Bei einem "Werkstattgespräch" zu Reformvorschlägen für die deutsche und europäische Migrationspolitik diskutiert die CDU mit Praktikern und Wissenschaftlern. In einer Diskussionrunde trat der Vordenker des Flüchtlingspakts mit der Türkei, Migrationsforscher Gerald Knaus, für einen "moralischen Realismus" beim Umgang mit Migranten und Flüchtlingen ein.
Knaus schlug vor, Deutschland solle mit anderen europäischen Ländern Aufnahmelager am Mittelmeer einrichten und Migranten von dort nach schnellen Asylverfahren in ihre Herkunftsländer zurückschicken. Im Gegenzug könnten ihnen begrenzte Kontingente für die legale Einwanderung nach Europa in Aussicht gestellt werden.
Der Bonner Rechtswissenschaftler Christian Hillgruber verlangte mehr "Handlungsfreiheit" in der Migrationspolitik. Er kritisierte, dass Flüchtlinge nach mehreren Jahren in Deutschland Rechte erwerben, die ihnen einen dauerhafteren Aufenthalt ermöglichten. Der Chef des Bundesamts für Migration (Bamf), Hans-Eckhard Sommer, meldete sich aus dem Publikum zu Wort und regte an, die rechtlich starke Stellung von Bürgerkriegsflüchtlingen in Europa zu überdenken.
Der Politikwissenschaftler Egbert Jahn von der Universität Frankfurt plädierte für einen "Abbau von Illusionen". Die Ursachen von Migration ließen sich nicht leicht beseitigen. "Wir werden eine Zunahme von Flucht in den nächsten Jahrzehnten haben."
Der Rechtswissenschaftler Daniel Thym von der Universität Konstanz erklärte: "2015 hatten wir, das muss man wohl anerkennen, einen teilweisen Kontrollverlust." In einer verunsicherten Gesellschaft suchten die Menschen einfache Antworten. Allerdings sei inzwischen viel erreicht worden, auch auf EU-Ebene.
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz von der CDU, die die Arbeitsgruppe "Integration vor Ort" mit dem Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen leitet, sprach sich für eine Überprüfung der Zielgenauigkeit der Integrationskurse aus. "Wir müssen die Teilnahme steigern, insbesondere bei den Gruppen, die wir bislang schlecht erreichen. Und das sind Frauen mit Kindern", sagte sie. Teilweise lahme bei den Betroffenen das Integrationsinteresse.
Die CDU will zum Abschluss des "Werkstattgesprächs" Handlungsempfehlungen für das Parlament und die Bundesregierung abgeben. Kanzlerin Angela Merkel ist bei dem "Werkstattgespräch" nicht dabei. Das soll eine offene Diskussion ermöglichen.
CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann von der CSU hatten am Sonntagabend zum Auftakt des zweitägigen "Werkstattgesprächs" deutlich gemacht, dass sie die Migrationspolitik im Schulterschluss reformieren wollen. Beide setzten dabei unterschiedliche Schwerpunkte. Während Kramp-Karrenbauer davor warnte, mit nationalen Maßnahmen die europäische Einheit zu gefährden, forderte Herrmann eine bessere Kontrolle des Zuzugs nach Deutschland.
spiegel
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