In den ersten fünf Monaten des Jahres ist einem Medienbericht zufolge nur ein geringer Teil aller illegal in die Bundesrepublik eingereisten Menschen über die österreichisch-deutsche Grenze ins Land gekommen. 73 Prozent seien hingegen über andere Grenzen nach Deutschland gelangt, berichtet die "Rheinische Post" und beruft sich auf eine entsprechende Auflistung der Bundespolizei.
Insgesamt wurden demnach bis Ende Mai unerlaubte Einreisen von 18.024 Menschen festgestellt, auf den Grenzbereich zu Österreich entfielen lediglich 4935. Bundesinnenminister Horst Seehofer will an diesem Donnerstag beim österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz für den Unions-Kompromiss im Asylstreit werben. Insbesondere will er die Bereitschaft Wiens ausloten, über Österreich gekommene Migranten aus deutschen "Transitzentren" zurückzunehmen, die der eigentlich für das Asylverfahren zuständige Staat nicht aufnehmen will.
Laut der Statistik der Bundespolizei sind unter anderem 2039 Menschen über die Schweiz, 1905 über Tschechien und 1622 über Frankreich nach Deutschland eingereist, wie die "Rheinische Post" schreibt. An den Flughäfen habe die Bundespolizei 3747 entsprechende Anzeigen geschrieben. Der baden-württembergische CDU-Landesgruppenchef Andreas Jung forderte angesichts der langen Landgrenzen zu Frankreich und zur Schweiz ein Rücknahmeabkommen auch mit der Schweiz. "Horst Seehofer sollte deshalb nicht nur nach Wien reisen, sondern auch mit Bern sprechen", sagte der CDU-Politiker dem Blatt.
Auch der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer kündigte verstärkte Anstrengungen an, um Rückführungen von Flüchtlingen zu beschleunigen. Er lehnt für sein Land allerdings "Transitzentren" ab und will stattdessen die von der Bundesregierung geplanten Ankerzentren nutzen. "Ich setze sehr darauf, dass Personen, die in der Schleierfahndung an der deutsch-polnischen oder deutsch-tschechischen Grenze aufgegriffen werden, in die Ankerzentren kommen und dort die Verfahren massiv verkürzt werden", sagte der CDU-Politiker ebenfalls der "Rheinischen Post".
Kern erwartet keinen Kompromiss
Der österreichische Oppositionsführer Christian Kern sieht unterdessen nur wenige Chancen auf eine Einigung Deutschlands mit Österreich. "Ich sehe nicht, wie der deutsche Asylkompromiss die Grundlage bietet auf irgendetwas, was man umsetzen kann", sagte der Chef der sozialdemokratischen SPÖ dem Bayerischen Rundfunk. Kern sagte zu den angedachten "Transitzentren": "Ich sehe hier weder eine Rechtsgrundlage noch die praktische Durchführbarkeit. Es ist aus meiner Sicht selbstverständlich so, dass Österreich in dem Fall Flüchtlinge, die nicht erstregistriert wurden in unserem Land, auch nicht zurücknehmen wird."
Einen Kompromiss Österreichs mit Deutschland hält Kern für schwer vorstellbar. Zielführender sei eine gesamteuropäische Lösung, zumal es um "verschwindend geringe Flüchtlingszahlen" gehe. "Wir haben ja die Migrationszahlen nach Europa deutlich reduzieren können", sagte der ehemalige Bundeskanzler. Seehofers Kurs irritiere ihn. "Eine Landtagswahl in Bayern mag wichtig sein, aber hier Europa in eine Krise zu führen, dafür hat eigentlich niemand Verständnis."
Quelle: n-tv.de
Tags: