Helmut Kohls Ego war schwer zu bändigen

  08 Juni 2018    Gelesen: 1281
Helmut Kohls Ego war schwer zu bändigen

Am 16. Juni jährt sich der Tod von Helmut Kohl zu ersten Mal. Ein Grund für den jüngeren Sohn des Ex-Kanzlers, Peter Kohl, seine Sicht der Dinge darzulegen. Er äußert sich über die Familienverhältnisse und die Politik seines Vaters.

Peter Kohl hat sich in den vergangenen Jahren zurückgehalten, über seinen Vater Helmut Kohl gab es keine Verlautbarung von ihm. Zuletzt hab es 2013 einen gemeinsamen Auftritt mit seinem Bruder Walter im ZDF, um für ein neuaufgelegtes Buch über ihre Mutter Hannelore zu werben. Nun meldet sich der jüngere Sohn des ehemaligen Bundeskanzlers zu Wort, um seine Sicht der Dinge zu erklären. Der Zeitpunkt ist sorgfältig gewählt, denn am 16. Juni jährt sich der Tod von Helmut Kohl zum ersten Mal.

Der 52-Jährige gab der "Zeit" ein längeres Interview. Es soll seinen Angaben zufolge das einzige bleiben. Auf Schwarz-Weiß-Fotos des Magazins der Wochenzeitung ist er kaum wiederzuerkennen. Peter Kohl hat stark abgenommen. Die ungesunde Lebensweise seines Vaters habe ihn zum Umdenken gezwungen, sagt er. Dessen Übergewicht sei auch Grund gewesen, dass er nach seinem schweren Sturz im Jahr 2008 ein Pflegefall geworden war. Er selbst treibe nun täglich Sport und habe seine Ernährung umgestellt, so Peter Kohl.

Wie sein älterer Bruder Walter, zu dem er ein sehr gutes Verhältnis hat, berichtet auch Peter Kohl über die komplizierten Familienverhältnisse nach dem Suizid seiner Mutter im Jahr 2001. Er habe sich gemeinsam mit seiner damals neunjährigen Tochter bereits 2011 von seinem Vater verabschiedet, so Peter Kohl. Helmut Kohl habe in Wohnzimmer seines Hauses in Ludwigshafen-Oggersheim im Rollstuhl gesessen. Nach fünf Minuten habe der Ex-Kanzler zu Sohn und Enkelin gesagt: "Jetzt müsst ihr aber gehen, sonst werde ich wieder von Maike gescholten." Gemeint war Helmut Kohls zweite Ehefrau Maike Kohl-Richter. Seit diesem Zeitpunkt habe zwischen dem Ex-Kanzler und seiner Familie praktisch Kontaktsperre bestanden.

Nachricht vom Tod des Vaters auf Bootsfahrt erhalten

Maike Kohl-Richter sei der Familie 2004 vorgestellt worden, so Kohl. Sie habe aber nichts über sich und ihre Familie erzählt. Er habe sie auch mehrmals eingeladen, so nach London oder Istanbul, der Heimat seiner Frau Elif. Sie habe darauf aber nur hinhaltend reagiert. "Später kam nichts mehr." Maike Kohl-Richter hat das immer bestritten.

Vom Tod seines Vaters habe er auf einer Bootsfahrt am Rheinfall bei Schaffhausen (Schweiz) erfahren, sagte Kohl der "Zeit". Eine Bekannte hätte ihn angerufen. Er sei aber nicht nach Oggersheim gefahren, weil sein Bruder nur mit größter Mühe ins Elternhaus gelangt war. Auch das Grab seines Vaters in Speyer hat er bislang noch nicht besucht. Er wolle "sich beim Trauern nicht von Videokameras überwachen lassen". Diese Überwachungsmethoden empfinde er als "übergriffig". Um den Todestag herum wolle er aber das Grab aufsuchen, zu einem günstigen Zeitpunkt, ohne Kameras.

Mutter Hannelore als wichtiges Regulativ

Peter Kohl äußert sich auch über seinen Vater als Politiker. Helmut Kohl sei ein Narzisst gewesen, dessen Ego kaum zu bändigen war. "Einen Narzissten in der Familie zu haben, erfordert von allen Beteiligten einen enormen Kraftaufwand." Nur seine Mutter sei ein wichtiges Regulativ gewesen. Hannelore Kohl habe ihrem Mann viele Dinge beigebracht, so im sozialen Umgang mit Menschen. "Meine Mutter zu heiraten war die erste und beste Personalentscheidung meines Vaters und der Ausgangspunkt einer bedeutenden Politikerkarriere."

Dass sein Vater 16 Jahre lang Bundeskanzler gewesen war, sieht sein jüngerer Sohn kritisch. Eine so lange Amtszeit sei "nicht gut für das Land". Er habe 1996 mit Helmut Kohl heftig darüber diskutiert, ob er 1998 noch einmal antreten sollte. "Mein Vater ließ sich davon nicht abbringen …" Peter Kohl, der nicht der CDU angehört, spricht sich für eine zweimal auf vier Jahre begrenzte Amtszeit für Bundeskanzler aus.

Unter Helmut Kohl wäre es allerdings nicht zum Aufstieg der AfD gekommen, ist sich Peter Kohl sicher. Er kritisiert Angela Merkel, die CDU weitgehend "sozialdemokratisiert" und damit Platz für die Rechten geschaffen zu haben. Unstrittig sei, dass Deutschland ein Einwanderungsgesetz brauche. Mit seinem Vater, der sich gegen die Vorstellung von Deutschland als Einwanderungsland sperrte, hätte er bei diesem Thema "über Kreuz gelegen".

Die Sache mit den Unterschriften

Peter Kohl spricht in dem "Zeit"-Interview noch ein brisantes Thema an: die Stasi-Akten seines Vaters. Ihm sei nach Helmut Kohls Tod die Akteneinsicht verweigert worden. Es gebe Verweis auf zwei Briefe, in denen der Altkanzler allen bis auf Maike Kohl-Richter das Recht zu Einsicht entziehe. "Ich habe beide Briefe akribisch mit anderen Schriftstücken verglichen, die ich von ihm aus den letzten Jahren habe", so Peter Kohl: "Und ich und der Rest der Familie bezweifeln, dass mein Vater diese Briefe unterzeichnet hat, geschweige denn, dass er den Inhalt dieser Briefe so wollte oder überhaupt kannte".

Das ist natürlich ein schwerwiegender Verdacht, den Peter Kohl äußert. Er will "das gerichtlich überprüfen lassen". Es gebe zudem Anhaltspunkte dafür, "dass auch weitere Dokumente, die von Helmut Kohl unterzeichnet sein sollen, nicht von ihm stammen".  Die Saga der Familie Kohl bleibt also spannend.

Quelle: n-tv.de


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