Die SPD hat ein Hartz-Trauma, soviel steht fest. Viele Wähler haben den Sozialdemokraten bis heute die Agenda 2010 nicht verziehen. Nach dem Motto „besser spät als nie“ will nun SPD-Chefin Andrea Nahles einen Befreiungsschlag wagen. Das kündigte sie nun in einem Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland an. Nahles glaubt anscheinend fest daran, eine Lösung für die Misere der Sozialdemokratie gefunden zu haben.
Das Vertrauen ist weg
Andrea Nahles gibt an, dass der deutsche Sozialstaat zwar eigentlich ganz gut funktioniere, dennoch habe es einen Vertrauensverlust in der Bevölkerung gegeben:
„Nicht unbedingt, weil die Leistungen schlecht gewesen wären, sondern weil die Kultur nicht gestimmt hat, in der diese Leistungen bewilligt worden sind. Dieses verlorengegangene Vertrauen will die SPD wieder herstellen.“
Deshalb habe sie ein Konzept für einen „Sozialstaat 2015“ ausgearbeitet, dass Mitte Februar im SPD-Vorstand beschlossen werden solle.
Hinter hohen Mauern…
Auf die Frage, was die wichtigsten Schlagworte in dem Konzept seien, nennt Nahles zunächst aber lediglich einige Worthülsen: „Solidarität, Zusammenhalt, Menschlichkeit“, es brauche einen neuen Ansatz für den deutschen Sozialstaat, der als leistungsgerecht und transparent empfunden werde. Nahles gibt zu, dass das Sozialsystem für die Betroffenen recht intransparent sei. Der Sozialstaat werde als Burg wahrgenommen, über dessen Mauern erst einmal geklettert werden müsse.
Dein Freund und Helfer?
Der Sozialstaat als Partner, nicht als Kontrolleur, das sei das Ziel der SPD. Dafür müsse es einen Kulturwandel geben, der vor allem auch unnötige Bürokratie abbaue:
„Wir müssen weg vom Prinzip der Zuständigkeiten und hin zu einer modernen Begleitung von Menschen. Das heißt, dass Betroffene sich künftig nur noch an eine einzige Stelle wenden müssen, wenn sie staatliche Leistungen benötigen.“
Eine neue „Superbehörde“ soll nach dem Willen der SPD-Chefin aber nicht entstehen. Hauptverantwortlich soll weiterhin die Arbeitsagentur sein, die als Ansprechpartner Betroffene informiere über die unterschiedlichen Angebote des Sozialstaates.
Und tschüss, Hartz IV…
Von Hartz IV, bzw. dem Arbeitslosengeld II will sich die SPD dabei endlich und endgültig verabschieden. Stattdessen wollen die Sozialdemokraten eine neue Grundsicherung einführen, die „Bürgergeld“ genannt werden soll. Konkrete Zahlen und Kosten nennt Nahles bisher aber noch nicht. Mit dem neuen Konzept solle aber eine alte Sichtweise korrigiert werden, welche die SPD vor 16 Jahren zu Zeiten von Massenarbeitslosigkeit eingenommen habe.
Als Bonus eine Waschmaschine…
Die Regelsätze der Grundsicherung sollen laut Nahles Plan generell nicht erhöht werden. Allerdings soll ein Bonussystem eingeführt werden, das zum Beispiel nach speziellem Bedarf fördere:
„Wenn plötzlich die Waschmaschine kaputt geht und gleichzeitig die alte Winterjacke aufgetragen ist, brauchen wir auch einmalige Hilfen. Bislang gibt es dafür Darlehen. Das Bürgergeld wird für diese Härtefälle eigene Regelungen vorsehen.“
Auch solle möglichst niemand seine Wohnung verlassen müssen, nur weil diese für die Grundsicherung zu groß sei. Für solch einen Fall will Nahles sinnvolle Regeln finden, ohne dass der Leistungsempfänger weniger Geld für den täglichen Bedarf habe.
Konzept-Killer GroKo?
Als nächsten Schritt wolle Nahles zusammen mit den Koalitionspartnern CDU und CSU ausloten, welche Vorschläge möglichst schnell von der Regierung umgesetzt werden könnten. Einige Themen seien mit der Union aber auch sicher nicht zu machen sein, dennoch wolle die SPD ihre Ideen weiter verfolgen und notfalls erst in eine neue Regierungskonstellation mit einbringen.
Alter Kanzler, neuer Kanzler…
Nahles will sich bei Ihren Plänen auch nicht von innerparteilichen Kritikern abbringen lassen. Damit spielt die SPD-Chefin vor allem auf die jüngste Kritik der ehemaligen Parteichefs Gerhard Schröder und Sigmar Gabriel an, die ihre Kompetenz als mögliche Kanzlerin in Frage gestellt hatten. Sie sei zu allem bereit, so Nahles:
„Aber sicher! Wenn ich mir eine Kanzlerkandidatur nicht zutrauen würde, hätte ich mich niemals um das Amt der SPD-Vorsitzenden beworben. Aber die Entscheidung darüber steht jetzt nicht an.“
Aktuell muss sich die SPD über einen eigenen Kanzlerkandidaten aber keine Gedanken machen, die Partei liegt in bundesweiten Umfragen zurzeit bei rund 15 Prozent. Ob sich die Sozialdemokraten mit ihrem Konzept zum „Sozialstaat 2025“ aus diesem Umfragetief befreien können, bleibt abzuwarten.
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