Konflikt mit den USA

  24 Juli 2018    Gelesen: 833
Konflikt mit den USA

Der Konflikt zwischen den USA und Iran spitzt sich zu. Teheran droht mit einer Blockade der Ölexport-Routen am Persischen Golf. Wie realistisch sind die Warnungen der Islamischen Republik?

 

Die Botschaft von US-Präsident Donald Trump an den iranischen Präsidenten Hassan Rohani war deutlich: "Bedrohen Sie niemals wieder die USA, oder Sie werden Konsequenzen zu spüren bekommen, die nur wenige in der Geschichte jemals zu spüren bekommen haben." Das twitterte Trump als Antwort auf eine Rede Rohanis, in der Irans Präsident damit gedroht hatte, die Ölexport-Routen am Persischen Golf zu blockieren.


Nach dem einseitigen Ausstieg aus dem Atomabkommen im Mai werden die verbalen Drohungen zwischen Washington und Teheran schärfer. Der wirtschaftliche Druck auf Iran steigt. Ein erklärtes Ziel der USA ist es, die Ölexporte der Islamischen Republik bis Anfang November zum Erliegen zu bringen. Iran wiederum verfügt über ein geostrategisches Druckmittel: Die Meerenge zwischen Iran und der arabischen Halbinsel.

Die Straße von Hormus ist der US-Energieagentur EIA zufolge das weltweit wichtigste Nadelöhr für Öllieferungen. Im Jahr 2016 wurden täglich 18,5 Millionen Barrel (159 Liter) durch die Wasserstraße transportiert. Das ist ein Anstieg von neun Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 2015 wurden rund 30 Prozent des weltweiten Seehandels mit Öl und anderen Flüssigstoffen über die Meerenge abgewickelt.

Damit liegt die Verbindung zwischen Persischem Golf und dem Golf von Oman noch vor der Straße von Malakka in Südostasien, über die im gleichen Zeitraum täglich 16 Millionen Barrel transportiert wurden.

An der schmalsten Stelle ist die Straße von Hormus rund 54 Kilometer breit. Unter Berücksichtigung der Hoheitsgewässer beider Staaten ergibt sich ein schmaler schiffbarer Korridor. Die Schifffahrtswege sind daher in jede Richtung nur rund 3,7 Kilometer breit, getrennt von einer ebenso breiten Pufferzone. Die Route ist tief genug, dass die weltweit größten Tanker mit einer Tragfähigkeit von 500.000 Tonnen hindurchpassen.

Über die Straße von Hormus wird der EIA zufolge vor allem der asiatische Markt mit Öl versorgt. 80 Prozent der Lieferungen gehen demnach vor allem nach China, Japan, Indien, Südkorea und Singapur.

Pipelines sollen Nadelöhr umschiffen

Auch für Flüssiggaslieferungen ist das Nadelöhr von größter Bedeutung. Der Hauptexporteur, das Emirat Katar, exportierte 2016 rund 104 Milliarden Kubikmeter Flüssiggas über diesen Weg. Das sind mehr als 30 Prozent des weltweiten Handelsvolumens.

Nur Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate betreiben Pipelines, die die Straße von Hormus umgehen und Öl auch nach außerhalb des Persischen Golfs transportieren können. Sie verfügten Ende 2016 über eine geschätzte Kapazität von 6,6 Millionen Barrel pro Tag.

Beide Länder wollen ihre Kapazitäten ausbauen, um das geopolitische Nadelöhr zu umschiffen. Laut dem US-Informationsdienst Stratfor planen beispielsweise die Vereinigten Arabischen Emirate, bis Ende Juli rund die Hälfte ihrer Exporte über Pipelines zum Hafen Fudschaira am Golf von Oman abzuwickeln.

Weil die Wasserstraße zwischen Iran und der zum Oman gehörenden Halbinsel Musandam so eng ist, lässt sie sich mit relativ einfachen militärischen Mitteln kontrollieren. Sowohl die iranische Marine als auch die mit militärischen Aufgaben betrauten Revolutionsgarden wären im Falle einer direkten bewaffneten Auseinandersetzung den US-Streitkräften allerdings unterlegen.

Die in Bahrain stationierte 5. US-Flotte ist derzeit unter anderem mit dem Kriegsschiff Iwo Jima vor Ort. Ein US-Flugzeugträger ist derzeit nicht am Persischen Golf stationiert. Die Revolutionsgarden und die iranische Marine versuchen, die militärische Unterlegenheit durch den Einsatz von Schnellbooten zu kompensieren. Die Flotte aus Schnell- und Rennbooten ist mit chinesischen Raketen und Marschflugkörpern ausgerüstet und kann daher schnelle und präzise Schläge ausführen.

Drohung von Verminung würde Schiffsverkehr lahmlegen

Allerdings könnte es auch schon ausreichen, wenn Iran damit drohe, die Straße von Hormus beispielsweise durch Minenfelder zu sperren, sagt Steffen Bukold, Chef des Hamburger Energieinformationsdienstes Energycomment. Denn schon im Falle einer glaubhaften Drohung würden die Versicherungsunternehmen sich weigern, Deckungen für die Schiffe zu übernehmen. "Dann läuft nichts mehr."

Immer wieder führten iranische Soldaten bis Ende vergangenen Jahres kleine Nadelstiche gegen die USA aus. So näherten sich beispielsweise Schnellboote den patrouillierenden US-Kriegsschiffen an, oder es wurden Drohnen in die Nähe von landenden Flugzeugen geflogen. Allerdings sind die Vorfälle, die sich seit der Amtsübernahme von US-Präsident Trump etwa einmal monatlich ereigneten, der US-Navy zufolge seit Jahresbeginn ausgeblieben.

Auch früher schon kam es zu Begegnungen zwischen US- und iranischen Streitkräften. Mitte Januar 2016 waren beispielsweise zwei US-Patrouillenboote in iranische Gewässer eingedrungen, offenbar aufgrund eines defekten Navigationssystems. Iranische Truppen nahmen die zehn Soldaten fest. Einen Tag später wurden sie wieder freigelassen. Die Bilder, die sie kniend und mit hinter dem Kopf verschränkten Händen zeigten, wurden in Iran zu Propagandazwecken genutzt. In den USA waren vor allem republikanische Politiker erzürnt.

 

Ob es tatsächlich zu einer offenen Konfrontation kommt, ist Bukold zufolge ungewiss. Er hält eine tatsächliche militärische Auseinandersetzung für nicht vorstellbar. In der Vergangenheit habe Teheran immer vor einer großen Eskalation zurückgeschreckt. Diesmal könnte Iran aber durch die diffusen Androhungen von Sanktionen aus Washington stark unter Druck geraten. Immer mehr Handelspartner würden sich zurückziehen.

So habe der größte türkische Ölexporteur Tupras seine Importe aus Iran seit Mai zurückgefahren. Das sei überraschend angesichts der Ölmenge, die das Land aus Iran importiert. Waren es im April noch 240.000 Barrel pro Tag, wurden im Mai und Juni nur noch 130.000 Barrel täglich aus Iran eingeführt. "Die Iraner könnten tatsächlich Probleme bekommen, ihr Öl loszuwerden", sagt Bukold.

spiegel


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