Scholz bietet Griechenland drei Milliarden Euro – „Grotesk: Keine Bank würde das tun“

  29 Auqust 2018    Gelesen: 896
Scholz bietet Griechenland drei Milliarden Euro – „Grotesk: Keine Bank würde das tun“

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sichert laut Medien Griechenland zu, „Zinsgewinne“ aus den europäischen Rettungskrediten an Athen zurückzuerstatten. Etwa drei Milliarden Euro wären das. „Das ist völlig abwegig“, kritisiert AfD-Finanzexperte Peter Boehringer gegenüber Sputnik. „Griechenland sollte den Euro verlassen“.

Neu sei die Entwicklung nicht. „Das Ganze wird jetzt noch mal hochgeköchelt, weil Scholz nun selbst nochmal bekannt gegeben hat, dass Griechenland sogenannte Zinsgewinne des ESM erlassen wird“, erklärte Peter Boehringer, haushaltspolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, im Sputnik-Interview. Mit ESM wird der „Europäische Stabilitätsmechanismus“ abgekürzt. Umgangssprachlich wird er als „Euro-Rettungsschirm“ bezeichnet.

„Scholz hat in einer griechischen Tageszeitung gemeint, gegenüber Griechenland nochmals die Wohltaten verkünden zu müssen. Sowohl die Bild-Zeitung als auch der ‚Focus‘ haben dann gedacht, das sei was Neues. Ist es aber nicht.“ Seine Fraktion im Bundestag „hatte schon vor acht Wochen gegen die unsägliche Idee gestimmt, hier sogenannte Zinsgewinne zurückzuerstatten. Hier wird frisches deutsches Steuergeld den bereits verlorenen Griechenland-Krediten hinterhergeworfen.“ Aber das sei jetzt nun mal die Entscheidung der Bundesregierung.

Scholz: „Wollen nicht von Athens Krise profitieren“

Die deutsche Bundesregierung wolle nicht von der griechischen Krise profitieren, sagte Bundesfinanzminister Scholz in einem aktuellen Interview mit der Athener Tageszeitung „Ta Nea“. Denn es sei Zielvorgabe der Finanzminister der Eurozone, alle Gewinne der nationalen Zentralbanken aus den Finanzhilfen für Griechenland regelmäßig dem griechischen Staatshaushalt zurückzuführen. Er betonte, es handle sich um „ein Missverständnis“ in der griechischen Wahrnehmung. Berlin wolle „kein Nutznießer“ der griechischen Schuldenkrise sein. An die Adresse Athens richtete der SPD-Politiker folgende Worte: „Die Vereinbarungen müssen eingehalten werden.“ Das sei die Voraussetzung dafür, dass Investoren und Unternehmer weiter Vertrauen in die griechische Volkswirtschaft hätten und in dem Land Investitionen tätigen würden.

„Finanzminister Scholz will Zinserträge an Griechenland zurückzahlen“, titelte die „Bild“ am Montag. „Für die Bundesbank kamen nach Angaben der Bundesregierung bisher Zinserträge von rund 2,9 Milliarden Euro zusammen“, schreibt aktuell der „Tagesspiegel“. Dieses Geld wolle der Minister nun an die griechische Regierung auszahlen.

„Das stellt komplettes Kreditwesen in Frage“

„Das ist alles eine groteske Idee, hier Zinsgewinne zu erstatten“, so der AfD-Finanzpolitiker, der auch den Vorsitz des Haushaltsausschusses im Bundestag führt. „Es handelt sich einfach nur um Zins-Zahlungen auf milliardenhohe Kredite, die schon seit vielen Jahren – vom ESM und auch aus anderen Quellen – gezahlt worden sind an Griechenland.“ Bei jedem Kreditvertrag fallen Zinsen an, die dem Kreditgeber gehören. Das sei übliche Praxis der Marktwirtschaft.

„Dem steht außerdem ein gewaltiges Risiko gegenüber: Griechenland ist mit bis zu 300 Milliarden Euro in der Kreide. Bei den gleichen Kreditgebern. Jetzt rückwirkend den Preis für diese Risikoübernahme – und das sind eben die Zinsen – zurück erstatten lassen zu wollen, stellt das gesamte Kreditwesen in Frage. Wenn das eine private Bank machen würde, wäre sie innerhalb eines Jahres pleite.“

„Griechenland muss Euro verlassen“

„Nur Ideologen und Verweigerer der Marktwirtschaft würden überhaupt von ‚Zinsgewinn‘ sprechen – und Zinserlöse mit ‚Gewinn‘ gleichsetzen“, kritisiert Boehringer in einer aktuellen Pressemitteilung seiner Fraktion, die der Redaktion vorliegt. „Bereits die bisher von Griechenland erhobenen winzigen Zinssätze waren seit 2010 ein riesiges Geldgeschenk – es wurden gewaltige Ausfallrisiken griechischer Anleihen (…) praktisch zum Nulltarif übernommen.“

Der Finanzexperte betonte, dass trotz aller offiziellen Verlautbarungen die europäischen und deutschen Finanzhilfen für Griechenland nicht beendet seien. „In Wirklichkeit läuft hier gar nichts aus“, sagte er. „Diese Rettungskredite laufen noch Jahrzehnte. Und sie laufen jetzt meist zinsfrei. Und die wenigen Zinsen, die erwirtschaftet werden, sollen jetzt auch noch zurückerstattet werden. Das alles auf deutsche Kosten.“ Dabei sei das „Allerschlimmste, dass Griechenland nicht wirklich gerettet wird. Das Land ist heute doppelt so hoch verschuldet wie vor 2009/2010. Hier ist nichts in Ordnung. Die Jugendarbeitslosigkeit hat sich nicht gebessert. Griechenland kann innerhalb des Euro nicht gesunden.“ Daher fordere seine Partei bereits seit mehreren Jahren den Austritt Athens aus dem Euroraum.

Bisher fast 300 Milliarden Euro für Athen

Griechenland war das erste hochverschuldete Land, für das die europäischen Partner im Jahr 2010 ein Rettungspaket schnürten. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte dazu im Mai 2010 das sogenannte „Securities Market Programme“ (SMP) aufgelegt. 2012 wurde der ESM gegründet. Kurz darauf erfolgte für Hellas ein zweites Rettungspaket und der Schuldenschnitt. 2015 wurde sogar ein drittes Rettungspaket notwendig.

Deutschland gehörte bis 2012 zu den größten Aufkäufern der griechischen Staatsanleihen in der Eurozone. Bis Juli 2018 flossen laut Medieninformationen etwa 256 Milliarden Euro an finanziellen Hilfen aus dem Euroraum in die Athener Staatskassen.

Mitte August hatte Griechenland nach mehr als acht Jahren den sogenannten Euro-Rettungsschirm verlassen und kehrt nun an die internationalen Finanzmärkte zurück. „Jetzt endet das letzte Rettungsprogramm für Griechenland – nach mehr als acht Jahren Spar- und Reformpolitik“, berichtete damals die „Tagesschau“. Doch der griechischen Wirtschaft gehe es nun kaum besser.

sputniknews


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