AKK merkelt durchs Asowsche Meer

  03 Dezember 2018    Gelesen: 1496
AKK merkelt durchs Asowsche Meer

Bei Anne Will geht es um die ziemlich abgenutzte Frage, wie Deutschland sich gegenüber Putin verhalten sollte. Doch die außenpolitisch eher unerfahrene mögliche Merkel-Nachfolgerin Kramp-Karrenbauer sitzt im Studio, das macht es spannend.

Annegret Kramp-Karrenbauer musste bei den CDU-Regionalkonferenzen so ziemlich über jedes Thema diskutieren. Rente, Flüchtlinge, Digitalisierung - bei Anne Will kam am Sonntagabend noch das Asowsche Meer nahe der Krim hinzu. An der Meerenge von Kertsch, der Zufahrt zu dem Gewässer, rammte vergangene Woche ein russisches Schiff ein ukrainisches. Russische Soldaten nahmen anschließend dessen Besatzung gefangen. Für die Anne-Will-Redaktion der Anlass, mal wieder die ganz große Frage nach Wladimir Putin zu stellen. Wie soll Deutschland mit dem russischen Präsidenten umgehen? Dazu wurde zwar in den vergangenen zwanzig Jahren schon so ziemlich alles gesagt, aber noch nicht von jedem - und da kommt Kramp-Karrenbauer wieder ins Spiel.

Denn natürlich will man nun wissen, wie die möglicherweise kommende CDU-Vorsitzende und  Vielleicht-Kanzlerin sich in Sachen Außenpolitik schlägt. Gut so, denn was die Weltbühne angeht, hat die Saarländerin noch nicht allzu viel Profil. Bei ihrem Konkurrenten Friedrich Merz hatte es die Redaktion der Sendung genauso gemacht. Der Selfmade-Millionär musste sich bei seinem Anne-Will-Auftritt vor zwei Wochen zum sozialen Zusammenhalt im Land äußern. Für ihn ebenfalls kein Heimspiel. Nun also die Frage an AKK, wie sie es mit Putin zu halten gedenke. Ganz allein musste sie sich diesem inoffiziellen Examen nicht stellen. Auch Katharina Barley saß mit in der Runde. Sie soll im kommenden Jahr die SPD als Spitzenkandidatin in den Europawahlkampf führen. Auch die Justizministerin hat bislang nicht unbedingt durchblicken lassen, dass Außenpolitik ihre ganz große Leidenschaft ist.

Mit dem Rammstoß an der Meerenge von Kertsch stand Russland mal wieder ganz stark da. Man konnte sich gut vorstellen wie Putin sich im Kreml bestens unterhalten fühlte. Denn da gibt es ja auch noch diesen russischen Tanker, der ukrainischen Frachtschiffen den Weg versperrt. Der ankert ausgerechnet unter der neuen Brücke, die die Krim mit dem russischen Festland verbindet.  Städte wie Mariupol an der Küste des Asowschen Meer sind daher über den wichtigen Seeweg nicht mehr erreichbar. Obwohl der Zugang vertraglich geregelt ist. Muss Deutschland nun mehr Druck ausüben? Gar das Projekt Gaspipeline Nordstream 2 kippen? Über solche Fragen wollte Anne Will reden.

Kramp-Karrenbauer - ein Hitzkopf?

Man könnte die fachliche Seite mit wenigen Sätzen zusammenfassen. Etwa mit einer Äußerung des ebenfalls in der Runde sitzenden Politikwissenschaftlers Hernfried Münkler: Deutschland könne Russland zu nichts zwingen, wozu Russland nicht gezwungen werden will. Man müsse kühl analysieren, was gehe und was nicht. Den pragmatischen Ansatz Münklers konterte der Tagesspiegel-Korrespondent Christoph von Marschall mit flammenden Verweisen aufs Völkerrecht. Das habe Putin wiederholt gebrochen, da helfe nur noch Härte. Mehr Sanktionen und ja, der Ausstieg aus der Gaspipeline Nordstream 2. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch warb ganz in der Parteitradition um Verständnis für Russland und sprach sich gegen Sanktionen aus.

