Als alles vorüber war, als feststand, dass Eintracht Frankfurt am 19. Mai nach Berlin zum Pokalfinale reisen darf, begab sich die Mannschaft geschlossen in die Kurve und ließ sich von ihren Fans für fast 100 Minuten Fußball-Pokalfight feiern. Die Euphorie der mehreren tausend Mitgereisten donnerte auf die Spieler und die Offiziellen nieder, die schrien, tanzten und sich in den Armen lagen. Die Eintracht demonstrierte Eintracht. Doch einer fehlte. Der Chef stand mindestens 50 Meter entfernt in der Nähe des Mittelkreises und entzog sich der Sympathiebekundungen der Anhänger.
Man kann auch sagen: Mit ausreichendem Sicherheitsabstand genoss Niko Kovac still seinen Triumph nach einer Woche, die aus seiner Sicht alles andere als einfach gewesen sein dürfte. Nach Bekanntwerden und Verkünden seines Wechsels zum FC Bayern München im Sommer waren die Sympathiewerte des Eintracht-Trainers so rasant bis in den Keller gerutscht, wie es zuletzt wohl nur SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz in den Wochen vor der Bundestagswahl erlebt hatte.
Doch der vorübergehend in Ungnade gefallene Vater des Frankfurter Erfolges hätte sich ruhig trauen dürfen. Denn auch wenn die Gäste vom Main beim 1:0-Sieg in Gelsenkirchen alles andere als mitreißenden Fußball boten, hatten die Anhänger zumindest für den Moment auch ihren scheidenden Coach wieder lieb. "Wir haben heute gezeigt, dass wir noch immer eine Einheit sind", hatte der 46-jährige Fußballlehrer mit kroatischem Pass einleitend auf der Pressekonferenz gesagt. Und später dann: "Alles andere, was gesagt und geschrieben wurde, beeinflusst uns überhaupt nicht."
Tatsächlich hatte die intensive Diskussion rund um das vorzeitige Ende des bis 2019 gültigen Arbeitspapiers des Übungsleiters und dessen Engagement beim Branchenprimus die Wogen der Erregung hoch schlagen lassen. Das Frankfurter Kicker-Kollektiv aber zeigte sich beim so immens wichtigen Match auf Schalke unbeeindruckt. Es spielte das, was es in dieser Saison schon so oft - und oft erfolgreich - gespielt hatte: die Entfaltung des Gegners verhindern, in der Intensität dagegenhalten und auf den einen Fehler lauern. Insofern geriet die Begegnung zur Blaupause einer gesamten Saison.
n-tv
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