Nach Angaben der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen verhungerten in Madaja seit dem 1. Dezember 28 Menschen. Am Montag gelangte erstmals ein Hilfskonvoi mit 44 Lastwagen voller Lebensmittel, Babynahrung, Decken und anderen Hilfsgütern in die Stadt nahe der libanesischen Grenze. Zugleich lieferten 21 Lastwagen Hilfsgüter in die beiden mehrheitlich schiitischen Dörfer Fua und Kafraja, die seit Monaten von Rebellen belagert werden.
Ein Vertreter des UN-Flüchtlingskommissariats, Sadschad Malik, sagte am Dienstag in einer Telefonkonferez von Damaskus aus, was er in Madaja gesehen habe, sei beispiellos. "Was wir gesehen haben, war schrecklich, es gab kein Leben. Alles war still." Die Lage sei "nicht vergleichbar (...) mit anderen Gegenden in Syrien". Kinder müssten Gras pflücken und hätten kaum etwas anderes zu essen als mit Gewürzen vermischtes Wasser. Malik sprach von "glaubhaften Berichten" über Hungertote.
Der syrische UN-Botschafter Baschar Dschaafari wies in New York die Berichte über Hungertote zurück und warf Rebellen in Madaja vor, Vorräte zu stehlen.
Spaniens UN-Botschafter Román Oyarzun Marchesi sagte, die Belagerung von Zivilisten mit dem Ziel, sie auszuhungern, sei ein Kriegsverbrechen. "Zivilisten aushungern ist eine unmenschliche Taktik, die vom Assad-Regime und seinen Verbündeten angewendet wird", hieß es auch in einer gemeinsamen Erklärung des britischen UN-Botschafters Matthew Rycroft und seines französischen Kollegen François Delattre. Sie forderten darin die sofortige Aufhebung aller Belagerungen. Nach UN-Angaben leben in Syrien fast 400.000 Zivilisten in 15 belagerten Städten und Ortschaften.
Die am Montag eingetroffene Hilfe für Madaja werde etwa einen Monat ausreichen, erklärten die Organisationen Care, Handicap International, Oxfam, Save the Children und World Vision. Die einmalige Erlaubnis reiche nicht aus, um gegen die massive Unterernährung vorzugehen.
Der außenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Omid Nouripour, forderte eine Versorgung aus der Luft. Die "Staaten, die gerade mit Fliegern über Syrien unterwegs sind - und dazu gehört die Bundesrepublik Deutschland" - sollten "prüfen, ob es möglich ist, Hilfe aus der Luft zu organisieren", sagte Nouripour im Deutschlandradio Kultur.
Die syrische Armee konnte derweil am Dienstag nach eigenen Angaben die Rebellen-Bastion Salma in der nordwestlichen Provinz Latakia zurückerobern. Mit Unterstützung einer regierungstreuen Miliz hätten die Armee-Einheiten die Ortschaft und die umliegenden Hügel "vollständig" unter ihre Kontrolle gebracht.
Nach Angaben der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte kam es zuvor zu schweren Kämpfen mit der Al-Nusra-Front und anderen islamistischen Aufständischen. Die Regierungstruppen seien dabei auch von der schiitischen Hisbollah-Miliz aus dem Libanon sowie von der russischen Luftwaffe unterstützt worden.
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