Nowitzkis unvergessliches Null-Punkte-Spiel

  05 Januar 2019    Gelesen: 1155
Nowitzkis unvergessliches Null-Punkte-Spiel

Bei den Heimspielen der Dallas Mavericks wird Dirk Nowitzki umjubelt. Auswärts hingegen gibt es kaum Applaus der Fans. Beim Auftritt in Boston ist das anders. Hier wird der Deutsche gefeiert. Eine Hommage an seine grandiose Karriere, die bald enden könnte.

Das Spiel zwischen den Boston Celtics und den Dallas Mavericks ist seit knapp zehn Minuten vorbei. In der Gästekabine huschen die Spieler Richtung Dusche, wenig später wieder zurück, dann rasch hinein in die Klamotten und ab Richtung Mannschaftsbus. Dirk Nowitzki lässt sich von all dem Trubel nicht anstecken. Er sitzt entspannt auf einer Massagebank, hat beide Füße in gelben Eiskübeln und starrt vor sich hin. Wer es nicht weiß, glaubt kaum, dass dies ein besonderer Abend für den Deutschen gewesen ist. Einer, den er "nie vergessen wird", wie er sagt.

Dabei gibt es für Nowitzki eigentlich keinen Grund, sein 1481. NBA-Vorrundenspiel in besonderer Erinnerung zu behalten. Dallas verlor 94:113. Es war im 20. Auswärtsspiel die 17. Niederlage. Nowitzki hatte zehn Würfe, nicht einer landete im Korb. Ein Abend zum vergessen also. Eigentlich. Doch manchmal lässt sich die Geschichte eines Spiels eben nicht anhand der nackten Zahlen erzählen. Denn Emotionen, Applaus, Standing Ovations tauchen auf den Statistikzetteln der NBA nicht auf. Doch dieser Abend des 4. Januar 2019 war eben einer voller solcher Menschlichkeit. Voller Herzlichkeit. Voller besonderer Momente. Und eben deshalb für Dirk Werner Nowitzki aus Würzburg so speziell.

"Es macht immer Spaß, hier zu spielen"

Als er in der letzten Minute des Auftaktviertels auf Höhe der Mittellinie steht und sich bereit macht, ins Spiel zu kommen, erheben sich die Zuschauer von ihren Plätzen. "For the Dallas Mavericks, Number Forty One, Dirk Nowitzki", sagt der Hallensprecher. Eine Ankündigung, die unnötig ist. Denn wer jetzt steht, der kennt den Mann mit der Rückennummer 41, der da unten am Spielfeldrand sein blaues Trikot zurechtzupft, seinen Mundschutz auf den Oberkiefer drückt und von Standing Ovations begleitet mit schlaksigen Schritten auf das helle Parkett schreitet. Nowitzki hält seine linke Hand hoch, grüßt ins Publikum, das wiederum mit noch lauterem Klatschen antwortet.

Es gebe Hallen, sagt Nowitzki, in denen er besonders gerne spiele. Der Madison Square Garden in New York sei eine solche. Oder das Staples Center in Los Angeles. Und eben der Bostoner TD Garden. Hier ist der NBA-Rekordmeister zu Hause. Hier hängen 17 grün-weiße Meisterschaftsbanner unter dem Hallendach. "Die ganze Basketball-Geschichte hier in Boston, die guten Mannschaften, die sie über die Jahre hatten. Das Interesse und Fachwissen der Fans - also das ist schon eine tolle Sportstadt und es macht immer Spaß, hier zu spielen", sagt er im Gespräch mit n-tv.

Was er nicht erwähnt: die Celtics sind sein Lieblingsgegner. Im Schnitt erzielte Nowitzki pro Partie 25,2 Punkte gegen Boston - so viele, wie gegen kein anderes Team. In 17 Auftritten bei den Celtics kam er auf 22,3 Zähler - in keiner Auswärtshalle war er erfolgreicher. Und obwohl der Bayer nur einmal im Jahr nach Boston kommt, hatten sie hier immer ein besonderes Verhältnis zu ihm. Denn mit seiner Statur und seinen etwas längeren, blonden Haaren erinnerte er viele Fans an Larry Bird, die Celtics-Legende der Achtziger.

Coach Carlisle genießt jeden Tag mit Nowitzki

Rick Carlisle hat damals mit Bird zusammengespielt. Es sei eine Ehre gewesen sagt er. Und es eine ebensolche Ehre, nun Dirk Nowitzki zu trainieren, so der Mavericks-Coach. Seit elf Jahren arbeitet Carlisle mit Nowitzki zusammen. Ob dies die letzte Saison des Deutschen sei, wird der Trainer gefragt? Er wisse es nicht. Aber er genieße es einfach, jeden Tag, Nowitzki um sich zu haben, schätze jeden Moment, so Carlisle.

Als die Partie zwei Minuten vor Schluss längst entschieden ist, schickt er noch einmal Nowitzki auf's Parkett. "We want Nowitzki", hatten die Fans zuvor skandiert. Ihre Forderung hatte zwei Gründe: auch wenn er erst im Sommer über seine Zukunft entscheiden wird, deutet vieles darauf hin, dass dieser 18. Auftritt wohl Nowitzkis letzter in Boston gewesen ist. Zum anderen brauchte Nowitzki nur zwei Zähler, um der erfolgreichste Punktesammler der Western Conference in Boston zu werden. 426 Zähler hatte er bislang, einen weniger als Kobe Bryant. Der spielte bekanntlich bei den Los Angels Lakers. Und die wiederum sind der Erzrivale der Celtics.

Celtics-Trainer hofft auf Nowitzki-Punkte

Doch so sehr die Bostonians Nowitzki auch anfeuerten, so sehr sie seine Würfe mit Grölen und Kreischen ins Netz verhelfen wollten, es klappte einfach nicht. Selbst Celtics-Trainer Brad Stevens hob auf der Pressekonferenz hervor, dass er sich "als Fan gefühlt und bei jedem Wurf nur 'geh' rein, geh' rein'" gedacht habe. Nowitzki konnte sich ob seiner Fahrkarten zwischendurch ein Lachen nicht verkneifen und probierte es eine Sekunde vor Schluss ein allerletztes Mal. Doch sein Dreier-Versuch sprang unter dem Stöhnen der Massen vom Brett zurück ins Feld. "Keine Ahnung, warum es nicht geklappt hat. Ich hatte eigentlich einen guten Rhythmus", meinte er anschließend umzingelt von rund 30 Reportern in der Kabine.

Trotz seiner Fehlwürfe überwog bei Nowitzki das Positive. Er sprach von "einer tollen Atmosphäre." Davon, dass es schön sei, zu wissen, wie sehr er in den Städten der Eastern Conference, in denen er eben nur einmal im Jahr spiele, "für meine Leistungen in den vergangenen 20 Jahren akzeptiert und respektiert" werde. Und dann sagte er etwas, das wiederum viel über diesen Abend in Boston aussagt. "Dieses Spiel werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Dass man in der gegnerischen Halle einen solchen Empfang bekommt, ist für mich eine tolle Sache gewesen und super emotional."

Quelle: n-tv.de


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