Turkmenen-Milizen und Rebellen rücken gegen IS-Positionen in Nord-Aleppo vor

  12 Januar 2016    Gelesen: 1336
Turkmenen-Milizen und Rebellen rücken gegen IS-Positionen in Nord-Aleppo vor
Eine Formation von drei syrischen Rebellen-Gruppen, darunter zahlreiche turkmenische Milizionäre, rückt erfolgreich gegen Positionen der Terrormiliz „Islamischer Staat“ in Nord-Aleppo entlang der Azez-Dscharablus-Linie vor. Sekundäres Ziel: Isolierung des syrischen PKK-Ablegers, PYD und dessen militärischer Arm YPG.
Die Milizen haben eine Großoffensive auf IS-Stellungen in Nord-Aleppo gestartet und dabei in der Nacht des vergangenen Sonntags nicht weniger als vier Dörfer von der Terrorgruppe zurückerobern können.

Ein aktuelles Video aus Nord-Aleppo:



Die umfangreiche Operation wurde Samstagnachts gestartet. Es nehmen fast 1200 oppositionelle Kämpfer an der Operation teil, die noch immer anläuft. Die Kämpfer werden zu Boden mit Artilleriefeuer der türkischen Armee unterstützt. Aus der Luft unterstützen US-amerikanische und türkische Kampfflugzeuge mit gezielten Luftschlägen die Rebellen.

An der Front aufseiten der moderaten Opposition fanden sich zuvorderst die bedeutende Turkmenen-Miliz Liwa al-Sultan Murat (zu Deutsch: Sultan Murat-Brigade), aber auch Faylak al-Scham (zu Deutsch: die Levante-Legion) und Dschabhat al-Scham (zu Deutsch: Levante-Front). Sie alle stehen der Freien Syrischen Armee nahe und vermochten es über das Wochenende hinweg, den IS von der syrisch-türkischen Grenze östlich der Stadt Azez zu vertreiben.

Quellen, die vor Ort operieren, zufolge habe die moderate Opposition die nordsyrischen Dörfer Karaköprü, Haraba, Kara Mezere und Kuzul einnehmen können.

Bei den Zusammenstößen kamen mindestens 60 IS-Terroristen ums Leben. Auf der anderen Seite starben eigenen Angaben zufolge zwei Rebellen und acht wurden verletzt.

Ein lokaler Rebellen-Kommandeur erklärte, dass das Rebellenbündnis beabsichtige, in den nächsten Tagen und Wochen bis zu 24 Dörfer, die alle in Richtung Dscharablus liegen, vom IS zu befreien. Das letzte Ziel ist es, die gesamte Azez-Dscharablus-Linie freizukämpfen.

Nach den Vorstößen des syrischen PKK-Ablegers, PYD/YPG, auf die mehrheitlich von sunnitischen Arabern und Turkmenen besiedelte Stadt Tell Abyad erklärte die türkische Regierung, dass sie zwischen Azez und Dscharablus eine Flugverbotszone einrichten wolle, um einerseits den selbsternannten „Islamischen Staat“ aus der türkischen Grenzregion zurückzudrängen und andererseits die lokale Bevölkerung – allein 400 000 Turkmenen leben in dieser Region – vor drohenden Übergriffen der YPG, die die Azez-Dscharablus-Linie zu ihren Einflussgebiet zählt, zu schützen. Bereits in Tell Abyad, so berichtete die Menschenrechtsorganisation Amnesty International, vertrieb die Kurden-Miliz nach der Zurückschlagung des IS weite Teile der multiethnisch geprägten Lokalbevölkerung. Für die Türkei ist ein Übertritt des in der Türkei verbotenen PKK-Ablegers westlich des Euphrats eine „rote Linie“.

Damit scheint nicht zuletzt Ankara auf die jüngste Eroberung des Tischrin-Damms entlang des Euphrats und der Einnahme von Positionen westlich des Flusses durch die sogenannten „Demokratischen Kräfte Syriens“ (SDF) zu reagieren, welche allerdings zu 85 Prozent von der PYD und ihrem militärischen Arm YPG dominiert werden.

Wiederholt warnte die Türkei, dass sie eine Verletzung ihrer roten Linie nicht dulden werde. In der Vergangenheit setzte Ankara seine rote Linie mit Artilleriebeschuss und Luftangriffen in der Region durch.

Ankara fürchtet zudem, dass sich die YPG, welche offiziell mit den USA verbündet ist, klandestin mit Moskau gegen die Türkei verbündet hat und bewusst türkische Interessen durchkreuzen will. Die YPG ist personell und ideologisch mit ihrer international als terroristisch gelisteten türkischen Schwesterorganisation PKK, oder „Kurdische Arbeiterpartei“, verbunden. Nach dem Abschuss des russischen Bombers im türkisch-syrischen Grenzgebiet am 24. November durch die türkische Luftwaffe haben sich die türkisch-russischen Beziehungen, die sich nach dem Kalten Krieg eigentlich hin zu einer gewissen „eurasischen“ Partnerschaft entwickelt hatten, drastisch verschlechtert. Seitdem scheinen sich beide Staaten in einem zunehmend ernster werdenden Stellvertreterkrieg in Syrien wiederzufinden.

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