Im Schatten des Döners: Wie Willkommenskultur Schweden zum Verhängnis wurde

  30 März 2018    Gelesen: 1898
Im Schatten des Döners: Wie Willkommenskultur Schweden zum Verhängnis wurde

Schweden ist eines der wenigen europäischen Länder, das Einwanderer wirklich gerne aufnahm. Jahrzehntelang haben sich Flüchtlinge in die schwedische Gemeinschaft gut integriert und den Mangel an Arbeitskräften behoben. Seit 2015 scheint aber die Integration nicht mehr zu klappen, schreibt Xenia Melnikowa für das Portal lenta.ru am Donnerstag.

Die Migranten, die nach 2015 in das Land kamen, wollen sich nicht in Schweden verwandeln, sondern ihr eigenes Leben führen, was für großen Ärger unter den Einheimischen sorgt. Am deutlichsten ist das in Malmö zu erkennen, das sich in die inoffizielle Hauptstadt der Flüchtlinge verwandelt hat – sie machen hier rund 40 Prozent der Einwohnerzahl aus.

„Der Ort, wo früher trübselige Betongebäude eines Arbeiterviertels standen, verwandelte sich in eine lärmintensive Straße mit orientalischen Cafés und Restaurants. In der Luft duftet es nach Vanille, Zimt, Kardamon und Ingwer, auf der Straße wird Arabisch gesprochen. Zuvor konnte man sich an jeder Ecke Hamburger bzw. Hot Dogs kaufen, jetzt sind Falafel und Döner dazugekommen“, beschrieb ein Bewohner von Malmö 2015 die Situation in der Stadt, die Flüchtlinge aus dem Nahen Osten und Nordafrika aufnahm.

Mit offenen Armen
Ihm zufolge brachten viele Schweden am Höhepunkt der Migrationskrise Lebensmittel, Medikamente, warme Kleidung und Spielzeug in die Flüchtlingszentren und zu den Bahnhöfen, wo die Flüchtenden eintrafen. Einige empfingen sie sogar gastfreundlich in ihren eigenen Häusern.

Schweden begann mit dem Aufbau eines sozialdemokratischen Staates, die Willkommenskultur gegenüber Einwanderern wurde zum Teil der schwedischen Identität, zum Symbol der Verbundenheit zu moralischen Prinzipien. Das Staatssystem stellte soziale Ermäßigungen nicht nur für indigene Schweden, sondern auch für Flüchtlinge bereit – Wohnungen, medizinische Versorgung, gute Ausbildung, Elternzeit für Mütter und Väter, Arbeitslosengeld. Sie hatten alles.

Zu Beginn der 1990er Jahre nahm Schweden 40.000 Flüchtlinge pro Jahr auf. Zwei Jahre später änderte sich alles. Nach dem Jugoslawien-Krieg strömten fast 700.000 Menschen nach Westeuropa. Als erstes reagierte wie gewöhnlich Stockholm. Dennoch musste die Einwanderungspolitik verschärft werden, wobei die Möglichkeiten für den Erhalt der Aufenthaltsgenehmigung und die Einreise eingeschränkt wurden. Wie das US-Magazin „Foreign Policy“ schreibt, hatten die Schweden Angst vor dem Zuzug von Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien: „Die Menschen dachten, dass sie in schwedische Vororte Krieg bringen werden. Auf den Straßen marschierten Neonazis. Die Wirtschaft erwies sich auf dem schlechtesten Stand seit den 1930er Jahren“, so das Blatt.

Doch nach einiger Zeit integrierten sie sich in die schwedische Gesellschaft und behoben den Mangel an Arbeitskräften. Die kulturelle Einheit des Königreichs kam nicht zu Schaden. „Bosnier arbeiten jetzt als Minister in unserer Regierung, andere als Ärzte und Krankenpfleger“, sagte Lisa Pelling von der Denkfabrik Arena Group, die sich mit dem Flüchtlingsthema befasst.

Die Schweden waren stolz darauf, dass sie die muslimische Bevölkerung erfolgreich integrieren konnten, und waren sich sicher, dass das seit vielen Jahren reibungslos funktionierende System unbeschadet bleibt.

Einwanderungsflut
Als 2015 in Europa die Migrationskrise ausbrach, strömten die meisten Flüchtlinge nach Schweden und Deutschland. Deutschland, das immer noch Schuldgefühle wegen des Zweiten Weltkriegs hat, verfolgte die Politik der offenen Tür und nahm die Bedürftigen auf. Vor diesem Hintergrund war die Heldentat des kleinen Schwedens nicht so auffällig, obwohl gerade der skandinavische Staat den größten Zustrom von Einwanderern im Pro-Kopf-Verhältnis verzeichnete.

Doch das Verhalten der Einwanderer unterschied sich stark von dem der vorigen. Unzählige Migranten ließen sich am Rande großer Städte nieder, mieden den Kontakt zur örtlichen Bevölkerung, begingen kleine Verbrechen. In einigen Orten lag ihr Anteil bei 80 Prozent von der Gesamtbevölkerung, wie die Deutsche Welle berichtete.

Ein weiteres großes Problem besteht in der hohen Arbeitslosigkeit. In Schweden sind in vielen Arbeitsbereichen Spezialisten gefragt – um einen Job zu bekommen, sind hohe Qualifikationen erforderlich, die Migranten zumeist nicht haben. Zudem müssen sie Schwedisch lernen.

