Am Dienstag werde sie in einer mehrstündigen Sitzung mit ihren Ministern die Folgen der Abstimmungen im Unterhaus und die nächsten Schritte besprechen, sagte ein Regierungssprecher. Ausgeschlossen seien nach derzeitigem Stand Neuwahlen. “Die Regierung geht weiterhin davon aus, dass ein vertraglich geregelter Brexit die beste Lösung für das Land ist.” EU-Verhandlungsführer Michel Barnier warnte, ein harter Brexit sei in den vergangenen Tagen immer wahrscheinlicher geworden. Die Uhr tickt: Das Vereinigte Königreich muss die EU nach derzeitigem Stand am 12. April verlassen. Bundeskanzlerin Angela Merkel warnte, bei einem No-Deal-Brexit drohe eine Zeit der Unsicherheit in den Beziehungen der EU mit Großbritannien.
Das Parlament in Westminster hatte Montagnacht in einer Testabstimmungen verschiedene Brexit-Szenarien abgelehnt. Weder die weitere Mitgliedschaft im EU-Binnenmarkt, der Vorschlag eines zweiten Brexit-Referendums noch der Verbleib in einer Zollunion mit der EU nach dem Brexit fanden genügend Zustimmung. Bei letzterem fehlten aber nur drei Stimmen.
Die Voten wurden angesetzt, nachdem Mays mit der EU ausgehandelter Plan für den Abschied drei Mal vor den Abgeordneten scheiterte. Deshalb war der ursprünglich geplante Termin für den EU-Ausstieg Großbritanniens am 29. März nicht mehr zu halten. Das neue Datum ist in zehn Tagen. Würde das Unterhaus zustimmen, könnte die Frist auf den 22. Mai verlängert werden. Daran zweifeln in der EU und den Hauptstädten aber viele. Die EU setzte stattdessen einen Sondergipfel für den 10. April an. Bis dahin will May laut einem Sprecher aufzeigen, wie Großbritannien im Brexit-Prozess weiter vorgehen möchte.
Barnier sagte, er habe “noch etwas Geduld”. Es sei nun aber an Großbritannien, Lösungswege aufzuzeigen. Zugleich machte er deutlich, dass der mit dem Vereinigten Königreich ausgehandelte Austrittsvertrag der einzige Weg sei, mit dem die Briten die EU geregelt verlassen könnten. Ansonsten drohe ein harter Brexit oder eine lange Verschiebung des Austrittsdatums.
KOMMISSION UND ZENTRALBANKEN VORSICHTIG
Die EU-Kommission warnte vor den Folgen eines ungeordneten Brexits für die Finanzmärkte. “Wir werden nicht in der Lage sein, alle möglichen negativen wirtschaftlichen Auswirkungen abzumildern”, sagte Finanzdienstleistungskommissar Valdis Dombrovskis. Es werde zu Störungen kommen. Zugleich kündigte die britische Notenbank zusätzliche Liquiditätsspritzen für Banken an, um Brexit-Verwerfungen an den Finanzmärkten zu verhindern.
Frankreichs Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau sagte, die Börsen hätten die gestiegene Gefahr eines harten Brexit noch nicht ausreichend berücksichtigt. Die Märkte müssten dieses Risiko aber in die Kurse aufnehmen, auch beim britischen Pfund. Die EZB stehe notfalls bereit, britischen Banken Euro zu leihen. Auch die britische Notenbank will mit zusätzlichen Liquiditätsspritzen für Banken Verwerfungen verhindern.
Gleichzeitig bereiten sich auch Großkonzerne auf den Ernstfall vor. Ford steckt nach eigenen Angaben bereits zweistellige Millionen-Summen in Vorkehrungen für einen Brexit ohne Abkommen. Im besten Fall werde man das Geld am Ende umsonst für solche Zwecke ausgegeben haben. Der US-Konzern hat gewarnt, auf ihn könnten bei einem harten Brexit Zollkosten in Höhe von einer Milliarde Dollar zukommen.
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