Jetzt geht es für die Bahn ums Geld

  31 Januar 2019    Gelesen: 1376
Jetzt geht es für die Bahn ums Geld

Noch im ersten Halbjahr fordert Verkehrsminister Scheuer sichtbare Verbesserungen bei der Bahn. Dazu gibt es nun das bereits dritte Spitzentreffen in diesem Jahr. Doch die Liste der Probleme ist lang und wird nur noch vom großen Finanzbedarf übertroffen.

Nach dem ersten Treffen waren die Verkehrspolitiker sichtlich unzufrieden. Beim zweiten Treffen legte der Bahnvorstand zumindest ein paar Vorschläge vor. Beim dritten Treffen soll es nun um die Strukturen der Deutschen Bahn gehen, aber auch um den Knackpunkt: die Finanzierung.

Der Konzern, der zu 100 Prozent im Besitz des Staates ist, kämpft mit vielen Problemen: von veralteter oder maroder Infrastruktur über die schlechte Pünktlichkeitsbilanz der Fernzüge bis zu hohen Schulden. n-tv.de gibt einen Überblick und zeigt bisherige Lösungsansätze auf.

Pünktlichkeit

2018 war jeder vierte Fernzug der Deutschen Bahn verspätet. Im Jahresdurchschnitt erreichten nach Angaben des Konzerns 74,9 Prozent der ICE-, IC- und EC-Züge ihre Ziele pünktlich - weit weniger als das zu Jahresanfang angepeilte Ziel von 82 Prozent. 2017 hatte die Pünktlichkeit bei 78,5 Prozent gelegen. Einziger Lichtblick: Im Dezember fuhren die Züge wieder pünktlicher als in den Monaten zuvor. Im Nahverkehr einschließlich der S-Bahnen lag die Pünktlichkeit bei 94,0 Prozent. Züge gelten bei der Bahn erst als verspätet, wenn sich Abfahrt oder Ankunft um mehr als sechs Minuten verzögert.

Als Gründe für die Verspätungen werden einerseits Störungen an Infrastruktur und Fahrzeugen genannt, die etwa durch Wetter oder Katastrophen ausgelöst werden können. Andererseits gibt es aber auch massive Engpässe angesichts steigender Fahrgastzahlen und beim Personal. So kommen laut einem Bericht der "Welt" Fernzüge häufig schon bei Betriebsbeginn zu spät aus dem Depot - was dann den gesamten Fahrplan durcheinanderbringt. Als Grund werden etwa Probleme bei der Einsatzplanung genannt, aber auch Mängel bei Wartung und Instandhaltung, wie Fehlfunktionen und sogenannte Wendeverspätungen. 3500 Fernzüge fielen im vergangenen Jahr ersatzlos aus, etwa wegen technischer Probleme oder blockierter Strecken.

2019 will die Bahn nun 22.000 neue Mitarbeiter einstellen, vor allem Lokführer, Fahrdienstleiter und Techniker. Das dürfte angesichts des derzeitigen Fachkräftemangels schwierig werden. Zudem sollen fünf Prozent mehr ICE-Züge - täglich mindestens 225 - einsatzbereit sein. Laut Minister Scheuer sollen auf stark befahrenen Strecken Engpässe durch ein besseres Management verringert werden. Züge sollen so schneller gewartet und Kunden besser über Verspätungen informiert werden.

Schienennetz und Züge

Heute betreibt der Konzern etwa 33.000 Kilometer Schienennetz. Allerdings wurde dieses jahrelang vernachlässigt. Es gebe einen enormen Nachholbedarf, kritisiert die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG. Dieser ist umso drängender, weil die Fahrgastzahlen in den letzten Jahren gestiegen sind. Schienenwege müssen deshalb ausgebaut und mehr Züge angeschafft werden.

Der Ausbau von Schienenwegen ist ein langfristiges Ziel. Das Schienennetz solle komplett digitalisiert werden, was bis 2040 rund 1,5 Milliarden Euro pro Jahr kosten werde, sagte Enak Ferlemann, der Beauftragte der Bundesregierung für den Schienenverkehr, der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Auch neue Züge können nicht auf einen Schlag gekauft werden. Laut einem internen Planungspapier, aus dem die "Welt" zitiert, will der Konzern 6,3 Milliarden Euro für den Kauf neuer Fernzüge sowie für die Modernisierung des ICE-1 und ICE-3 ausgeben. 890 Millionen Euro sollen demnach dafür ausgegeben werden, Züge und Schienenwege besser vor Störungen aufgrund von Stürmen oder Hochwasser zu schützen.

Schon länger wird auch eine Trennung des Verkehrsgeschäfts der Bahn vom Schienennetz diskutiert, das fordert etwa auch die EU-Kommission. Die SPD lehnt dies strikt ab: Eine Herauslösung des Schienennetzes und eine Privatisierung der Verkehrsunternehmen werde es mit der SPD nicht geben, sagt Fraktionsvize Sören Bartol.

