Russland stellt mehr Marschflugkörper auf

  10 Februar 2019    Gelesen: 725
  Russland stellt mehr Marschflugkörper auf

Russische Marschflugkörper vom Typ 9M729 waren der Grund dafür, dass die USA den INF-Abrüstungsvertrag aufkündigten. Nun wird bekannt: Das umstrittene Kriegsgerät soll so aufgestellt sein, dass es ganz Europa gefährlich werden könnte.

Russland hat seine umstrittenen Marschflugkörper vom Typ 9M729 (Nato-Codename: SSC-8) einem Zeitungsbericht zufolge an mehr Standorten aufgestellt als bisher bekannt. Wie die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" unter Berufung auf einen ranghohen westlichen Geheimdienstbeamten meldet, gibt es neben einem Ausbildungsbataillon auf dem südrussischen Testgelände Kapustin Jar und einem Bataillon in Kamyschlow östlich von Jekaterinburg noch zwei weitere Stationierungsorte: das nordossetische Mosdok sowie Schuja nahe Moskau.

Über den Standort in Schuja hatten die USA ihre Nato-Partner dem Bericht zufolge erstmals in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres informiert. Jedes der vier Bataillone verfügt laut der "FAS" über vier mobile Startfahrzeuge, die jeweils vier Raketen mit sich führen. Folglich besitze Russland mindestens 64 der neuen Marschflugkörper, die sowohl mit konventionellen als auch mit atomaren Sprengköpfen bestückt werden können.

Russland und die USA hatten in der vergangenen Woche den INF-Abrüstungsvertrag aufgekündigt. Das Abkommen verbietet landgestützte Raketen und Marschflugkörper mit einer Reichweite zwischen 500 und 5500 Kilometern, die Atomsprengköpfe tragen können.

Waffensysteme dieser Art spielen in den strategischen Überlegungen auf beiden Seiten eine große Rolle, da sie die mögliche Vorwarnzeit im Fall eines nuklearen Angriffs aufgrund der vergleichsweise kurzen Flugdauer und der ständigen Einsatzbereitschaft rapide verkürzen. Kritische Beobachter befürchten, dass durch die Aufstellung solcher Mittelstreckenwaffen nicht nur das "Gleichgewicht des Schreckens" aus der jahrzehntealten Balance kippt, sondern auch, dass dadurch die Gefahr von Missverständnissen und Fehlalarmen mit verheerenden nuklearen Folgen ansteigt.

Die USA und die Nato werfen Russland vor, mit dem neuen Marschflugkörper vom Typ SSC-8/9M729 gegen das Abkommen zu verstoßen. Moskau bestreitet dies. Russische Militärs verwiesen unter anderem darauf, dass die Reichweite dieser Geschosse das vertraglich bedeutsame Limit von 500 Kilometern nicht übersteige.

Höhere Reichweite als angegeben?


Wie die "FAS" berichtete, dürfte die Reichweite des Marschflugkörpers mit Atomsprengkopf tatsächlich jedoch 2350 Kilometer betragen. Mit einem konventionellen 500 Kilogramm schweren Sprengkopf sind es demnach nur 2000 Kilometer. Nach Angaben aus Moskau kommt der Marschflugkörper dagegen nur auf eine Reichweite von 480 Kilometern.

Welche Ziele in der neuen russischen Schlagdistanz liegen, hängt naturgemäß auch vom Stationierungsort der Startbatterien ab: Bei der derzeitigen Aufstellung liegen dem Bericht zufolge das östliche und nördliche Europa sowie Mitteleuropa einschließlich Deutschlands innerhalb der Reichweite des Systems. Im Krisenfall könnten die Startfahrzeuge jedoch rasch nach Westen verlegt werden, hieß es. In diesem Fall könnte dann theoretisch das gesamte Gebiet Europas mit Ausnahme Portugals bedroht werden.

Der INF-Vertrag war 1987 vom damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan und dem sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow unterzeichnet worden. Die USA und Russland beschuldigen sich gegenseitig, gegen den Abrüstungsvertrag aus den Zeiten des Kalten Krieges zu verstoßen. Experten sehen in der Aufkündigung des Abkommens ein mögliches Startsignal für ein neues Wettrüsten.

Quelle: n-tv.de


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