May muss nun in Europa Klinken putzen

  11 Dezember 2018    Gelesen: 1100
May muss nun in Europa Klinken putzen

Die britische Premierministerin May zieht die Reißleine: Sie sagt das Parlamentsvotum über ihren mit der EU ausgehandelten Brexit-Plan ab. Sie will nun nachverhandeln. Dafür muss sie ihre europäischen Kollegen aufsuchen - darunter auch Angela Merkel.

In der sich zuspitzenden Brexit-Krise will die britische Premierministerin Theresa May heute bei EU-Kollegen um Zugeständnisse werben. May trifft zunächst in Den Haag den niederländischen Regierungschef Mark Rutte und am Mittag in Berlin Bundeskanzlerin Angela Merkel. Am Montag hatte die Premierministerin in Erwartung einer sicheren Niederlage die für heute im Unterhaus geplante Abstimmung über das Brexit-Abkommen verschoben.

EU-Präsident Donald Tusk berief daraufhin einen Brexit-Gipfel für Donnerstag ein, der am Rande des regulären Gipfels der Staats- und Regierungschefs in Brüssel stattfinden soll. Es werde keine Nachverhandlungen zu dem Austrittsabkommen geben, stellte Tusk klar. Allerdings sei die EU bereit zu Gesprächen darüber, "wie die britische Ratifizierung erleichtert werden kann".

May will nun unter anderem in Berlin vorfühlen, auf welche Zugeständnisse sie hoffen kann. Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, Merkel werde May "auf Wunsch der britischen Seite" empfangen - eine eher ungewöhnliche Formulierung.

Im Parlament hatte May angekündigt, sie werde ihren EU-Kollegen die "deutlichen Bedenken" des britischen Unterhauses vortragen und "weitere Zusicherungen" aus Brüssel verlangen.

Änderungen bei der politischen Erklärung


Die Premierministerin steckt in der Zwickmühle. Auf der einen Seite haben die 27 übrigen EU-Staaten deutlich gemacht, dass sie das mühsam zwischen Brüssel und London ausgehandelte Austrittsabkommen nicht neu verhandeln wollen. Auf der anderen Seite fordern die britischen Abgeordneten Änderungen, insbesondere bei den Regelungen für die künftige Grenze zwischen Irland und Nordirland - dem sogenannten Backstop.

Der Europaexperte Anand Menon vom Londoner King's College sagte, beim Austrittsabkommen werde es vermutlich keine Änderungen geben - möglicherweise aber bei der politischen Erklärung zum Brexit. Dieses juristisch nicht bindende Dokument umreißt die künftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU. In der Erklärung könnten beide Seiten noch einmal ihre Überzeugung bekräftigen, dass die Backstop-Lösung nie zur Anwendung kommen müsse, sagte Menon.

"Man muss sehen, welche Zusicherungen Theresa May will", sagte ein EU-Diplomat. Die Frage sei, ob die Brexit-Hardliner mit einer "kosmetischen Formulierung" zufrieden seien.

Brexit mit oder ohne Austrittsvertrag

Die Verschiebung der Unterhaus-Abstimmung ist eine erneute Wende im Drama um den Brexit. Das politische Chaos in London sorgt bei den übrigen Europäern zunehmend für Fassungslosigkeit. "Ich kann dem nicht mehr folgen", schrieb der Brexit-Verhandlungsführer des Europaparlaments, Guy Verhofstadt, auf Twitter. "Nach zweijährigen Verhandlungen will die Tory-Regierung die Abstimmung verschieben." Es sei Zeit für eine Entscheidung.

Zumal das Zeitfenster für einen geregelten Brexit immer kleiner wird. Das britische Parlament wird zwischen dem 20. Dezember und 7. Januar nicht zusammenkommen. Da eine Abstimmung zum Austrittsabkommen zwischen dem Brexit-Gipfel und dem 20. Dezember unwahrscheinlich erscheint, dürfte das Votum im britischen Unterhaus nach jetzigem Stand erst im kommenden Jahr stattfinden. Großbritannien wird - ebenfalls nach derzeitigem Stand - am 29. März 2019 um 23.00 Uhr Londoner Zeit aus der EU austreten - mit oder ohne geregeltem Brexit-Abkommen.

Quelle: n-tv.de


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