Unternehmensstruktur

Für Passagiere weniger offensichtlich ist die Verwaltung der Bahn, die als veraltet und wenig flexibel gilt. So gibt es zum Beispiel sowohl einen Vorstand für den Gesamtkonzern als auch Vorstände in den einzelnen Sparten. Für den Fahrgastverband Pro Bahn ist das Unternehmen an vielen Stellen zu bürokratisch.

Doch auch Managementfehler werden dem Unternehmen vorgeworfen. Viel Kritik gibt es etwa dafür, dass lange bestehende Probleme ungenügend angegangen werden. "Aus meiner Sicht gibt es kein Erkenntnisproblem, sondern vielmehr ein Umsetzungsproblem", sagt Daniela Ludwig von der CSU. Abläufe müssten besser koordiniert und die Zuständigkeiten klarer gefasst werden. "Es ist leider allzu oft so, dass Vereinbarungen, die in Berlin auf politischer Ebene mit der Bahn abgestimmt werden, in der Fläche entweder nicht oder nur teilweise ankommen." Die SPD fordert grundlegende Änderungen. "Wir brauchen bei der Deutschen Bahn weniger Wasserkopf in den Zentralen und mehr Verantwortung bei den Beschäftigten vor Ort", sagt Fraktionsvize Bartol der Deutschen Presse-Agentur.

Finanzierung

Pläne gibt es viele für die Bahn, wie bestehende Probleme gelöst und die Schiene fit für die Zukunft gemacht werden können. Allerdings muss das auch bezahlt werden. Schon in der Vergangenheit schoss der Bund Milliardensummen zu, womit eigentlich alles gut sein sollte. Doch der Konzern ist nicht nur verschuldet (zuletzt mit etwa 20 Milliarden Euro), es gibt auch neue Forderungen: Die aktuellen Pläne von Bahnchef Richard Lutz sollen mit 10,5 Milliarden Euro zu Buche schlagen, die aber zum Teil schon im bestehenden Budget stehen sollen. Die EVG spricht von einem Investitionsstau von 57 Milliarden Euro. Derzeit zahlt der Bund 5 Milliarden Euro pro Jahr an sein Unternehmen.

Es gibt auch einige Ideen, wie Geld in die Kassen kommen kann. Der Bundesbeauftragte Ferlemann schlug jüngst teurere Bahntickets für ein besseres Schienennetz vor. Pro Bahn hält dies aus ökologischen Gründen für denkbar, sieht aber zunächst Straßen- und Luftverkehr in der Pflicht. Der stellvertretende Bahn-Aufsichtsratschef Alexander Kirchner von der EVG sagte dazu, dass teurere Tickets nicht wirklich weiterhelfen würden. Zuletzt wurden die Preise für den Fernverkehr Anfang Dezember erhöht.

Eine weitere Einnahmequelle wäre der Verkauf von Unternehmensteilen. Das schlägt etwa der Bundesrechnungshof vor. Im Gespräch sind etwa die Logistik-Tochter Schenker sowie das Auslandsgeschäft der Arriva. Problematisch wäre, dass damit auf Dauer die Erlöse der Konzerntöchter fehlen würden. "Was einmal verkauft ist, verdient für einen besseren Schienenverkehr in Deutschland kein Geld mehr", sagt SPD-Politiker Bartol. Auch der Bahnbeauftragte Ferlemann ist gegen einen Verkauf von Arriva.

Die Gewerkschaft EVG sieht derweil den Bund in der Pflicht: Für die Pläne zur Erhöhung der Fahrgast- und Frachtzahlen seien jedes Jahr mindestens 6 bis 8 Milliarden Euro nötig, die in das Netz investiert werden müssten, hieß es. Mehr Bundesmittel fordert auch das Verkehrsbündnis "Allianz pro Schiene". Geschäftsführer Dirk Flege sagte den RND-Zeitungen, im laufenden Bundeshaushalt würden die Investitionsmittel für die Schieneninfrastruktur leicht sinken, statt wie nötig deutlich zu steigen. Bartol zeigt sich offen dafür: "Die SPD ist bereit, zusätzliche Mittel aus dem Bundeshaushalt in den Erhalt, die Elektrifizierung und Digitalisierung der Schienenwege zu investieren", sagte er. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter fordert, die Bahn mit der Lkw-Maut querzufinanzieren. "Mit der Lkw-Maut und dem Abbau der Dieselsubventionen können Mittel direkt aus dem Verkehrssektor in die Bahn gelenkt werden", sagte er der "Saarbrücker Zeitung". Das Geld, in diesem Jahr etwa sieben Milliarden Euro, fließt bisher in den Straßenbau.

Die Linke will übrigens gleich einen Schlussstrich unter die Unternehmensreform der Bahn ziehen. "Die privatrechtliche, gewinnorientierte Organisationsform der Deutschen Bahn als Aktiengesellschaft ist gescheitert", sagte der Bundestagsabgeordnete Jan Korte. "Wer eine Bürgerbahn will, muss die Bahn verstaatlichen und zukünftig als öffentlich-rechtliches Unternehmen führen, das sich am Wohl der Allgemeinheit orientiert."

Auf dem dritten Bahngipfel in diesem Jahr dürfte das aber nicht zur Debatte stehen.

Quelle: n-tv.de


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