Regierungssprecher Seibert erklärte in Berlin, der Schlüssel für bezahlbaren Wohnraum sei, eine ausreichende Zahl von Wohnungen zu Verfügung zu haben. Dafür sehe der Koalitionsvertrag zahlreiche Maßnahmen vor.
Der hessische Baumminister Al-Wazir sagte im Deutschlandfunk, das eigentliche Problem seien die vielen brachliegenden Flächen in Ballungsräumen. Die Politik müsse Konzepte entwickeln, wie man die Besitzer mobilisiere, ihren Grund und Boden für den öffentlichen Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen. Grünen-Chef Habeck hatte die Enteignung von Grundstücken als letztes Mittel befürwortet.
„Sozialistische Ideen“
Bundeswirtschaftsminister Altmaier sagte auf einer Veranstaltung in München, die Debatte sei überflüssig wie ein Kropf. Wer von Enteignungen spreche, beschädige die Konjunktur und die Interessen von Millionen Mieterinnen und Mietern, da die Diskussion private Bauherren entmutige, meinte der CDU-Politiker.
CSU-Chef Söder sagte dem „Münchner Merkur“, Enteignungen seien sozialistische Ideen und hätten mit bürgerlicher Politik nichts zu tun. Wer das Eigentum nicht mehr respektiere, ändere die Gesellschaft von Grund auf. Der bayerische Bauminister Reichhart sprach von einer „schwachsinnigen Debatte von vorgestern“. FDP und AfD sprachen sich ebenfalls gegen Enteignungen aus.
„Letztes Notwehrrecht des Staates“
Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Stegner verteidigte Enteignungen als ein letztes Notwehrrecht des Staates. Linken-Chefin Kipping warf SPD-Chefin Nahles unterdessen Zögerlichkeit vor. Kipping sagte der Zeitung „Die Welt“, sie wünsche sich mehr Mut von Nahles. Diese hatte sich gegen Enteignungen ausgesprochen und einen Mietenstopp gefordert.
Grundstücke oder Wohnungen?
Die Debatte entzündete sich einerseits an einem Volksbegehren in Berlin, das die Enteignung von Wohnungen des Konzerns „Deutsche Wohnen“ fordert, und andererseits an den Äußerungen Habecks. Er bezog sich allerdings nicht auf eine mögliche Enteignung von Wohnungen, sondern von unbebauten Grundstücken.
Der „Welt am Sonntag“ sagte er, wenn etwa Eigentümer brachliegender Grundstücke weder bauen noch an die Stadt verkaufen wollten, müsse notfalls die Enteignung folgen. Zur Forderung des Berliner Volksbegehrens sagte Habeck, zwar sei das Ziel der Initiative richtig. Ob die Enteignung allerdings das „probate Mittel“ für die Berliner Situation sei, werde man dort genau prüfen müssen. Er befürworte regional angepasste Mietobergrenzen, betonte der Grünen-Chef.
In vielen deutschen Städten hatten am Samstag zehntausende Menschen gegen hohe Mieten und Wohnungsmangel protestiert. In Berlin begann eine Unterschriftensammlung für ein Volksbegehren zur Enteignung großer Wohnungskonzerne.
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