"Putin reibt sich die Hände"

  17 Juli 2018    Gelesen: 1315
"Putin reibt sich die Hände"

Von "Anbiederung" schreiben Kommentatoren und von einer "pro-russischen Linie" des US-Staatschefs. In den europäischen Zeitungen dominiert nach dem Gipfel der Präsidenten Trump und Putin Kopfschütteln. Es gebe "grundsätzliche Fragezeichen".

 

"Was Trump mit seiner eigenartigen Anbiederung an Putin bezweckt, bleibt ein Rätsel", kommentiert die Neue Zürcher Zeitung. "Sicher ist nur, dass sich der Kreml keinen besseren Akteur im Weißen Haus wünschen kann als ihn - einen Mann, der es in kürzester Zeit geschafft hat, das westliche Bündnis zu zerrütten und die einst so wichtigen Beziehungen mit Berlin, London und Paris toxisch zu machen, der aber auch die amerikanischen Institutionen untergräbtund zugleich naiv darüber hinwegsieht, wie Russland die USA auf dem nahöstlichen Schachbrett ausmanövriert." Könnte Trump im Gegenzug irgendeinen Gewinn vorweisen, ein greifbares Zugeständnis Moskaus, so ließe sich diese Strategie vielleicht noch halbwegs rechtfertigen, schreibt der Kommentator weiter. "Doch wie schon von seinem bombastischen Gipfeltreffen mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un in Singapur kehrt Trump auch aus Helsinki nur mit dem vagen Versprechen auf Fortschritte in der Zukunft zurück."

Der bisher als Paria geltende Putin sei "vom mächtigsten Mann der Welt in einen Sessel gehievt und zurückgebracht worden an die Spitze", schreibt die niederländische Zeitung De Telegraafüber den Gipfel. Der Kremlchef sei nun dort, wo er sein wollte: "Auf Augenhöhe mit Trump. Und Gleiche unter Gleichen machen sich keine Vorschriften." Donald Trump mache, ähnlich wie beim Gipfeltreffen mit Kim, wieder einmal deutlich, "dass er eine Vorliebe für sogenannte starke Führer hat". Im Fall Putins scheine Trump gar fast dem Kurs Moskaus zu folgen, heißt es weiter. "Putin reibt sich die Hände, denn die EU wird durch einen Handelskrieg geschwächt, und die Einheit der Nato wird durch den unberechenbaren amerikanischen Kurs bedroht."

"Es war eine Reise, auf der sich Donald Trump die deutsche Bundeskanzlerin zur Brust genommen hat, Theresa Mays Verhandlungsversuche für den Brexit schlechtmachte und die Queen in der Sonne warten ließ", schreibt die Londoner Times. "Es stand zu befürchten, dass er in die Gespräche mit Putin geht und im Ausgleich für russische Zugeständnisse bei der Ukraine den Abzug amerikanischer Truppen aus Europa anbietet." Aber vielleicht am beunruhigendsten sei die Weigerung des US-Präsidenten gewesen, sein eigenes Land zu verteidigen, als er gefragt wurde, ob er an eine russische Einmischung bei den amerikanischen Wahlen glaube. "Es ist schwer vorstellbar, dass auch nur einer seiner Amtsvorgänger eine derart pro-russische Linievertreten hätte." Alles in allem habe der Gipfel "einen schalen Beigeschmack hinterlassen, der dem Ziel Russlands dient, den Westen zu irritieren. Während Trump grob zu seinen offenkundigen Verbündeten in Europa war, verhielt er sich Putin gegenüber kriecherisch. Es ist klar, dass die Bündnisse, auf denen sich die Weltordnung gründet, in Gefahr sind."

Die spanische Zeitung El Mundo schreibt zum Gipfeltreffen der beiden Präsidenten: "Europa blickt mit Sorge auf die Früchte des ersten Treffens von Donald Trump und Wladimir Putin. Der Griff, mit dem beide Führer den Kontinent festhalten, ist zunehmend besorgniserregend." Von Russland sei nie viel zu erwarten, zumindest nicht seit Putin an die Macht kam, heißt es weiter. "Aber jetzt gilt das gleiche für die Vereinigten Staaten, die von einem Trump geführt werden, der einen Handelskrieg gegen die EU angezettelt hat und diese jedes Mal kritisiert, wenn er europäischen Boden betritt. Die Diplomatie verblasst vor der Realpolitik, die die beiden Führer praktizieren."

Schließlich kommentiert die liberale Zeitung Hospodarske noviny aus Tschechien: "Der direkte Dialog ist besser als Schweigen oder die Übermittlung von Nachrichten über die Medien. Doch angesichts der ihm beigemessenen Bedeutung erscheinen die Ergebnisse des Gipfeltreffens am Ende ein wenig mager." Trump und Putin hätten grundsätzlich übereingestimmt, dass sie versuchen werden, zusammenzuarbeiten und Vereinbarungen zu erreichen - zum Beispiel in der Frage einer möglichen nuklearen Abrüstung, bei der weiteren Entwicklung in Syrien und in der Ukraine sowie beim Kampf gegen den internationalen Terrorismus. "Eine konkrete Initiative haben sie indes nicht vorgestellt. Und selbst die allgemein formulierten Themenbereiche einer möglichen Zusammenarbeit sind mit grundsätzlichen Fragezeichen versehen."

Quelle: n-tv.de


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