Raubbau in Südamerika: Goldminen sind das neue Kokain
Der illegale Goldabbau hier, in der kolumbianischen Pazifikregion im Departament Chocó, ist denkbar simpel. Großflächig werden Bäume gefällt, die Erde Dutzende Meter tief mit Baggern ausgeweidet, bis man auf goldführenden Schichten stößt. Das Gestein wird dann in Maschinen sortiert - und überschaubare Mengen Gold herausgeholt.
Auch in Brasilien nimmt der illegale Holzeinschlag zu, dort wächst der Flächenbedarf für Sojabohnen, da die Menschheit mehr Fleisch isst und daher der Tierfutterbedarf steigt. In Peru und Kolumbien ersetzt der illegale Goldabbau immer öfter den Koka-Anbau zur Kokaingewinnung.
Zwar ist der Goldpreis in den letzten Monaten gesunken, aber mit knapp 1100 Dollar je Feinunze immer noch auf hohem Niveau. Noch zu selten gibt es aus der Bevölkerung Kritik am Raubbau. Einige Gemeinden, die Kollwitz besucht, unterstützen den Goldabbau eher, als dass sie ihn bekämpfen, berichtet er. Die Industrie schafft Arbeitsplätze und sichert Einkommen.
"80 Prozent der Minen sind illegal"
"Wir werden hier gerne als Feinde des Fortschritts gesehen", resümiert Kollwitz. Es gibt kaum staatliche Präsenz, rechtsfreier Raum. Bei der Auswaschung des Goldes gelangt oft hochgiftiges Quecksilber in die Flüsse. Es bilden sich zudem in den Förderlöchern große stehende Gewässer, was die Malariaausbreitung nach Angaben der Bewohner stark erhöht hat. Der oberste Finanzaufseher des Landes, Edgardo Maya Villazón, betont: "80 Prozent der Minen sind illegal."
Für Gruppen wie die linke Farc-Guerilla ist das Goldgeschäft heute weniger riskant als die Produktion von Kokain. Maya Villazón schätzt den Umsatz der illegalen Minen in Kolumbien auf 2,5 Milliarden US-Dollar (umgerechnet etwa 2,3 Millionen Euro) im Jahr.
Rund 170 Quadratkilometer des Primärregenwaldes sollen allein 2014 in Kolumbien den Minen zum Opfer gefallen sein - mehr als die Hälfte der Fläche von Bremen. Und das, obwohl laut Regierung seit 2010 rund 8200 Personen festgenommen worden sind.
Aufruf zum "Krieg gegen die Minen"
Angesichts verheerender Umweltverschmutzung und des Raubbaus an der Natur ruft Präsident Juan Manuel Santos zum "Krieg gegen die Minen". Die Schattenwirtschaft des illegalen Goldabbaus ersetze den Drogenhandel als "eine der Hauptaktivitäten der organisierten Kriminalität und als Quelle zur Finanzierung des Terrorismus".
Das Militär ist mit mehr Personal im Einsatz, Minenbetreiber müssen bis zu 30 Jahre Haft fürchten. Zudem sind sechs neue Nationalparks geplant, die einer stärkeren Kontrolle unterliegen. Der Präsident setzt parallel darauf, dass er bis Ende März mit der noch über rund 8000 Kämpfer verfügenden Farc einen Friedensvertrag abschließen kann.
"Die Farc ist regelmäßig hier und sorgt für Ordnung", berichtet ein Bewohner des Ortes Playa Bonita, der sich am für seine Stromschnellen berüchtigten Rio Andagueda befindet. Der Fluss hat durch das Ausbaggern im Zuge der Goldförderung teilweise einen ganz neuen Verlauf bekommen. "Wir haben hier ständig Erdrutsche, und das Wasser ist verschmutzt", klagt eine Bewohnerin.
Ein anderer hat wenig übrig für die Kritik am Goldrausch, er ist mit einer Spitzhacke auf dem Weg zu einer Mine. "Wir dürfen nehmen, was die nicht brauchen." So kaufen sich die Betreiber, die oft auch aus der Region kommen, die Zustimmung der Gemeinden, in ihrem Land das Gold zu fördern. Sie überlassen einen Teil den Anwohnern, die mit einfachem Werkzeug ein bisschen Gold abzweigen, an guten Tagen machen sie über hundert Dollar.