Im Kulturkampf ist Trump nicht zu schlagen

  08 November 2018    Gelesen: 592
Im Kulturkampf ist Trump nicht zu schlagen

Klar, die Demokraten haben das Repräsentantenhaus erobert. Aber ihre blaue Welle prallt an einer roten Wand ab. Niemand sollte damit rechnen, dass Präsident Trump in zwei Jahren abgewählt wird.

Ein gespaltener Kongress als Parlament für ein gespaltenes Land - das passt. Bei den Kongresswahlen in den USA können sich sowohl die Demokraten als auch US-Präsident Donald Trump und seine Republikaner als Sieger fühlen.

Die Republikaner haben den Senat verteidigt. Zwar war ihr Sieg in dieser Kammer wahrscheinlich, da vor allem demokratische Mandate zur Wahl standen (anders als das Repräsentantenhaus wird der Senat immer nur zu einem Drittel neu gewählt). Aber dass die Republikaner noch Senatoren dazugewinnen konnten, ist durchaus bemerkenswert.

Zugleich werden die Demokraten künftig das Repräsentantenhaus kontrollieren. Auch das ist ein beachtlicher Erfolg, zumal die Republikaner vor acht Jahren dafür gesorgt hatten, dass viele Stimmbezirke in ihrem Sinne zugeschnitten sind. Gerrymandering heißt dieses Verfahren, mit dem Parteien auf der Ebene der Bundesstaaten die Chancen ihrer Gegner beschneiden. Nach einer Serie von Wahlsiegen nutzten die Republikaner diese Macht 2010 in beispiellosem Ausmaß.

Ohne klaren Sieger ist die Botschaft dieser Wahl: Die "blaue Welle", auf die das liberale Amerika gehofft hatte, ist zur mageren Brandung geschrumpft. Je höher sie stieg, umso größer wurde auch die "rote Mauer" der Republikaner - Blau ist die Farbe der Demokraten, Rot die der Republikaner.

Der Grund dahinter ist seit langem bekannt: Politik in den USA ist zum Kulturkampf geworden. Früher galt die Regel "It's the economy, stupid": Läuft die Wirtschaft gut, werden Präsidenten und regierende Parteien bestätigt, läuft sie schlecht, werden sie abgewählt. Konventionelle Wahlkämpfer hätten an Trumps Stelle vor allem über die Wirtschaft gesprochen, denn da hat seine Regierung gute Zahlen vorzuweisen. Das hat zwar unter Barack Obama angefangen, ging seither aber unvermindert weiter.

Die "anderen Dinge"

Natürlich sprach der Präsident bei seinen Wahlkampfauftritten über die Wirtschaft. Allerdings klang es eher pflichtschuldig. Wie bei einem Auftritt in Huntington in West Virginia am vergangenen Freitag: "Alle sagen, 'sprich über die Wirtschaft, sprich über die Wirtschaft'. Nun, wir haben die großartigste Wirtschaft in der Geschichte unseres Landes. Aber manchmal ist es nicht so spannend, über die Wirtschaft zu sprechen, richtig? Denn es gibt viele andere Dinge, über die man reden kann."

Die "anderen Dinge" - das ist es, was für Trump und seine Wähler zählt: Migration, kriminelle Ausländer, die Mauer, die der Präsident bauen will, die "Karawane", die derzeit in Mexiko auf dem Weg in die USA ist. Es ist wie 2016: Trump ist erfolgreich, weil er Ängste mobilisiert.

Sein zweites Lieblingsthema im Wahlkampf waren die Vorwürfe gegen Brett Kavanaugh, den konservativen Juristen, den er zum Verfassungsrichter machte. Kavanaugh werden sexuelle Übergriffe vorgeworfen. Unabhängig davon, ob die Anschuldigungen stimmen, hofften die Demokraten, von dem Streit profitieren zu können. Doch was die Anhänger der Demokraten motiviert, treibt auch Republikaner zur Wahl. Der Streit um Kavanaugh verdeutlichte konservativen Wählern, dass Trump ihr Präsident ist. Er bringt konservative Richter an den Supreme Court und erfüllt so ein Wahlversprechen, das für einen großen Teil seiner Anhänger von entscheidender Bedeutung ist.

Kurzum: Solange Trumps Basis zu ihm hält, spielt es keine Rolle, dass eine Mehrheit der US-Bürger ihn nicht mag. Nach Zahlen der "New York Times" entschieden sich 50,8 Prozent bei der Wahl zum Repräsentantenhaus für demokratische Kandidaten, 47,4 Prozent wählten Republikaner. Trump dürfte mit diesem Ergebnis gut leben können: In den USA herrscht Mehrheitswahlrecht, um Präsident zu werden, braucht er die Mehrheit der Wahlmänner und -frauen, nicht die der abgegebenen Stimmen; sie hat er ja auch 2016 nicht erreicht. Ihm reicht es, wenn in den richtigen Bundesstaaten die richtigen Wähler zur Wahl gehen. Da demokratische Wähler mehrheitlich an den Küsten und in den Städten leben, sind die Republikaner auch ohne künstliches Gerrymandering im Vorteil.

Bislang haben die Demokraten kein Thema gefunden, mit dem sie dem Präsidenten gefährlich werden können. Im Repräsentantenhaus werden sie nun versuchen, Trump unter Druck zu setzen, etwa indem sie ihn zwingen, seine Steuererklärung vorzulegen, oder indem sie die Russland-Ermittlungen vorantreiben. Aber wird ihnen das nutzen? Schon bisher ging es im Kulturkampf der Demokraten vor allem um Trump. Auch damit lassen sich Wähler motivieren - aber eben auf beiden Seiten. Wer glaubt, der demokratische Sieg im Repräsentantenhaus sei ein Hinweis, dass die USA sich 2020 von Trump abwenden werden, der dürfte auf dem Holzweg sein. Im Kulturkampf ist Trump nicht zu schlagen.

Quelle: n-tv.de


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