Sorge vor dem Ausverkauf

  02 Juli 2018    Gelesen: 1088
Sorge vor dem Ausverkauf

Weil die HSH Nordbank schrumpfen soll, könnten etwa 450 von der Bank finanzierte Schiffe ins Ausland verkauft werden, fürchtet der Verband Deutscher Reeder. Als Folge könnten deutsche Schiffszulieferer große Aufträge verlieren.

 

Die Reedereien in Deutschland sorgen sich weiter um die Zukunft der heimischen Schifffahrt. "Wir erwarten, dass allein im Zusammenhang mit dem Eigentümerwechsel bei der HSH Nordbank etwa 450 weitere Schiffe verkauft werden könnten", sagte Alfred Hartmann, Präsident des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), der Deutschen Presse-Agentur.


Finanzinvestoren aus den USA und Großbritannien hatten im Februar die HSH Nordbank gekauft, die Investoren wollen die Bank schlanker und rentabler machen. Sie will sich künftig unter anderem auf die Finanzierung von Infrastrukturprojekten konzentrieren, die Schiffsfinanzierung spielt nur noch eine geringe Rolle.

"Wenn diese Schiffe ins Ausland gehen, bedeutet das einen erheblichen Aderlass für den Schifffahrtsstandort Deutschland", sagte VDR-Chef Hartmann. Denn Käufer im Ausland würden weniger deutsche Zulieferungen im Schiffsbau nachfragen. Das könnte Arbeitsplätze in der deutschen Schiffbau-Zulieferindustrie bedrohen, in der etwa 70.000 Menschen arbeiten.

Das Problem ist nicht neu, verschärft sich aber nun: Deutsche Reeder haben in den Boomjahren der Schifffahrt bis zum Jahr 2008 zu viele Schiffe gekauft. Durch die Überkapazitäten am Markt und rückläufige Wachstumsraten im Welthandel verfielen die Fracht- und Charterraten und die Preise für den Schiffstransport. Reeder und Schiffsbanken verloren Milliarden. Schiffe wurden stillgelegt, verschrottet oder ins Ausland verkauft. Die deutsche Handelsflotte, die 2011 in der Spitze etwa 3800 Schiffe umfasste, schrumpfte bis Mitte 2017 auf 2700 Schiffe.

Gebrauchte Schiffe verstopfen den Markt

Auf der Käuferseite fanden sich Reedereien aus anderen Ländern, zum Beispiel Griechenland. Sie hatten sich in den Boomjahren der Schifffahrt zurückgehalten, auch weil sie sich die hohen Preise für neue Schiffe nicht leisten konnten. Nun kauften sie die billig zu erwerbende deutsche Tonnage zum Marktwert auf. Der konnte 50 oder sogar 70 Prozent unter dem Anschaffungswert liegen. Damit hatten die Konkurrenten sehr viel geringere Kapitalkosten als die deutschen Reeder und konnten sie unterbieten.

 

Die HSH Nordbank bestätigte den geplanten Verkauf von 450 Schiffen bisher nicht. Gegenwärtig habe die Bank noch Schiffskredite im Wert von fünf Milliarden Euro in den Büchern, bei abnehmender Tendenz. Das entspreche mehreren Hundert Schiffen. Die Bank war einmal der größte Schiffsfinanzierer weltweit und finanzierte mehr als 2000 Schiffe. Sie musste etwa zehn Milliarden Euro darauf abschreiben und trennte sich von einem Großteil des Portfolios. Auch andere einstmals große Schiffsbanken wie die Commerzbank und die Deutsche Bank haben sich aus dem Geschäft zurückgezogen.

Die deutsche Schifffahrt muss sich deshalb weiterentwickeln, sagt Verbandschef Hartmann. Die deutsche Schifffahrt habe die große Chance, neue Schiffsantriebe und Brennstofftechnologien zu entwickeln und weltweit zu verkaufen. Denn das Ziel sei es, bis 2050 die CO2-Emissionen der Branche zu halbieren.

spiegel


Tags:


Newsticker