei weniger als zwei Prozent der Wirtschaftsleistung. Angesichts der ökonomischen Stärke des Landes bliebe die Zuwanderung finanziell "beherrschbar", sagte der IfW-Experte.
Lücke ergänzte, die Schätzungen seien generell "mit großen Unsicherheiten belastet". Entscheidend seien nicht nur die Flüchtlingszahlen, sondern auch, wie schnell die Neuankömmlinge in den Arbeitsmarkt fänden. Bei ihren Berechnungen gehen die Forscher davon aus, dass 30 Prozent der Flüchtlinge innerhalb von 3 Jahren in ihre Heimatländer zurückkehren. 70 Prozent bleiben dem Szenario zufolge dauerhaft in Deutschland, 20 Prozent aber nur als Geduldete, die sich daher nur sehr langsam in den Arbeitsmarkt integrieren können.
Je Geflüchtetem setzten die Wissenschaftler - analog zum Deutschen Städtetag - Jahreskosten von 13.000 Euro voraus, die sich aus Verwaltungskosten, Investitionen in Infrastruktur und individuellen Ausgaben ergäben. Der Betrag lasse sich jedoch langfristig reduzieren, wenn zunächst zusätzlich pro Kopf 1000 Euro jährlich in die Arbeitsmarktintegration investiert würden. Im günstigeren Szenario sänken die Zusatzkosten dann von jährlich 25 Milliarden auf 22 Milliarden Euro.
Schnelle Verfahren sparten Kosten
Noch stärker würden die Kosten laut IfW bei einer "deutlichen Straffung" der Asylverfahren sinken. Der Teil mit Bleiberecht könnte dann schneller in den Arbeitsmarkt integriert werden, für den anderen Teil würde es aber die Abschiebung bedeuten. "Politisch werden allerdings mehr Abschiebungen in unsichere Heimatländer schwer durchsetzbar sein, so dass wir dieses Szenario nicht ohne weiteres für umsetzbar halten", sagte Lücke.
Insgesamt gehen die Forscher nicht davon aus, dass es in Deutschland durch den Flüchtlingszuzug zu positiven Wohlfahrtseffekten für die heimische Bevölkerung kommt. "Zwar werden Güternachfrage und Wirtschaftskraft erhöht, gleichzeitig steigen aber auch die Sozialausgaben und die Bevölkerungszahl", erklärte Lücke.
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