Merkel-Modus: entspannt austeilen

  13 Dezember 2018    Gelesen: 795
Merkel-Modus: entspannt austeilen

Zum zweiten Mal stellt sich Angela Merkel im Bundestag eine Stunde lang den Fragen der Abgeordneten. Die Opposition attackiert die Kanzlerin scharf - und muss lernen, dass es schwer ist, das Polit-Urgestein aufs Glatteis zu führen.

In einem ersten Schritt kündigt Bundeskanzlerin Angela Merkel an, sich schrittweise aus der Politik zurückzuziehen. Bei ihren öffentlichen Auftritten danach wirkt sie zum Teil deutlich gelöst und schlagfertig - eine Seite, die sie in den vergangenen Jahren selten gezeigt hat. In einem zweiten Schritt löst sie ihre Wunschkandidatin, Annegret Kramp-Karrenbauer an der Spitze der CDU ab. Die Konsequenz? Merkel lockert sich weiter und demonstriert bei der Regierungsbefragung im Bundestag, dass es nicht so einfach ist, es mit ihr aufzunehmen. Offensichtlich findet sie Vergnügen daran, entspannt auszuteilen.

So versucht etwa der Linken-Abgeordnete Fabio De Masi die Kanzlerin argumentativ zu bedrängen. Er will wissen, warum das Projekt einer Finanztransaktionssteuer ins Stocken geraten sei. 98 Prozent aller Aktiengeschäfte liefen an einer solchen Steuer vorbei, argumentiert er. Merkel entgegnet, es sei nun einmal schwierig, überhaupt andere EU-Mitgliedstaaten davon zu überzeugen, sich mit einer solchen Steuer zu beschäftigen, es gebe dafür "keine Mehrheiten". De Masi reicht das nicht und er zitiert den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, der sagte, Deutschland müsse bei einer Finanztransaktionssteuer eben eine Führungsrolle übernehmen. "Wollen Sie in Europa führen oder verfahren Sie nach dem Motto von Konrad Adenauer: 'Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?'", versucht der Linken-Politiker Merkel zu stellen. Ihre trocken vorgetragene Antwort: "Also, Sie haben ja nicht mich zitiert, sondern Herrn Söder." Das Plenum ist amüsiert und Merkels Lächeln springt allmählich über auf De Masis Fraktionskollegen und danach letztlich auf ihn selbst. Sogar die AfD-Fraktion hat ihre Freude.

Dabei ist es überraschend, dass den Abgeordneten der Linkspartei überhaupt noch zum Lächeln zumute ist. Noch bevor Merkel nämlich auf De Masis Nachfrage eingeht, kritisiert sie die Fraktion scharf. Sie bezeichnet die uneingeschränkte Unterstützung der Linken für den teilweise gewaltsamen Protest der Gelbwesten in Frankreich als "skandalös", weil sie "kein Wort zu der Gewalt sagen, die dort auf den Straßen angewandt wird". Auch so deutliche, frontal vorgetragene Kritik hat bei Merkel einen gewissen Seltenheitswert.

n-tv


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