Mit einer Mindestvergütung für Auszubildende und einheitlichen Abschlüssen will Bundesbildungsministerin Anja Karliczek die Berufsausbildung in Deutschland stärken. Sie wolle das Jahr 2019 zum Jahr der Berufsbildung machen, sagte die SPD-Politikerin in Berlin. "Dieses Jahr läuten wir mit einer Novelle des Berufsbildungsgesetzes ein, dazu stimmen wir uns derzeit intensiv in der Bundesregierung ab." Eingeführt sollten damit unter anderem international gängige, einheitliche Bezeichnungen von Fortbildungsabschlüssen sowie eine Mindestvergütung für Azubis. Nach der laufenden Abstimmung zwischen den Ministerien soll der Gesetzentwurf vom Bundeskabinett auf den Weg gebracht werden. An dem Vorhaben gibt es Kritik.
Festgeschrieben werden soll per Gesetz eine Mindestvergütung für Auszubildende. Im ersten Lehrjahr sollen die Azubis mindestens 504 Euro erhalten. Bei der Bezahlung von Azubis gibt es große Branchenunterschiede. Laut Ausbildungsreport 2018 des Deutschen Gewerkschaftsbundes bekommen angehende Tischler 573 Euro im ersten Jahr, Friseure nur 406 Euro. Zum Beispiel Bankkaufleute schneiden weit besser ab - etwa im dritten Lehrjahr mit 1028 Euro.
Überforderung vieler Betriebe
Statt unzähliger Fortbildungsabschlüsse in der beruflichen Bildung vom Fachwirt über den Prozessmanager bis zum Servicetechniker soll es in der höher qualifizierenden Berufsbildung künftig einheitliche Abschlüsse geben: Berufsspezialist, Berufsbachelor und Berufsmaster. Etablierte Bezeichnungen wie der "Meister" sollen damit verbunden werden können. Zudem soll es mehr Flexibilität bei aufeinander aufbauenden Ausbildungsberufen geben. So sollen Azubis bei so einer gestuften Ausbildung unter anderem von einem Teil der Prüfung einer dreijährigen Ausbildung befreit werden, wenn diese auf einer bestandenen zweijährigen Ausbildung aufbaut. Mehr Möglichkeiten soll es zur Teilzeitausbildung geben.
Für die IG Metall ist die geplante 504-Euro-Untergrenze ein "Skandal". Laut Hans-Jürgen Urban vom IG-Metall-Vorstand droht Auszubildenden in nicht tarifgebundenen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie eine deutlich schlechtere Vergütung als bisher. Sie bekämen derzeit mindestens 800 Euro im ersten Ausbildungsjahr, sagte Urban. Nun drohe ein Rückfall auf 504 Euro.
Der Parlamentskreis Mittelstand der Unionsfraktion mahnte, die Vergütung sei Sache der Tarifpartner. "Diese wissen am besten, welche branchenspezifischen Besonderheiten und regionalen Unterschiede welche Vergütung wirtschaftlich möglich machen", sagte deren Chef Christian von Stetten. Der CDU-Abgeordnete warnte vor einer Überforderung vieler Betriebe in schwächeren Branchen und strukturschwachen Regionen. "Der im Gesetzentwurf enthaltene Vorschlag für eine Mindestausbildungsvergütung von 504 Euro, der sich an das Schüler-Bafög anlehnt, ist für einige Branchen bereits zu hoch", kritisierte von Stetten. Er forderte Übergangsfristen für Branchen, in denen die Sätze unter dem geplanten Wert liegen.
Risiko von zweistufiger Ausbildungen
Die IG-Metall-Vizechefin Christiane Benner bemängelte, dass die Praxisphasen des dualen Studiums nicht in den Geltungsbereich des Berufsbildungsgesetzes aufgenommen werden sollten. "Damit wird die längst fällige Gleichstellung der über 100.000 dual Studierenden mit den Auszubildenden in den Betrieben verhindert." Zudem erhöht sich mit dem Gesetz nach Ansicht der Gewerkschaft das Risiko für Jugendliche, dass Arbeitgeber zukünftig vermehrt auf zweistufige Ausbildungen setzen.
Nach zwei Jahren würde der erste Teil der Abschlussprüfung erfolgen, der Einstieg in die zweite Ausbildungsphase wäre für die jungen Menschen nicht mehr gesichert, warnte die IG Metall. "Es gäbe dann neben einer vollwertigen Berufsausbildung eine Ausbildung light", sagte Urban. Von Stetten forderte: "Wir müssen alles tun, um die Ausbildung attraktiver zu machen und mehr junge Menschen in Ausbildung zu bringen." Aber der Staat dürfe nicht alles vorschreiben und mit Bürokratie überziehen.
Quelle: n-tv.de
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