Es ist schon beeindruckend, wenn sie in Madrid vor dem Anpfiff ihre Hymne intonieren und die Fans voller Emotion und Pathos mitschmettern: "Atleti, Atleti, Atlético de Madrid, jugando, ganando, peleas como el mejor, porque siempre la afición, se estremece con pasión." Atleti, Atleti, Atlético de Madrid, spielen und gewinnen, du kämpfst am besten, weil die Fangemeinde immer vor Leidenschaft erbebt.
Das hat enorm viel Kraft und hinterlässt beim Gegner Eindruck. Spiele beim zweiten Spitzenklub aus der spanischen Hauptstadt gehören zum Schwierigsten, was der europäische Fußball zu bieten hat. Das wissen die bei Real, Barca, Bayern München und nun auch in Dortmund. Von den 21 Heimspielen, die Atletico in den vergangenen Jahren in der Champions League absolviert hat, konnte das Team des argentinischen Trainers Diego Simeone sage und schreibe 17 zu null gestalten.
Das gelang auch dieses Mal, die Gastgeber schlugen Borussia Dortmund mit 2:0 (1:0) und zelebrierten dabei eine Lehrstunde in cleverem und durchdachten Fußball. Für den BVB war es im 16. Pflichtspiel unter Lucien Favre die erste Niederlage. Es war eine, die den Verein nicht in Depressionen stürzen wird, wie alle Beteiligten glaubhaft versicherten. "Es war die erste Niederlage, aber das Leben geht weiter", sagte Kapitän Marco Reus. Und Manndecker Manuel Akanji ergänzte: "Gegen Atletico kann das mal passieren."
"Damit können wir leben"
Sebastian Kehl, seit einigen Monaten Leiter der Lizenzspieler-Abteilung, fand es "ungewohnt, eine Niederlage zu erklären. Aber es war klar, dass sie irgendwann kommt. Und sie war verdient. Das ist nun wirklich kein Beinbruch, damit können wir leben." Auch Favre wirkte gelassen, als er eine viertel Stunde nach dem Abpfiff zur Pressekonferenz erschien: "Wir haben gegen eine sehr, sehr gute Mannschaft verloren. Atletico ist seit sieben, acht Jahren top in Europa. Wir haben versucht, das Spiel zu machen, aber dabei zu viele Fehler produziert. Zu viele Ballverluste."
Atleticos Trainer Diego Simeone hatte vor der zweiten Begegnung mit dem BVB das hohe Lied auf den Gegner aus der Bundesliga gesungen. Angesichts des 0:4 in Dortmund, der höchsten Niederlage unter seiner Ägide, sprach der Argentinier von einem Gegner, "der sich in fantastischer Form befindet. Sie gehören gerade zu den besten Mannschaften in Europa."
Simeone und seine Mitstreiter hatten offensichtlich die richtigen Lehren aus der Klatsche von Dortmund gezogen. Atletico agierte beim zweiten Aufeinandertreffen wesentlich kompakter und ließ dem Gegner kaum Platz zur Entfaltung. Die 90 Minuten wurden zum Anschauungsunterricht, wie man sich einen Gegner zurechtlegt und ihn dann eiskalt abserviert.
Vorfreude auf Spiel gegen Bayern
Atletico zeigte dem BVB, wie eine internationale Spitzenmannschaft effizient und abgekocht agiert. Die Spanier ließen ihren Gegner laufen, überließen ihm 68 Prozent Ballbesitz, um dann die Nadelstiche zu setzen, die richtig wehtun. 32 Prozent Ballbesitz reichten den cleveren Gastgebern aus, um 15 Torschüsse zu kreieren und nur vier Abschlüsse des Gegners zuzulassen. Für die Borussia war es eine Lehrstunde, wie man effizient und erfolgreich Fußball spielt. Nur vier Torschüsse, von denen nicht einer auf das Tor kam - für Borussia Dortmund ist das der schlechteste Wert, seit 2003 in der Champions League Daten erhoben werden. "Wir hatten den Ball in Bereichen, in denen es dir nicht hilft", analysierte Kehl sehr stimmig.
Die Bayern werden sich das genau anschauen und versuchen, die richtigen Schlüsse zu ziehen, wenn sie sich auf den Weg machen zum Bundesliga-Gipfel am Samstag im Revier: Dem Gegner den Ball überlassen, wenn er sich nicht in den gefährlichen Zonen befindet, die Räume verdichten und die defensiven Taktgeber Witsel und Delaney zustellen. So ist dem BVB mit seiner enormen offensiven Kraft beizukommen.
"Atletico hat die Räume sehr eng gemacht, das war sehr schwer für uns", sagte Reus: "Wir haben nur wenige Lösungen gefunden." Nun geht es darum, mit der ersten Saisonniederlage richtig umzugehen. In Madrid verweigerte sich Favre der Frage nach dem Spitzenspiel gegen die Bayern. Kehl sprach von einem "Lernprozess für die junge Mannschaft. Alles gut." Die Vorfreude auf den deutschen "Clasico" wollen sie sich im Revier durch den Rückschlag nicht nehmen lassen. "Heute ist Dienstag, da bleibt noch genügend Zeit, sich auf Samstag vorzubereiten", sagt Kehl: "Wir haben ein Heimspiel. Und es wird hitzig."
Quelle: n-tv.de
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