Während sich die Befürworter des Handelskriegs gegen China vor allem um dessen Investitionen in die US-Staatsanleihen und um die „Schuldenknechtschaft“ Sorgen machten, in die die afrikanischen und asiatischen Partner der Volksrepublik im Rahmen des Projekts „Ein Gürtel – ein Weg“ geraten, sehen sie mittlerweile ein, dass China die Weltwirtschaft (der immerhin auch die amerikanische angehört) nicht nur im Finanzsektor beeinflusst. Es ist durchaus möglich, dass diese (erst beginnende) Evolution die Maßnahmen beeinflussen wird, die Washington ergreifen wird, um der chinesischen Wirtschaft und Pekings politischem Einfluss in anderen Ländern Steine in den Weg zu legen, unter anderem in der EU und auch in Russland.
Christopher O’Dea von der Business Executives for National Security and Naval War College Foundation erläuterte in einem Beitrag für die Zeitschrift „National Review“, worum es sich bei diesem Problem handelt:
„Chinas Herrschaft in der globalen Produktion stützt sich auf die Triade kommerzieller Möglichkeiten, die Nebenprodukte seiner Industrialisierung wurden. China hat Erfahrungen auf Gebieten wie Bau bzw. Betrieb von Häfen, Containerbeförderung und Logistik sowie digitale Netzwerke. Das alles gestatte es dem Land, ausländischen Unternehmen ein bequemes universales Shopping zu bieten: günstige Produktion, zuverlässige globale Verbreitung von an der Küste liegenden Produktionsstätten aus. Chinas Hafen- und Logistiknetzwerk ermöglicht auch Cyber-Aufsicht, macht seinen finanziellen Einfluss auf westliche Länder größer, so dass China rund um die Uhr im globalen Ozean präsent ist. Und das könnte den Zugang der US-Kriegsmarine zu der immer größeren Liste von kommerziellen Objekten und Häfen einschränken, die von China kontrolliert werden.“
Es könnte also sein, dass sich die „Huawei-Geschichte“ in einem gewissen Sinne wiederholen könnte, wobei diesmal alle chinesischen Infrastruktur-, Logistik- und Hafenunternehmen von US-Sanktionen betroffen wären. Die Trump-Administration könnte nämlich auf die Idee kommen, die europäischen, asiatischen und vor allem afrikanischen Partner Chinas vor die Wahl zu stellen: Entweder verdrängen sie alle chinesischen Unternehmen aus ihren Häfen, oder sie könnten mit amerikanischen „Strafen“ konfrontiert werden, welche jetzt den Ländern drohen, die weiterhin gemeinsame Geschäfte mit Huawei führen wollen.
Washingtons Erfolge auf diesem Gebiet sind zwar eher mäßig, denn selbst seine Partner im Rahmen der Nato (vor allem Deutschland) widerstehen seinem Druck und bestehen auf ihrem Recht auf Kooperation mit dem chinesischen Telekom-Riesen. Aber die Amerikaner haben diese Kampagne immerhin erst gestartet, und es wäre naiv, zu glauben, dass sie dabei keine Sanktionen verhängen werden. Die Bemühungen der USA um die Behinderung des Pipelineprojekts Nord Stream 2 zeigen ganz deutlich, wie sie in solchen Fällen vorgehen. Es ist also zu erwarten, dass bald Sanktionslisten von europäischen Telekom-Unternehmen und Banken auftauchen, die mit Huawei kooperieren, und bald kämen auch Sanktionen gegen logistische und Industrieunternehmen infrage, die Partner von chinesischen Hafenbetreibern sind.
Man könnte glauben, dass diese Geschichte mit Russland nur indirekt verbunden wäre, aber in Wahrheit wird der von den Amerikanern ausgelöste Handelskrieg gegen das Reich der Mitte früher oder später auch die „arktische Dimension“ bekommen, die Moskaus Interessen unmittelbar treffen würde. Denn früher hatte man in Washington geglaubt, seine Seestreitkräfte könnten den chinesischen Außenhandel jederzeit blockieren, indem der Suezkanal, der Panamakanal und die Straße von Malakka für chinesische Waren gesperrt würden.
Da aber Russland die Nordostpassage voranbringt, verliert Washington diesen „Trumpf“ im Streit mit Peking, und das lässt es sich nicht gefallen. Es wird inzwischen eine intensive Diskussion geführt, wie Moskau noch unter Druck zu setzen wäre. Viele Medien schreiben unverhohlen, dass die Nordostpassage ein wichtiges Element der chinesischen Wirtschaftssicherheit und Expansion sei. Erwähnenswert ist in diesem Kontext der Kommentar des britischen Reporters Humphrey Hawksley für die japanische Wirtschaftsnachrichtenagentur Nikkei: „Eine der wichtigsten praktischen Errungenschaften des Russland-Besuchs des chinesischen Präsidenten Xi Jinping in diesem Monat wurde die Gründung eines Joint Ventures, das Eisbrecher-Tankschiffe bauen soll.“ Zu den potenziellen Teilnehmern dieses Projekts zählte der Autor solche Unternehmen wie Cosco (China), Sovcomflot (Russland), Novatek (Russland) und den Pekinger Seidenstraßen-Fonds.
Für den Verkehrsweg im Hohen Norden zeigen viele Großmächte Interesse, und die USA betrachten die Arktis ganz offen als eine Arena für globale Konkurrenz. Die Verstärkung der russisch-chinesischen Arktis-Allianz würde Moskaus intensivere Kontrolle über den größten Teil der Küstenlinie und auch die weitere wirtschaftliche Stärkung Pekings bedeuten.
Falls es die USA bei der Behinderung der Aktivitäten Chinas auf dem Gebiet Logistik wirklich ernst meinen, könnten davon nicht nur Länder wie Griechenland, Italien oder Sri Lanka (Teilnehmer des Seidenstraßen-Projekts), sondern auch Russland getroffen werden. Bei einem solchen Szenario würde man von Moskau verlangen, nicht nur die Krim der Ukraine und Abchasien samt Südossetien Georgien „zurückzugeben“ sowie das Nord-Stream-2-Projekt aufzugeben, sondern auch die Nordostpassage für China zu sperren und diese sogar einer „internationalen Verwaltung“ zu überlassen.
Im Hohen Norden darf Russland aber keine Zugeständnisse akzeptieren – die Sanktionsdrohungen kann es ruhig ignorieren, denn die Ölförderung und der Handel in der Arktis werden ihm viel mehr Geld bringen als es im Falle jeglicher US-Sanktionen verliert.
sputniknews
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