Von Liebe zu Hass
Die Geduld der großzügigen Schweden geht allmählich zu Ende. Eine im Herbst 2017 durchgeführte Umfrage zeigte, dass 41 Prozent der Einheimischen der Ansicht sind, dass ihr Land zu viele Flüchtlinge aufnimmt. Mitte des vergangenen Jahres lag diese Zahl noch bei 29 Prozent. Journalisten und Politiker halten sich an die Regel, keine Probleme zu besprechen, die mit der Migrationskrise verbunden sind, um nicht als Rassist und Fremdenhasser zu gelten.

Inzwischen sind unter einfachen Schweden immer häufiger Aufrufe zu hören, die Migrationsgesetze zu ändern. Um einen Job zu bekommen, haben Flüchtlinge in dem Land das Recht, auf Kosten des Staates an Umschulungsmaßnahmen teilzunehmen, doch im vergangenen Jahr fanden nur 30 Prozent der Einwanderer, die das Integrationsprogramm absolvierten, einen Job. Nicht ausgeschlossen ist außerdem, dass ein Land mit zehn Millionen Einwohnern, das jedes Jahr mehr als 100.000 Einwanderer aufnimmt, früher oder später auf ernsthafte Wirtschaftsprobleme stößt.

„Das Flüchtlingsproblem spaltete das wohlerzogene Schweden… Die Stunde der Vergeltung für die schwedische Großzügigkeit schlägt erst jetzt und niemand kalkulierte, was sie kosten würde“, schreibt „Foreign Policy“. Wie Ivar Arpi von der Zeitung „Svenska Dagblaget“ berichtete, gehen die Meinungen zwischen Freunden und Familien bei diesem Thema weit auseinander und provozieren gesellschaftliche Spaltungen.

„Im vergangenen Sommer starb meine Großmutter beinahe an Hunger im Krankenhaus, und diese Migranten bekommen kostenlos Essen und medizinische Hilfe. Ich denke, dass sich der Staat in erster Linie um das eigene Volk kümmern und erst dann anderen helfen soll“, so ein Grenzschutzpolizist.

Für große Verärgerung unter Frauen sorgt ein Gesetz, dem zufolge Einwanderer mit Kindern unter sieben Jahren mehrere Jahre mit bezahltem Urlaub rechnen können, und zwar unabhängig davon, ob sie arbeiten oder nicht. Auf Schwedinnen selbst dehnt sich diese Regelung nicht aus – sie können mit 450 Tagen Mutterschutz nach der Geburt des Kindes nur in dem Fall rechnen, wenn sie zuvor gearbeitet hatten.

Preis der Gastfreundlichkeit
In der letzten Zeit stieg in Schweden das Niveau der Kriminalität. Die Behörden des Landes veröffentlichen keine Angaben über die ethnische Zugehörigkeit der Verdächtigen und versuchen, diese Tendenz nicht mit der wachsenden Zahl der Flüchtlinge zu verknüpfen. Im Unterschied zu ihnen zeigte US-Präsident Donald Trump deutlich mehr Härte und sagte, die Einwanderer seien daran schuld. Seine Position findet bei vielen Europäern Anklang.

In Schweden reisten viele junge Männer ein. Anschließend kam es unter anderem auch zu einem rasanten Anstieg sexueller Verbrechen – besonders im südlichen Malmö. Ende Januar wurde einer jungen Schwedin mit einer Flasche auf den Kopf geschlagen, nachdem sie in einem Club in Malmö sexuell belästigt worden war. Die 19-jährige Sophie Johansson vergnügte sich in einer Diskothek, als ein unbekannter Mann von hinten an sie herantrat und ihr zwischen die Beine griff. Sie schlug den Mann. Daraufhin soll der Täter ihr erst mit der Faust und dann mit einer Flasche ins Gesicht geschlagen haben. „Ich dachte, dass Flüssigkeit aus der Flasche floss, doch mein Freund sagte, dass es Blut war“, sagte die 19-Jährige.

Die Rassen- und ethnischen Konflikte im Land häufen sich. Es gab Fälle von Angriffen auf Einwanderer, ihre Zelte wurden in Brand gesetzt. Im August 2015 griffen zwei Personen aus Eritrea zwei IKEA-Kunden in Västeras an (rund 100 Kilometer von Stockholm). Eine 55-jährige Schwedin und ihr 28-jähriger Sohn wurden mit Messern angegriffen. Rechtsextreme reagierten darauf mit Gewaltaktionen gegen Migranten. In Arboga wurde in zwei Containern nahe einem Flüchtlingsheim Brennflüssigkeit entdeckt. In Värnamo versuchten Unbekannte, in einer Flüchtlingsunterkunft für Kinder ein Feuer zu legen. Die Polizei verstärkte die Sicherheitsmaßnahmen in den Migrantenzentren.

Es liegt auf der Hand, dass unter den jetzigen Bedingungen die bisherigen Wege der Integration nicht funktionieren. Migranten anderer Nationalitäten und Religionen möchten sich nicht in Schweden verwandeln und wollen nicht auf ihre eigenen Traditionen verzichten. Um dieses Problem zu lösen, muss Schweden seine Migrationspolitik revidieren, selbst wenn die neuen Regeln hart und inhuman erscheinen. Der Versuch, Neutralität bei dieser Frage zu bewahren, kann dem Lande teuer zu stehen kommen.

*Die Meinung des Autors muss nicht mit der der Redaktion übereinstimmen.

sputniknews

 


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