Iran droht Saudi-Arabien – Über 4 000 Tote bei Massenpanik?
Wie viele Menschen kamen bei der Massenpanik in Mina am ersten Tag des islamischen Opferfestes ums Leben? Indien, Pakistan, Indonesien und allen voran der Iran zweifeln an den offiziellen saudischen Angaben.
Eine Woche nach der Massenpanik während der islamischen Wallfahrt in Mekka gibt es Verwirrung über die Zahl der Toten. Ranghohe Politiker aus Indien, Pakistan und Indonesien gaben die Zahl der Toten mit rund 1100 an, während Saudi-Arabien zuletzt von 769 Toten sprach und die höhere Zahl nicht kommentierte.
Indiens Außenministerin Sushma Swaraj twitterte: „Die saudischen Behörden haben Fotos von 1090 Pilgern herausgegeben, die in der Massenpanik während der Hadsch gestorben sind.“ Bis Dienstag schlugen mehrere Versuche, beim Ministerium in Neu Delhi eine Erklärung für den Unterschied zu den saudischen Zahlen zu erhalten, fehl.
Der pakistanische Beamte, der in Islamabad für alle Fragen rund um das Mekka-Unglück zuständig ist, sprach von 1100 Toten, wie die pakistanische Zeitung „Dawn“ berichtete. Fotos der Opfer seien an die pakistanische Vertretung in Dschidda übergeben worden. „Wir sammeln die Bilder der vermissten Personen und versuchen, sie mit denen der 1100 Verstorbenen abzugleichen beziehungsweise sie in den Krankenhäusern zu finden“, sagte Tariq Fazal Chaudhry demnach.
Ein Beamter des indonesischen Ministeriums für Religionsangelegenheiten sagte laut der Onlineseite der Zeitung „Tribun“, die saudi-arabischen Behörden hätten am Samstag 500 Fotos, am Sonntag 350 Fotos und am Montag etwa 300 Fotos weitergegeben. „Die Gesamtzahl ist also etwa 1100“, sagte Arsyad Hidayat demnach. Auch er erklärte die Diskrepanz nicht.
Iran fordert Überführung der Leichen
Eines der Länder, das auch stark von der Massenpanik betroffen war, ist der Iran. Ajatollah Ali Chamene’i drohte Saudi-Arabien mit Konsequenzen. Das Land gebe die „wahre Zahl“ der Toten nicht heraus. In Wirklichkeit seien über 4700 Menschen bei der Katastrophe am vergangenen Donnerstag ums Leben gekommen. Der Iran habe Saudi-Arabien darüber hinaus aufgefordert, die Überführung der Leichen in den Iran einzuleiten und dabei „keine Probleme“ zu bereiten. Zwischen beiden Ländern herrscht wegen des Bürgerkriegs in Jemen eine diplomatische Eiszeit.
Das Staatsoberhaupt schlug außerdem vor, eine unabhängige Kommission einzurichten, die den Unfallhergang und die genaue Opferzahl untersuchen soll. Ersten Ermittlungen zufolge starben bei dem Unglück 464 iranische Pilger, meldete die staatliche iranische Nachrichtenagentur IRNA am Donnerstag. Der Iran halte sich bislang mit Spekulationen zurück, habe aber starke Zweifel an der saudischen Erklärungsversion, sagte Chamene’i.
Die türkische Religionsbehörde Diyanet hatte angegeben, dass bei dem Unglück auch zwei türkische Bürger ums Leben kamen. Die nunmehrigen Diskussionen könnten dazu führen, dass auch diese Zahl noch einmal überprüft werden muss.
Derweil hat der Jüdische Weltkongress Saudi-Arabien sein Beileid zur Tragödie bekundet. „Wir sind mit Ihnen verbunden in der Trauer um die Seelen Hunderter Pilger, die nicht zu ihren Familien zurückkehren werden“, zitierte die israelische Zeitung „Jerusalem Post“ (Onlineausgabe) aus einem Schreiben, das der Präsident der Organisation, Ronald Lauder, am Donnerstag an den saudischen König Salman schickte.