Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther hat die Kandidaten für den CDU-Vorsitz davor gewarnt, in ihrem Wettbewerb zu stark auf Einwanderungsthemen wie den UN-Migrationspakt oder eine Abkehr vom Doppelpass zu setzen. "Ich glaube, dass andere Zukunftsherausforderungen für die Menschen eine größere Rolle spielen", sagte Günther. Der CDU-Politiker lehnte zudem die Forderung ab, auch in das Bürgerkriegsland Syrien abzuschieben. Eine klare Positionierung der Kontrahenten begrüßte er jedoch.
Friedrich Merz hatte zuvor im Rennen um den CDU-Vorsitz eine Debatte über das deutsche Asylrecht gefordert. Deutschland sei das einzige Land der Welt, das ein Individualrecht auf Asyl in der Verfassung stehen habe, sagte Merz während der dritten CDU-Regionalkonferenz am Vorabend im thüringischen Seebach bei Eisenach. Es müsse offen darüber geredet werden, ob dieses Asylgrundrecht bei einer europäischen Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik "in dieser Form fortbestehe" könne. "Wir müssen irgendwann einmal eine große öffentliche Debatte darüber führen, ob man einen gesetzlichen Vorbehalt ins Grundgesetz schreibt", so Merz.
Der frühere Unionsfraktionschef verlangte zudem eine Klarstellung, dass durch den geplanten UN-Migrationspakt keine neuen Asylgründe geschaffen werden. Das müsse in "geeigneter Weise klargestellt werden", sagte er und schlug dafür eine Protokollerklärung der Bundesregierung oder eine Entschließung des Bundestags vor. Zum Beispiel dürfe der Klimawandel nicht als politische Verfolgung und damit als Asylgrund gelten. "Das sind Dinge, die wir in Deutschland auch durch die Hintertür nicht akzeptieren können." Der umstrittene Pakt, gegen den sich in mehreren Ländern teils vehementer Widerstand regt, soll am 10. und 11. Dezember in Marokko angenommen werden.
Große Koalition will Bamf entlasten
CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer zeigte sich mit Blick auf den Streit um den Migrationspakt und die enthaltenen, unverbindlichen Grundsätze im Umgang mit Migranten selbstkritisch: "Wir müssen in Zukunft sehr viel besser spüren, was eine Frage werden kann, und wir müssen sehr viel früher beginnen, darüber auch zu diskutieren." Allerdings unterdrücke die CDU keine Diskussion darüber, sondern plane eine Debatte auf dem Parteitag. Sie werde dort für den Pakt streiten. Damit nahm sie das Argument von Bundesgesundheitsminister Jens Spahns auf, der die Debatte innerhalb der CDU maßgeblich angestoßen hatte: "Wenn wir nicht debattieren, überlassen wir das Feld den anderen", sagte er. Zuvor hatte der Gesundheitsminister mehr Mut zu Meinungsvielfalt gefordert und vor "politischer Überkorrektheit" gewarnt.
Auch andernorts ist das Asylrecht momentan Thema. Die Große Koalition will einem Bericht zufolge das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) durch eine vorübergehende Änderung des Asylrechts entlasten. Das teilte SPD-Innenexperte Burkhard Lischka dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) mit. Demnach soll die Frist zur routinemäßigen Überprüfung positiver Asylbescheide auf Wunsch des Bamf wohl von drei auf fünf Jahre verlängert werden - zumindest für jene Flüchtlinge, die 2015 und 2016 einen Asylantrag gestellt haben, als besonders viele Migranten nach Deutschland kamen. Dieselbe Forderung hatte auch schon die CSU-Politikerin Andrea Lindholz als Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestags erhoben.
"Die SPD ist bereit, eine befristete Regelung vorzunehmen", sagte Lischka dem RND. "Das gilt insbesondere für die Jahrgänge 2015 und 2016, als wir bis zu 890.000 Asylverfahren im Jahr hatten." Das Bamf solle die Gelegenheit bekommen, diese sogenannten Widerrufsverfahren sorgfältig und ohne Zeitdruck abzuarbeiten - auch um zu vermeiden, dass sie zulasten der Bearbeitung neuer Asylanträge gehen. "Wir wollen aber nicht, dass daraus eine Dauerlösung wird", sagte Lischka. Nach Gesprächen mit Innenminister Horst Seehofer werde dazu nun ein konkreter Formulierungsvorschlag seiner Behörde erwartet.
Bei den Überprüfungen geht es darum, ob die Voraussetzungen für einen positiven Asylbescheid noch gegeben sind - also vor allem, ob sich die Bedingungen im Herkunftsland geändert oder neue Erkenntnisse zur Identität des Flüchtlings ergeben haben. Letzteres gilt vor allem für Ausländer, die ohne Papiere gekommen waren.
Quelle: n-tv.de
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