Also, Frau Kramp-Karrenbauer - Pragmatik oder völkerrechtlicher Idealismus? Die Frage Wills, wie die Bundesregierung denn nun auf den Zwischenfall am Asowschen Meer reagieren müsse, hatte die Noch-CDU-Generalsekretärin eigentlich längst beantwortet - in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Die EU müsse ihre Häfen für russische Schiffe aus dem Asowschen Meer sperren, solange die Ukrainer ihre Städte nicht über den Seeweg erreichen können, forderte sie nun auch in der ARD-Sendung. Womit Kramp-Karrenbauer bewiesen hatte, dass sie die hohe Kunst der Symbolpolitik auf außenpolitischem Felde beherrscht. Ihre Maßnahme sähe nach Härte aus, hätte aber wohl kaum Konsequenzen. Die Einschränkung, dass die Schiffe aus dem Asowschen Meer kommen müssen, ist einfach zu groß. Interessant war vielmehr, dass sich Kramp-Karrenbauer in diesem Punkt erkennbar von der Kanzlerin absetzte. Ex-Außenminister Sigmar Gabriel hatte die Saarländerin am Wochenende deswegen sogar einen "Hitzkopf" geschimpft.

Immerhin hatte die Bewerberin um den CDU-Vorsitz sich aber eine Antwort auf die Frage überlegt. Gabriels Parteifreundin Barley hatte das offenbar nicht getan. Sie sagte, man müsse den Vorfall erst einmal genau untersuchen. Das klingt zwar seriös, weil es für jeden Konflikt überall auf der Welt richtig ist. Mit dieser Wendung lässt sich aber auch einer Frage trefflich ausweichen. Die Russen sagen das eine, die Ukrainer das andere, lavierte sie. Nicht einmal auf Wills Frage, ob sie eher bei den Ex-SPD-Außenministern Gabriel und Steinmeier sei oder beim derzeitigen Amtsinhaber Heiko Maas, wusste sie eine klare Antwort. Die ehemaligen Chefdiplomaten hatten stets den Dialog mit Russland hochgehalten, Maas positioniert sich dagegen klarer gegen Moskau.

Kaum klare Worte bei Nordstream 2

Ins Lavieren geriet dagegen Kramp-Karrenbauer bei der Frage um Nordstream 2. Mehrfach musste Will nachhaken, um sie zu einer Antwort auf die Frage zu bewegen, ob Deutschland nun da raus müsse. AKK antwortete sinngemäß so: Das Verhalten Putins habe dazu geführt, dass nun die politische Seite des wirtschaftlichen Projekts stärker debattiert werde. Besser hätte Merkel auch nicht ausweichen können. Kramp-Karrenbauer machte deutlich, dass das Projekt zu weit fortgeschritten sei, um es noch zu kippen. Man könne aber noch über die Menge des Gases verhandeln, das letztlich durch die Pipeline hindurchfließen werde. Barley war hier klarer. Sie verwies darauf, dass Deutschland Gas benötige, weil man auf Atom- und Kohlenergie gleichzeitig verzichten wolle. Und Fracking-Gas aus den USA oder saudi-arabisches Flüssiggas seien keine besseren Alternativen. Auch wenn man die politische Unterstützung zurücknehme, werde die Pipeline dennoch gebaut. Denn diese sei privatwirtschaftlich organisiert.

Am Ende legte sich Kramp-Karrenbauer aber dann doch noch einmal fest. Will befragte sie nach der künftigen Zusammenarbeit mit Kanzlerin Merkel, falls sie deren Nachfolgerin als CDU-Vorsitzende werde. Merkel habe gesagt, sie sei bereit bis 2021 im Amt zu bleiben, sagte Kramp-Karrenbauer. Sie dringe nicht darauf, dass diese das Kanzleramt vorzeitig räume. Ob das auch für Merz gelte, fragte Will und bot der Kandidatin damit die Vorlage für einen Seitenhieb auf ihren Konkurrenten: "Ich habe bewiesen, dass ich vertrauensvoll mit Angela Merkel zusammenarbeiten kann, andere reden nur davon", sagte Kramp-Karrenbauer. Bewiesen hat sie mit ihrem Auftritt bei Anne Will aber auch, dass sie sich schnell in außenpolitische Themen wie das Asowsche Meer einarbeiten kann, zu Symbolpolitik bereit ist, aber nicht zu radikalen Schritten, etwa was die Gasversorgung angeht. Ein bisschen so wie Merkel eben.

Quelle: n-tv.de


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