EU stellt sich auf harten Brexit ein

  02 April 2019    Gelesen: 839
  EU stellt sich auf harten Brexit ein

Das Unterhaus kennt offenbar nur noch "No": Schon wieder lehnten die britischen Abgeordneten einen Brexit-Plan ab. Ein ungeordneter Ausstieg aus der EU wird immer wahrscheinlicher. So geht es weiter.

"Alles zurück auf Anfang": So frustriert reagierte die britische Presse auf die jüngste Abstimmung im Unterhaus: Denn schon zum zweiten Mal bekam ein Alternativ-Vorschlag zum Brexit-Deal von Premierministerin Theresa May keine Mehrheit.

Die EU äußerte sich deshalb ähnlich skeptisch. Die Wahrscheinlichkeit eines harten Brexits am 12. April sei gestiegen, sagte ihr Verhandlungsführer Michel Barnier. "In den vergangenen Tagen ist ein No-Deal-Szenario wahrscheinlicher geworden", sagte Barnier. "Aber wir können immer noch hoffen, es zu vermeiden", versuchte er sich in Zuspruch.

"Ein harter Brexit wird nun fast unausweichlich", schrieb der Brexit-Beauftragte des Europaparlaments, Guy Verhofstadt, auf Twitter. Am Mittwoch habe Großbritannien die letzte Chance, die Blockade zu durchbrechen. Andernfalls drohe "der Abgrund", schrieb er.

Für einen geregelten EU-Ausstieg müsse das britische Parlament aber den bereits ausgehandelten Austrittsvertrag verabschieden, sagte Barnier. "Wenn Großbritannien die EU immer noch auf geordnete Art und Weise verlassen will, ist und bleibt diese Vereinbarung die einzige", sagte Barnier. "Der einzige Weg, einen No-Deal zu vermeiden, wird ein positives Votum sein."

Geschehe dies noch vor dem EU-Sondergipfel am 10. April, könne er sich eine weitere kurze Verschiebung vorstellen - auch wenn dies in der Hand der Staats- und Regierungschefs liege. Stimme das Unterhaus jedoch in den nächsten Tagen nicht mehr zu, blieben nur zwei Optionen: ein EU-Austritt ohne Vertrag, den das Unterhaus erklärtermaßen nicht wolle, oder eine lange Verschiebung des Brexits. Da dieser für die EU große politische Risiken berge, müsste Großbritannien dafür aber eine sehr gute Begründung liefern.

Mays Kabinett sucht an diesem Dienstag in einer Marathonsitzung nach einem Ausweg. Fünf Stunden werden die Minister - in unterschiedlicher Besetzung - möglicherweise beraten. Normalerweise dauert eine rund Sitzung 90 Minuten.

Medienberichten zufolge machen einige Minister Stimmung für einen No-Deal-Brexit. Andere fordern, eine engere Anbindung an die EU zur Regierungslinie zu machen. Der Vorschlag, in der europäischen Zollunion zu bleiben, kam am Montag bei der Abstimmung einer Mehrheit noch am nächsten, allerdings gegen den Widerstand eines großen Teils der konservativen Regierungspartei.

Brexit-Minister Stephen Barclay brachte noch am Abend eine vierte Abstimmungüber Mays Abkommen ins Spiel. Es sei möglich, noch in dieser Woche einen Deal zu erreichen. Gesundheitsminister Matt Hancock twitterte: "Können wir jetzt bitte alle für den Deal stimmen und den Brexit durchführen?"

Bereits am Mittwoch haben die Abgeordneten also womöglich Gelegenheit, erneut über Alternativvorschläge abzustimmen.

Der SPD-Europapolitiker Jens Geier sprach von einer "inzwischen lächerlichen Selbstblockade im britischen Parlament" und forderte: "Einer Verlängerung der EU-Mitgliedschaft über den 12. April hinaus kann die Europäische Union nur mit der gleichzeitigen Ansage eines zweiten Referendums stattgeben."

spiegel


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