Fünf Minister fordern Rauswurf einer Kollegin

  25 Februar 2019    Gelesen: 538
Fünf Minister fordern Rauswurf einer Kollegin

Am Dienstag will Premierministerin May das Unterhaus über den neuen Stand der Dinge beim Brexit informieren. Ihr Problem: Es wird voraussichtlich keinen neuen Stand geben. Das Parlament könnte May dann zwingen, den Brexit zu verschieben.

Im britischen Kabinett ist ein Streit über den Vorstoß einiger Minister ausgebrochen, den Brexit zu verschieben. Fünf Kollegen hätten den Rauswurf von Arbeitsministerin Amber Rudd verlangt, berichtet die "Sunday Times". Rudd gehört zu einer Gruppe von drei Ministern, die einen Aufschub des Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union fordern.

Nach aktuellem Stand wird der Brexit am 29. März rechtskräftig. Da das Unterhaus dem zwischen der britischen Regierung und der EU ausgehandelten Austrittsvertrag bislang nicht zugestimmt hat, droht ein "No-Deal-Brexit" mit potentiell chaotischen Folgen.

Rudd, Wirtschaftsminister Greg Clark und Justizminister David Gauke hatten in einem Gastbeitrag für die "Daily Mail" geschrieben, wenn es in den nächsten Tagen keinen "Durchbruch" im Parlament gebe, müsse das Land sich zwischen einem gefährlichen Brexit ohne Vertrag und einer Verschiebung des Austritts entscheiden.

Der Gastbeitrag richtet sich ausdrücklich gegen die "European Research Group", kurz ERG, eine ungefähr 40-köpfige Gruppe von Tory-Abgeordneten, die einen Brexit um jeden Preis fordern. Indirekt drohen Rudd, Clark und Gauke damit, dass sie die Geschlossenheit der Fraktion aufgeben werden, um eine überparteiliche Mehrheit zu unterstützen. "Es ist an der Zeit, dass viele unserer konservativen Parlamentskollegen in der ERG zur Kenntnis nehmen, dass das Parlament einen katastrophalen No-Deal-Brexit am 29. März stoppen wird. Wenn das passiert, werden sie selbst und niemand sonst dafür verantwortlich sein, dass der Brexit verschoben wird."

Aus Sicht der fünf Minister ist Rudd die "Rädelsführerin" einer parteiübergreifenden Kampagne, die den Brexit stoppen will, so die "Sunday Times". Dabei sei es ihr nur um ihre eigenen Ambitionen auf den Job der Premierministerin gegangen. Namentlich genannt werden die fünf Personen in dem Artikel nicht.

Am Mittwoch entscheidet das Unterhaus, wie es weitergeht

Bislang gibt es im Unterhaus so gut wie keine parteiübergreifende Zusammenarbeit bei den Brexit-Vorbereitungen. Für den von ihr ausgehandelten Austrittsvertrag hat May daher auch nicht die Unterstützung von Labour-Abgeordneten bekommen. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse ist die Verabschiedung eines Brexit-Deals ohne Labour-Stimmen jedoch so gut wie aussichtslos.

In der vergangenen Woche hatte der innerbritische Streit um den Brexit dazu geführt, dass sich eine neue Fraktion im Unterhaus bildete. Am Montag verließen sieben Labour-Abgeordnete ihre Partei. Als Grund nannten sie den Umgang von Labour-Chef Jeremy Corbyn mit parteiinternem Antisemitismus sowie mit dem Brexit. Am Dienstag schloss sich ihnen eine weitere Labour-Politikerin an, am Mittwoch folgten drei Tory-Abgeordnete.

May will das Parlament am Dienstag erneut über den Stand der Dinge informieren. Allerdings ist bislang nicht erkennbar, was sich seit der Abstimmung Mitte Januar verändert haben sollte. Damals hatte das Unterhaus May eine historische Niederlagebeigebracht: Für den Austrittsvertrag stimmten nur 202 Abgeordnete, mehr als doppelt so viele votierten dagegen.

Wahrscheinlich am Mittwoch entscheidet das Unterhaus, ob ein Austritt ohne Deal auch gegen den Willen der Premierministerin verhindert werden kann. Die Initiatoren um die Labour-Abgeordnete Yvette Cooper und den Konservativen Oliver Letwin wollen May per Gesetz zwingen, die EU um Aufschub des Brexits zu bitten, wenn es bis zum 13. März keinen Vertrag gibt. Der "Sunday Times" zufolge sind 100 Tory-Abgeordnete bereit, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen, darunter Arbeitsministerin Rudd. Wenn auch alle Labour-Abgeordneten zustimmen, wäre die Mehrheit sicher.

"Hotel-California-Brexit"

May hat sich bisher geweigert, den Brexit aufzuschieben oder einen No-Deal-Brexit auszuschließen. Sie werde sich nicht gegen das Ergebnis des Referendums von 2016 stellen, sagte die Premierministerin am Samstag in einer Rede in Oxford. Ihr für Nordirland zuständiger Minister John Penrose warnte, einen No-Deal-Brexit auszuschließen würde Großbritannien in eine schwächere Verhandlungsposition mit Brüssel bringen.

May will vor allem die Bedingungen des "Backstop" nachverhandeln. Diese Regelung soll sicherstellen, dass es auch nach dem Brexit keine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland gibt. Kritiker unter den britischen Konservativen fürchten allerdings, dass der Backstop dafür sorgt, dass Großbritannien dauerhaft in einer Zollunion mit der EU gefangen sein wird. "Das könnte den Brexit vollständig torpedieren", sagte Penrose dem "Sunday Telegraph". Am Ende könne Großbritannien sich in einem "Hotel-California-Brexit" wiederfinden, "wo wir auschecken, aber nicht abreisen können". In dem Song der Eagles heißt es: "You can check out any time you like, but you can never leave."

May war zuletzt am Mittwoch in Brüssel und traf sich mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Sie sprach danach von Fortschritten - Juncker machte allerdings deutlich, dass er keinerlei Grund für Zuversicht sieht. Die EU hat mehrfach klargestellt, dass sie zwar zu Gesprächen bereit ist, aber keinen Raum für Nachverhandlungen sieht. Trotzdem will May an diesem Sonntag den Gipfel von EU und Arabischer Liga in Kairo nutzen, um sich mit Ratspräsident Donald Tusk zu treffen.

Quelle: n-tv.de


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