Ein Berliner Landeskriminalamts-Beamter soll Kontakt zu einem mehrfach vorbestraften Neonazi unterhalten haben. Dieser Neonazi soll an Brandanschlägen in Berlin-Neukölln beteiligt gewesen sein. Ziel der Anschläge waren seinerzeit etwa Linken-Politiker Ferat Kocak, der von den Sicherheitsbehörden trotz besseren Wissens nicht gewarnt worden sei, sowie ein Buchhändler.
Bei einem Einsatz in Berlin im März 2018 hätten Beamten der Sicherheitsbehörde den observierten Rechtsextremisten bei einem Treffen mit einem Beamten des Berliner LKA beobachtet. Der Kollege sei ebenfalls in einer Abteilung für polizeiliche Observationen tätig. Nach einem scheinbar privaten Treffen in einer Kneipe seien der Neo-Nazi und der Berliner Polizist in dessen Wagen weggefahren.
Diesen Vorfall hätten die beiden Beamten der Sicherheitsbehörde ihrem Vorgesetzten gemeldet, der sich danach an die Berliner Polizei wendete. Zwar wäre gegen den in Rede stehenden Polizisten zunächst polizeiintern ermittelt, auch hätte die Berliner Staatsanwaltschaft den Fall geprüft. Doch die Ermittlungen gegen den Beamten wurden eingestellt.
Nach Recherchen des TV-Magazins Kontraste und von rbb24 wurde Politiker Kocak über ein Jahr lang von dem beobachteten Rechtsextremisten ausgespäht und verfolgt. Er galt zum Zeitpunkt der brisanten Observation als einer der Hauptverdächtigen der Anschläge auf Kocak und das Auto eines Buchhändlers aus Berlin-Rudow.
Ermittler verdächtigten ihn ohnehin seit 2016 in eine Serie von Brandanschlägen auf Fahrzeuge von Politikern der SPD, der Linken, Gewerkschaftern und weiteren Menschen, die sich gegen Rechtsextremismus engagierten, verwickelt zu sein. Er sei daher monatelang vom Verfassungsschutz und auch vom Landeskriminalamt observiert und abgehört worden. Jedoch ohne Erfolg.
Auf mehrmalige Presseanfragen hätten sich zunächst weder Staatsanwaltschaft noch Polizei äußern wollen. Doch schließlich hätte die Berliner Generalstaatsanwaltschaft schriftlich mitgeteilt, das Verfahren gegen den Polizisten sei eingestellt worden. Es stehe „im Zusammenhang mit einem weiteren Ermittlungsverfahren, bei dem eine Auskunftserteilung einer Ermittlungsgefährdung entgegensteht", so der Bericht des RBB. Was das genau bedeutete sowie aus welchen konkreten Gründen Ermittlungen geführt würden, hätte die Staatsanwaltschaft auch auf Nachfrage nicht erläutern wollen, heißt es weiter. Erst auf mehrmalige Nachfrage habe die Berliner Polizei mitgeteilt, dass gegen den Beamten keine Disziplinarmaßnahmen erforderlich gewesen seien.
Der Beamte habe hier offenkundig eine Nähe zu Neonazis zugelassen, die dienstrechtlich nicht tolerierbar sei, so der von Rechercheteam befragte Polizeidirektor a.D. und langjährige Polizeiausbilder Michael Knape. Der Polizist hätte mit seinem Vorgehen gegen verhaltens- und dienstrechtliche Vorschriften verstoßen: Ein offener Kontakt zu Rechtsextremisten dürfe nie alleine geführt werden. Auch aus Gründen der "Selbsthygiene" hätte der Beamte in eine andere Dienststelle versetzt werden müssen.
Für Martina Renner, stellvertretende Parteivorsitzende der Linken, handele es sich um einen Skandal: Denn sollte der LKA-Beamte irgendetwas von Brandanschlagsplänen in Neukölln gewusst haben, wäre dies eine indirekte Unterstützung mutmaßlicher Rechtsterroristen durch einen Polizisten mittels Strafvereitelung im Amt, so Renner. Sie würde erwarten, dass von oberster Stelle interne Ermittlungen erfolgten, um Licht ins Dunkel des skandalträchtigen Berliner Landeskriminalamtes zu bringen.
Auch bei der Vize-Präsidentin des Deutschen Bundestages, Petra Pau, würde das Misstrauen gegen die Arbeit der Berliner Sicherheitsbehörden in der Serie rechtsextremer Gewalttaten im Südosten der Hauptstadt wachsen: Wenn Berliner Sicherheitsbehörden überfordert seien, müsse die Generalbundesanwaltschaft die Ermittlungen an sich ziehen und prüfen, inwieweit es sich vorliegend um eine terroristischen Vereinigung oder der Schaffung einer solchen handele, fasst der Bericht zusammen.
sputniknews
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