Pfyn Die sowjetische Armee hat Sambo entwickelt, um die Nahkampfausbildung zu verbessern. Die Kampfsportart ist eine Kombination aus Techniken traditioneller Kampfkünste. Übersetzt bedeutet Sambo Selbstverteidigung ohne Waffen. Unter Stalin wurde die Sportart schliesslich zum Kampf- und Militärsambo weiterentwickelt. Übrigens: Der russische Präsident Vladimir Putin hat den Schwarzen Gürtel in Sambo.
Siegfried Sokolovskiy trägt Jeans, blaue Wildlederhalbschuhe, ein hellblaues Hemd und einen Blazer. Er blickt durch eine Brille und auf seinem Kopf spriesst kein einziges Haar. Er sitzt lässig auf dem Stuhl. Zurückgelehnt, die Finger ineinander verschränkt. Er sitzt im Büro seiner Firma Gyrfos Swiss Protection in Pfyn. An der Wand hinter seinem Schreibtisch hängen Messer. Sokolovskiy ist in Kasachstan aufgewachsen und sagt, er habe in seiner Jugend viel Gewalt gesehen. Gewalt nicht nur im Krieg unter Militärs sondern Gewalt an unschuldigen Zivilsten. Kasachstan ist islamisch geprägt. «Mit Religion hat das, was den Menschen angetan wird, aber nichts zu tun», sagt er. Kriminalität, Extremismus und Terrorismus seien das Problem. Er nimmt den Laptop und zeigt einen Film. Ein Mann schlägt seiner Frau mehrfach ins Gesicht. Eine Gruppe Männer schlagen eine Frau auf offener Strasse zu Boden. Junge Männer greifen einen Mann in einer Unterführung an. Es sind Szenen aus Deutschland. «Solche Gewalt ist aber auch in der Schweiz möglich», so Sokolovskiy. «Und die Schweizer Polizei, wie auch die deutsche, ist damit überfordert.» Für ihn hinkt die Ausbildung der Polizei hinterher. «Wir wissen nicht, wie die Menschen, die vom Ausland in die Schweiz kommen, ausgebildet sind», sagt er. Deshalb bietet Sokolovskiy mit seiner Firma Gyrfos kostenlos Kurse für Polizisten an, in welchen er ihnen Sambo beibringt. Aber nicht nur Polizisten, auch Zivilisten, Jugendliche und Kinder sollen mit Sambo ihr Selbstbewusstsein stärken und sich bei einem möglichen Angriff verteidigen können.
Sokolovskiy meint, die Schweizer Gesetze, welche die Polizisten daran hindert, radikaler gegen Angreifer vorzugehen, sei das Problem. «Die müssen sich zu viel gefallen lassen und dürfen sich nicht wehren», sagt er. Nach Polizeigesetz gibt es verschiedene Situationen, in welchen die Polizisten zur Waffe greifen. Wenn es Notwehr ist, für Notwehrhilfe, Objektschutz, bei der Befreiung von Geiseln, bei der Anhaltung einer Person, die gerade ein schweres Delikt begangen hat, oder bei der Anhaltung einer gefährlichen Person. Grundsätzlich haben Polizisten aber nach dem Verhältnismässigkeitsprinzip zu handeln.
Prävention in Selbstverteidigung
Früher, im Osten Kasachstans, erzählt Sokolovskiy, haben Ärzte nur Geld bekommen, wenn die Menschen gesund waren. Das heisst, wenn ein Mensch krank war, bekam der behandelnde Arzt für ihn keinen Lohn. Also sorgten sich die Ärzte darum, dass sich die Menschen gesund ernähren und bewegen, um möglichst gesund zu bleiben. Präventive Massnahmen wie diese wären laut Sokolovskiy nicht nur in der Medizin sinnvoll, sondern auch in der Selbstverteidigung. Ganz nach dem russischen Sprichwort: Bringe den Schlitten im Sommer in Ordnung. Menschen, die Sambo beherrschen, seien selbstbewusster, strahlen eine Sicherheit aus und können gefährliche Situationen besser einschätzen.
Opfer sollen sich wehren können
Auf die Idee, Kinder und Jugendlichen in Sambo auszubilden, ist Sokolovskiy gekommen, als er von der Vergewaltigung eines Zehnjährigen Jungens in einem Wiener Freibad gehört hat. «Zwar war der Junge Fussballer und kräftig, aber er kam in Panik und konnte in dieser Situation nicht richtig reagieren.» Für Sokolovskiy wäre die Lösung, dass Selbstverteidigung in Schweizer Schulen als Pflichtfach unterrichtet würde. «Ich bin auch bereit, das ehrenamtlich bei Gyrfos zu organisieren», sagt Sokolovskiy. Denn, wenn jemand zwanzig mal eine Übung gemacht hat, gehe das irgendwann wie von selber. Kommt derjenige dann in eine gefährliche Situation, läuft das Gelernte automatisch ab. «Der Mensch ist ein Bioroboter», sagt er.
Bisher noch kein Interesse
Mit der Polizei und der Schule hat er bereits Kontakt aufgenommen. Jedoch sei die Rückmeldung bis heute eher kläglich. Auch deshalb organisierte die Gyrfos Swiss Protection im November einen Tag der offenen Tür, um die Leute auf Sambo aufmerksam zu machen und zu zeigen, wie man sich vor der steigenden Gewalt sichern könnte. Zu Gast waren international renommierte Polizisten, Soldaten, Kampfsportler und Sicherheitsexperten.
Von Tamara Schäpper
Quelle: eurasischepresse
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